Fed-Zinsentscheid: Das Prinzip Hoffnung sollte nicht zur Maxime werden

Die US-Notenbank Fed lässt die Zinsschraube unangetastet und sorgt damit für Konsternation an den Finanzmärkten. Das Prinzip Hoffnung ging einmal mehr nicht auf und sollte nicht erneut zur Maxime werden. Denn der US-Leitzins wird noch für einige Zeit auf dem aktuellen Niveau verharren.

Das inbrünstige Hoffen auf baldige Zinssenkungen Fed beflügelte in den letzten Monaten die Aktienbörsen. Die Finanzmarkt-Akteure setzten auf eine selbsterfüllende Prophezeiung, obschon sich die Fed-Offiziellen stets deutlich zurückhaltender gaben und mehr oder weniger unumwunden vor zu grosser Zinssenkungs-Euphorie warnten. Insofern war der gestrige Fed-Entscheid, den Leitzins bei 5,25 bis 5,5 Prozent zu belassen, ein Dämpfer mit Ansage. Insbesondere da die Finanzmärkte bereits mehrmals gestrauchelt waren, wenn sie auf ein Einknicken der Fed gewettet hatten.

Wer nicht hören will, muss fühlen
So auch dieses Mal: Die Aussicht, dass der weltweit wichtigste Leitzins noch für einige Zeit auf dem höchsten Niveau seit 23 Jahren verharren wird, setzte die Aktienindizes gehörig unter Druck. So schloss der Dow Jones Industrial mehr als ein Prozent im Minus, nachdem er eben noch das Allzeithoch von mehr 38'150 Punkten erreicht hatte. Der Nasdaq und der S&P 500 weiteteten ihre jüngsten, durch die Tech-Werte getriebene Verluste deutlich aus und gingen auf dem Tagestief aus dem Handel.

Die Finanzmarkt-Akteure setzten auf eine selbsterfüllende Prophezeiung, obschon sich die Fed-Offiziellen stets deutlich zurückhaltender gaben und mehr oder weniger unumwunden vor zu grosser Zinssenkungs-Euphorie warnten.

Santosh Brivio, Senior Economist, Migros Bank

Auf der anderen Seite vermochte der US-Dollar Terrain gut zu machen. Gegenüber dem Euro hat der Greenback bislang auf 0.926 zugelegt, und zum Franken ist er auf 0.864 gestiegen. Für diesen leichten Rückenwind ist aber nicht nur die Zinskonsternation verantwortlich. Verantwortlich sein dürfte vielmehr auch die Andeutung des US-Finanzministeriums, das Volumen bei der quartalsweisen Emission von längerfristigen Schuldtiteln bis zum nächsten Jahr nicht mehr ausweiten zu wollen.

Erhöhte Stolpergefahr
Diese Aufwärtstendenz ist zwar sanft, sollte sich in den nächsten Tagen aber noch etwas fortsetzen. Anhalten dürfte vorerst auch der Druck auf die Aktienmärkte, der nach den negativen Vorgaben aus den USA auch die europäischen Indizes erfassen dürfte. Die Investoren müssen nicht nur die nicht erfolgte Zinssenkung von gestern verdauen, sondern sich wohl oder übel ebenfalls damit anfreunden, dass auch für die Fed-Sitzung vom März eine geldpolitische Lockerung keine ausgemachte Sache ist. Fed-Chef Jerome Powell sagt dazu, dass dies gegenwärtig «nicht das wahrscheinlichste Szenario» sei. Wir sehen uns vor diesem Hintergrund in unserer bisherigen Einschätzung bestärkt, dass die Zinssenkungserwartungen an den Finanzmärkten überzogen waren und noch immer zu ambitioniert ausfallen. Dementsprechend bleibt das Risiko erneuter Stolperer an den Aktienbörsen in den nächsten Monaten erhöht. Nach wie vor gehen wir erst für den Sommer von einer ersten Fed-Zinssenkung in der Höhe von 0,25 Prozentpunkten aus.

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