Klimaziele der EU erfordern Investitionen im Umfang von jährlich 180 Milliarden Euro

Es wäre keine Überraschung, wenn nun in den USA – wie schon in Europa beobachtbar – Kapitalflüsse von institutionellen Investoren in Anlagen zunehmen, die auf ESG-Aspekte achten.

Seit 15 Jahren stellt der «Globale Risiken Report» des World Economic Forum (WEF) jährlich eine Liste der bedeutendsten Gefahren für die Weltwirtschaft auf. In seinem Bericht 2020 waren dies Risiken im Zusammenhang mit Umweltbelastungen: Wetterextreme, Klimaschutzversagen, Gefahr des Verlustes der Artenvielfalt der Lebewesen und menschengemachte Umweltkatastrophen. Der Kampf gegen den Klimawandel und für mehr Nachhaltigkeit wird zum beherrschenden langfristigen Thema der Medien und zu einer zunehmenden politischen Tendenz. Auch bei Geldanlagen nimmt dieser Trend zu. Das Interesse an Anlagen, die neben finanziellen Faktoren auch Umweltaspekte, soziale Komponenten sowie die Qualität der Unternehmensführung (ESG) berücksichtigen, ist in den vergangenen Jahren insbesondere in Europa klar gestiegen. So startete beispielsweise die Deutsche Börse im letzten Frühjahr den Index DAX 50 ESG, welcher bei der Titelwahl neben Marktkapitalisierung und Börsenumsatz besonders auch die ESG-Kriterien Umwelt, Soziales und Unternehmensführung berücksichtigt.

Es ist wichtig, Firmen zu identifizieren, die erfolgreich mit den Herausforderungen der langfristigen strukturellen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft umgehen bzw. welche diesbezüglich wirkungsvoll, also mit einem Impact, agieren.

Gérard Piasko, Chief Investment Officer Maerki Baumann

Auch in den USA wird zunehmend ein Wandel in der Politik Richtung Klimaschutz, soziale Anliegen und erneuerbare Energien sichtbar. In Europa hat sich die Europäische Kommission jüngst ihren «Green Deal» für einen nachhaltigen ökonomischen Wandel vorgestellt, und die deutsche Bundesregierung hat sich auf ein Klimapaket verständigt. Zudem haben sich Ende 2019 die Mitgliedstaaten der Europäischen Union (EU) auf einen gemeinsamen Kriterienkatalog für nachhaltige Geldanlagen geeinigt, wobei die Details dazu, die sogenannte Taxonomie, noch diskutiert wird. Die gesellschaftlich-politische Tendenz wie auch die ökonomischen Tendenzen gehen generell in zwei Richtungen, die immer wichtiger werden:

Erstens dominieren strukturverändernde langfristige Trends das Marktumfeld für globale Unternehmen, die auf Megatrends wie z.B. Digitalisierung, Ressourcenverknappung, Gesundheit und Alter, Urbanisierung oder Neue Mobilität unterschiedlich reagieren können. Wichtig wird es daher, Firmen zu identifizieren, welche erfolgreich mit den Herausforderungen der langfristigen strukturellen Veränderungen in Wirtschaft und Gesellschaft umgehen bzw. welche diesbezüglich wirkungsvoll, also mit einem Impact, agieren.

Qualität in der Firmenselektion definiert sich nicht nur durch gute Finanzkennzahlen wie Bewertung, Kapitalrendite, Profitabilität oder Bilanzqualität, sondern zunehmend in einer erweiterten Dimension nach der gesamtheitlichen Wirkung, zeigt sich Gérard Piasko überzeugt.

Zweitens geht der gesellschaftlich-politische Trend in Richtung Nachhaltigkeit: Global – und vor allem in der EU – werden die sogenannten nachhaltigen Anliegen und auch Anlagen politisch gefördert und gefordert. In Europa sollen verschiedene Massnahmen dazu beitragen, das Klimaziel der EU erreichen zu können: Bis 2030 sollen Kohledioxyd-Emissionen im Vergleich zu 1990 um über 40% reduziert werden – und bis 2050 um einiges mehr. Nach den Schätzungen der EU-Kommission müssten dafür jährlich rund EUR 180 Milliarden klimafreundlich investiert werden. Darum sollen die Unternehmen der Privatwirtschaft zu entsprechenden nachhaltigen Investitionen ermutigt werden, um so die öffentliche Hand (die EU-Behörden) bei ihren Klimaschutz-Bemühungen zu unterstützen. Auch die Vereinten Nationen (UNO) haben Kriterien für Nachhaltigkeit entwickelt, an denen sich Anleger vermehrt orientieren können; beispielsweise inwiefern Unternehmen zum Erreichen der «Sustainable Development Goals» (SDGs) beitragen. Die SDGs sind Nachhaltigkeitsziele, die gemäss der UNO zur Bewältigung der globalen ökologischen, sozialen und ökonomischen Herausforderungen helfen. Beispiele: nachhaltiges Wirtschaftswachstum, menschenwürdige Arbeit oder Klimaschutz.

Bei Anlagen ist es daher sinnvoll, Unternehmen zu evaluieren, welche sowohl betreffend Megatrends als auch Nachhaltigkeit eine globale Wirkung erzielen. Denn Qualität in der Firmenselektion definiert sich nicht nur durch gute Finanzkennzahlen wie Bewertung, Kapitalrendite, Profitabilität oder Bilanzqualität, sondern zunehmend in einer erweiterten Dimension auch nach der gesamtheitlichen Wirkung, welche die Firmen hervorrufen.