Ist Uli Körner der Heilsbringer oder der Totengräber der Credit Suisse?

Jetzt wo klar ist, wer die krisengebeutelte Credit Suisse als CEO wieder in ruhige Fahrwasser – und viel wichtiger – auf einen vernünftigen Kosten- und Ertragspfad zurückbringen soll, drängt sich ein Blick auf den Leistungsausweis von Uli Körner auf.

Die Aufgabe von Uli Körner könnte grösser nicht sein. Von ihm wird nicht nur erwartet, dass er die Personaldecke, und damit den grössten Kostenblock der Credit Suisse, verschlankt. Auch auf der Ertragsseite muss sich der neue CEO beweisen. Aber der Reihe nach: Was Uli Körner niemand abspricht, ist die Entschlusskraft, Arbeitsplätze abzubauen und Personalkosten einzusparen. Die Bandbreite der Spekulationen geht dabei von einigen Hundert bis hin zu mehreren tausend Arbeitsplätzen, die möglicherweise entfallen könnten. Seine distanzierte Art, die ihm nachgesagt wird, lässt erahnen, dass ihm dieser notwendige Schritt wohl kaum schlaflosen Nächte bereiten dürfte, so unschön er für die Betroffenen ist. Das Drehen an der Kostenschraube ist allerdings nicht wirklich ein Indiz für herausragende Management-Skills. Damit alleine vermag Uli Körner noch nicht zu überzeugen. Die damit verbundene Neuausrichtung des derzeitigen Geschäftsmodells gestaltet sich da schon deutlich anspruchsvoller, erfordert sie doch unternehmerischen Weitblick und ein klares Zielbild. Auch hier überschlagen sich die branchenweiten Erwartungen. Von einer Abspaltung der profitablen Schweizer Einheit ist die Rede. Oder von der Abkehr des Investment Bankings nach dem Muster der UBS. Ganz verwegene Branchenbeobachter kolportieren gar einen Verkauf des internationalen Wealth Managements, der Königsdisziplin im Swiss Banking, und verorten in der Zürcher Privatbank Julius Bär einen möglichen Käufer. Das sind natürlich alles nur Spekulationen. Sie zeigen aber, dass von Uli Körner weit mehr als nur kosmetische Massnahmen erwartet werden. Ob ihm der grosse Wurf gelingt, wird sich weisen. Zumindest in der Vergangenheit blieb er jeweils hinter den Erwartungen und Ankündigungen zurück. So hat er beispielsweise in seiner Zeit als Chef des Asset Managements bei der UBS stolze Vorsteuergewinne in Aussicht gestellt, um die selbst gesteckten Ziele dann fulminant zu verfehlen. Umso grösser die Überraschung, als Uli Körner dann im Rahmen der hinlänglich bekannten Greensill-Pleite von seinem Vorgänger Thomas Gottstein bzw. dem Verwaltungsrat der Credit Suisse aus dem Hut gezaubert wurde. Sein unerwartetes Comeback im Asset Management der Bank weckte damals in Branchenkreisen den Anschein einer Notlösung. Was genau er in den wenigen Monaten seiner Verweildauer im Amt bewirkt hat, bleibt sein Geheimnis. Fairerweise ist anzufügen, dass sich die Ausgangslage für ihn denkbar ungünstig präsentierte. Für einen erfahrenen Turnaround Manager eigentlich ein Steilpass, den Uli Körner allerdings nicht wirklich zu verwandeln vermochte. Aus dem Inneren der Bank ist vielmehr zu hören, dass es ihm nicht gelungen ist, einen neuen Team Spirit zu etablieren und die Mannschaft für sich zu gewinnen. Wer es aber nicht versteht, seine Truppen hinter sich zu scharen, dürfe in der Schlacht scheitern.

Jetzt steht Uli Körner in seiner neuen CEO-Rolle vor einer ungleich schwierigeren Aufgabe. Nicht die Neuausrichtung eines Geschäftsfeldes, sondern die Transformation einer komplex aufgestellten Grossbank zurück in die Normalität gilt es zügig voranzutreiben. Kosten senken und Ertragswachstum sicherstellen, lautet die Devise. Fehlentwicklungen, die über Jahre gewachsen sind, müssen zeitnah korrigiert werden. Hierfür wird er unpopuläre und schmerzhafte Entscheide fällen müssen. Dass er das tun wird, steht ausser Frage. Dass er sich damit nicht nur Freunde machen wird, liegt auf der Hand. Diesen Luxus kann sich der neue CEO der Credit Suisse auch nicht leisten. Der Druck, der auf ihm lastet ist gross – auch weil er bis dato im operativen Bankgeschäft nur bedingt erfolgreich agierte. Dennoch, oder gerade deshalb wäre er gut beraten, etwas mehr Empathie zu zeigen. Wer ein Unternehmen nur über Zahlen führt blendet aus, dass der künftige Erfolg der Bank letztlich auf der Motivation der Belegschaft und ihrem Vertrauen in die Unternehmensleitung basiert. Der Grat zwischen Heilsbringer und Totengräber ist schmal. Eine Erkenntnis, die Uli Körner hoffentlich verinnerlicht hat.