US-Wahlen: Gewinnt Trump, könnten Aktien und Währungen der Schwellenländer unter Druck kommen

Eine der wichtigsten politischen Entscheidungen naht: die US-Präsidentschafts- und Kongresswahlen. Der demokratische Kandidat Joe Biden geht mit einer fast sozialdemokratisch-grün orientierten Agenda in den Wahlkampf, während Donald Trump mit konservativen Ideen, wie weniger Regulierung und Steuersenkungen, die Wiederwahl anstrebt.

Die Geschichte zeigt, dass Wahlversprechen nach einer Wahl oft nicht umgesetzt werden; dennoch sind die unterschiedlichen Pläne der Kandidaten relevant. Bei Unklarheit über den effektiven Wahlsieger könnten US-Aktien für Wochen volatil bleiben und die Wirtschaftsaktivität wegen der Unsicherheit belasten. Die Corona-Krise hat überdies die Notwendigkeit einer ruhigen, sachlichen und fähigen Führung in den USA klar vor Augen geführt. Gerade viele ältere Wähler, die vor vier Jahren Donald Trump die Stimme gaben, sind von der Virus-Krise besonders betroffen und hoffen auf einen Ausbau des Gesundheitssystems bzw. der Krankenversicherung, was historisch ein wichtiges Anliegen der demokratischen Partei ist. Da der Senat (die Vertretung der Bundesstaaten analog dem Ständerat in der Schweiz) noch wichtiger bei der US-Gesetzgebung ist als das Repräsentantenhaus und weil 35 der 100 Senatssitze zur Wiederwahl stehen (davon 23 bisher von Republikanern besetzt und zwölf von Demokraten), ist es von erheblicher Bedeutung zu sehen, wer im Senat die Mehrheit bekommt.

Umfragen sind keine verlässlichen Indikatoren
Die Demokraten haben die sozialen Unruhen vom Juni 2020 benutzt, um weniger soziale Ungleichheit neben dem Klimaschutz in ihre politische Agenda aufzunehmen. Was Donald Trump – wie anderen Amtsinhabern vor ihm – besonders schaden könnte, ist der Anstieg der Arbeitslosigkeit. Den Demokraten wird gemäss verschiedenen Umfragen derzeit eine Wahrscheinlichkeit von rund 65-60 % gegeben, den Präsidenten und die Senatsmehrheit zu stellen. Allerdings sind, wie z. B. bei der Brexit-Abstimmung 2016 sichtbar, Umfragen nicht immer zuverlässige Indikatoren! Das Wahlprogramm der Republikaner unter Donald Trump steht für «America first»: eine harte Haltung gegenüber China, für weniger Einwanderung, tiefere Steuern für höhere Einkommensklassen und vor allem geringe Steuerlast für Unternehmen.

Viele der demokratischen Anliegen haben das Potenzial, über mehr Regierungsausgaben das Wachstum in den Bereichen Infrastruktur, Klimaschutz und erneuerbare Energien zu beschleunigen.

Gérard Piasko, Chief Investment Officer Maerki Baumann

Die Unternehmensgewinne in den USA haben sich viel besser als die der anderen Regionen entwickelt, weil Donald Trump die Unternehmenssteuern um rund 15% senkte. Allerdings hat sein forsches Vorgehen im Handelskonflikt mit China auch zu mehr Volatilität wegen steigender politischer Risiken in den globalen Aktienmärkten geführt. Bei einem republikanischen Sieg könnte Donald Trump den bisherigen Kurs gegen China fortführen oder verschärfen, was Aktien oder Währungen der Schwellenländer belasten könnte.

Demokraten für mehr soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz
Die Demokraten ziehen mit geplanten Reduktionen der US-Kohledioxid-Emissionen, geplanten Regierungsgeldern für erneuerbare Energien, zusätzlichen Steuern für höhere Vermögensklassen und US-Unternehmen für mehr soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz in den Wahlkampf. Traditionell sind die Küstenregionen mit den städtischen Bevölkerungen von Kalifornien, Boston und New York demokratisch orientiert, die ländlicheren Staaten eher republikanisch. Die sogenannten «Swing-Staaten» Florida, Michigan, Ohio, Pennsylvania oder Wisconsin ihrerseits haben schon in früheren US-Wahlen den Ausschlag gegeben und sind kaum wirklich kalkulierbar.

Wäre von einem Anstieg der Volatilität in den Anleihen und im US-Dollar bei einem demokratischen Sieg nicht überrascht: Gérard Piasko

Das ungeschickte Verhalten von Donald Trump bei den Protesten vom letzten Juni und in der Corona-Krise hat dazu geführt, dass Joe Biden dort knapp als Favorit gilt. Generell würde uns ein Anstieg der Volatilität in den Anleihen und im US-Dollar bei einem demokratischen Sieg nicht überraschen. Besonders nicht, wenn die Demokraten auch die Mehrheit im Senat bekommen würden. Steigende Regierungsausgaben für erneuerbare Energien, soziale Gerechtigkeit oder das Gesundheitswesen könnten zu höheren Renditen bei Regierungsobligationen führen; allerdings dürften mehr Staatseinnahmen über höhere Steuern diese später wieder senken. Daher bleibt bei Obligationen die Qualitätsorientierung wichtig.

Mehr Regulierung und höhere Steuern für Banken und Ölkonzerne
Für die Aktienmärkte können die geplanten Steuererhöhungen und eventuell stärkere Regulierung der dominierenden US-Technologie-Konzerne oder des Finanzsektors im Falle eines Sieges der Demokraten zu einer Phase höherer Volatilität führen. Banken und Ölkonzerne könnten von höheren Steuern und steigender Regulierung mehr betroffen sein als andere US-Sektoren. Daher kann es sinnvoll sein, bei US-Aktien im Vergleich zu europäischen Aktien vorsichtiger zu agieren.

Eine ausbalancierte Machtverteilung in den USA hingegen wäre ein interessanter Wahlausgang: Wenn die eine Partei den Präsidenten stellt, während die andere Partei die Mehrheit im Senat erhält, würde es schwierig, radikale Ideen zu realisieren. Ungünstig für die Finanzmärkte wäre hingegen ein so knappes Resultat, das juristische Streitereien und eventuell soziale Unruhen auslösen würde.