Kein Börsenabsturz
Was für ein Anlagehalbjahr: Übernahme der Credit Suisse durch die UBS, «AI-Phorie», US-Bankenpleiten, Zinserhöhungen und geopolitische Brennpunkte. Die erste Jahreshälfte 2023 hat einiges geboten. Unter dem Strich sehen die letzten 6 Monate aber sehr ansprechend aus: Eurozonen- und US-Aktien haben in CHF gerechnet über 13% zugelegt, der Schweizer Markt immerhin 8.2%. Und auch Obligationen liegen im Plus, in der Schweiz mit 3.6% gegenüber dem Jahresbeginn. Die Märkte haben damit bereits einen Teil der Verluste des tristen Vorjahrs aufholen können.
Ende 2022 haben wir in unserem Hauptszenario für 2023 mit einer Erholung der Finanzmärkte und einer «sanften Landung» der Konjunktur gerechnet. Bisher sind unsere Annahmen weitgehend eingetroffen. Die Bekämpfung der Inflation dauert jedoch länger als erwartet und verlangt stärkere Zinserhöhungen der Zentralbanken. Für das zweite Halbjahr sind die Aussichten verhalten bis gut. Den Aktienmärkten fehlt im Moment ein triftiger Grund für einen anhaltenden Aufschwung. Die Gewinnaussichten sind jedoch intakt und wir halten einen Kurssturz für unwahrscheinlich. Wir rechnen mit einer Seitwärtsbewegung oder einem leichten Anstieg. Die kommende Berichtssaison wird weitere Aufschlüsse bringen.
Thomas Rühl, Chief Investment Officer, Schwyzer KantonalbankDen Aktienmärkten fehlt im Moment ein triftiger Grund für einen anhaltenden Aufschwung.
Die Konjunkturrisiken haben sich seit Jahresbeginn verschoben: Die befürchteten Energieengpässe sind vom Tisch, die Lieferketten haben sich erholt. Auch die zwischenzeitlichen Ängste um die Stabilität des globalen Bankensystems sind weitgehend verschwunden. Mit einer schweren Rezession rechnen nur noch die ewigen Pessimisten. Wahrscheinlicher ist ein anhaltend geringes Wachstum der Wirtschaft verbunden mit einer langsam sinkenden Inflation.
 Im Juni lag die Schweizer Teuerungsrate mit 1.7% erstmals unter dem SNBStabilitätsziel von 2%. Im Herbst dürfte die Inflation wegen Mietzinserhöhungen und administrierten Preisen aber wieder steigen. Die Schweizer Wirtschaft hat das Ende der restriktiven Geldpolitik deshalb wohl noch nicht erreicht. Wir erwarten einen vorerst letzten Erhöhungsschritt der SNB im September. Und auch EZB und Fed deuten in ihrer Rhetorik weitere Schritte an.
Die «sanfte Landung» dauert länger, bleibt aber unser Hauptszenario. Wir sind überzeugt, dass 2023 auch im 2. Halbjahr ein gutes Anlagejahr bleibt, dass jedoch eine eher defensive Ausrichtung angezeigt ist.