Digitale Disruptoren: die nächste Generation defensiver Aktien kündigt sich an
Während viele Branchen, die traditionell defensive Eigenschaften aufwiesen, vor erheblichen Herausforderungen stehen, bildet sich ein neuer Typus von defensiven Aktien heraus: Disruptive Unternehmen überzeugen zunehmend durch Stabilität. Nur, in welchen Sektoren findet sich diese nächste Generation defensiver Aktien?
Wir stehen an einem besonderen Punkt in der Geschichte, der als vierte industrielle Revolution oder digitale Disruption bezeichnet werden könnte. Unternehmen rücken in den Fokus, die das Internet und neue Technologien nutzen, um ihre Industrien umzukrempeln. Es mag auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinen, aber viele dieser Unternehmen bieten nicht nur erstaunliche Wachstumspotenziale, sondern zeigen auch starke defensive Eigenschaften – wir bezeichnen sie daher als «New Defensives», die neuen Defensiven. Anfang dieses Jahres wurden diese Eigenschaften bereits deutlich, als entsprechende Titel sowohl während des ersten Crashs zu Anfang des Jahres, als auch in einer zweiten Phase, bei der spektakulären Erholung durch starke Renditen, überzeugten.
Wir unterteilen die «New Defensives» in zwei Gruppen – jene, die auf neue Technologien setzen und jene, die mit neuen Geschäftsmodellen punkten. Die erste Gruppe bezieht sich auf digitale Disruptoren. Dabei handelt es sich um Unternehmen, die ihre Branchen durch die innovative Nutzung von digitalen Technologien revolutionieren. Das Resultat sind neue und sehr grosse adressierbare Absatzmärkte, auf denen die derzeitige Marktdurchdringungsrate noch immer im niedrigen Bereich von rund 20 Prozent liegt. Diese Unternehmen haben für die kommenden fünf bis zehn Jahre eine sehr starke Wachstumsperspektive – auch während eines Abschwungs, womit sie das Prädikat «defensiv» verdienen.
Versorger der nächsten Generation
Neben Unternehmen, die das exponentielle Wachstum der Internetnutzung durch Geräte, Halbleiter oder Datenzentren erst ermöglichen, wir nennen sie «Connectivity Enabler, zählen auch Unternehmen zu dieser Gruppe, die als Versorger der nächsten Generation bezeichnet werden können. Per Definition bietet ein Versorgungsunternehmen essenzielle Dienstleistungen an, nach denen die Nachfrage aufgrund unterschiedlicher wirtschaftlicher Gegebenheiten stabil ist.
Andy Budden, Investment Director, Capital GroupDie Gaming-Industrie glänzt gegenwärtig mit zahlreichen Innovationen. Die Qualität und das Potenzial von Spielplattformen wird dabei von den Anlegern immer noch unterschätzt.
In der Vergangenheit gehörten dazu Gas, Wasser und Elektrizität. Heute erleben wir, wie im Bereich der digitalen Unterhaltung eine neue Art von Versorgungsunternehmen entsteht. Für die Generation der Millennials ist das Internet ein fester Bestandteil des täglichen Lebens. Sie nutzen mobile Endgeräte viele Stunden am Tag, was zu einer ähnlich unelastischen Nachfrage wie bei traditionellen Versorgungsunternehmen führt. Digitale Unterhaltung bietet darüber hinaus im Vergleich zur traditionellen Offline-Unterhaltung ein überzeugendes Preis-Leistungs-Verhältnis, was ihre Kategorisierung als Versorgungsunternehmern rechtfertigt
Ein Beispiel für Versorgerwerte der Zukunft sind Videospiele, die mit den Jahren zu einer bedeutenden Industrie gewachsen sind – auch während des wirtschaftlichen Abschwungs durch COVID-19. Eine Herausforderung bei Investitionen in solche Gaming-Unternehmen besteht jedoch darin, diejenigen zu identifizieren, die kontinuierlich erfolgreiche Spiele entwickeln.
Abonnement-Modelle ermöglichen konstantere Umsätze
Bei der zweiten Gruppe mit neuen Geschäftsmodellen handelt es sich um etablierte Unternehmen, die zwar ein stetiges Wachstum aufweisen, zeitgleich aber mit zyklischen Entwicklungen und Volatilität zu kämpfen haben. Diese Unternehmen optimieren ihre Geschäftsmodelle, wodurch sie das Zyklische im eigenen Geschäft reduzieren. Sie entwickeln sich dadurch zu stabileren Investitionsmöglichkeiten – auch bei Abschwüngen. Ein Bereich, in dem wir dies beobachten, ist die Software-Entwicklung: Das Geschäft hat in den vergangenen rund fünf Jahren einen deutlichen Wandel erfahren. Anstatt dass Konsumenten für ein Produkt zahlen, das bis zu seiner Ablösung bestehen bleibt, haben Anbieter auf ein Abonnementmodell umgestellt. Dieses bietet sowohl für den Kunden als auch für das Softwareunternehmen Vorteile. Aus der Sicht des Kunden ist das Abonnement so strukturiert, dass die anfänglichen Kosten für die Einführung niedriger sind und eine bessere Kostentransparenz sowie ein besserer Zugang zu modernster Software gegeben sind. Für das Softwareunternehmen wird das Geschäft weniger zyklisch, die Umsätze werden transparenter und das Wachstum wird befördert, da Kunden über die Dauer der Nutzung kumuliert mehr zahlen.
Marktabschwünge mit Research und Technologien überbrücken
Bereits seit einigen Jahren zeigen neue Technologien und das Internet in bestimmten Branchen ein sehr starkes Wachstum. Die Fortdauer dieses Wachstums hat das Potenzial, Marktabschwünge zu überbrücken. Aktien solcher Branchen können daher defensive Eigenschaften aufweisen, die man für gewöhnlich nicht bei Wachstumstiteln vermutet. Um attraktive Titel zu ermitteln, müssen sich Anleger der Ziele ihrer Portfolios bewusst sein und durch gründliches, fundamentales Research Unternehmen identifizieren, die Erträge erwirtschaften und zu den eigenen Zielen passen. Selektive Einzelwertinvestitionen sind in diesem Marktumfeld daher Sektor-Investments vorzuziehen.