Leeres Versprechen: BlackRock hält immer noch Anteile an 199 Kohlefirmen in Höhe von 85 Milliarden US-Dollar
Vor einem Jahr kündigte der US-Investor BlackRock an, Nachhaltigkeit zum Fokus seines Geschäftsmodells machen zu wollen. Eine aktuelle NGO-Studie zeigt nun jedoch, dass diese Versprechungen das Geschäft des grössten Vermögensverwalters seitdem kaum beeinflusst haben.
Die Analyse der französischen Organisation Reclaim Finance sowie der deutschen Organisation urgewald kommt zu dem Ergebnis, dass BlackRocks Richtlinie von Januar 2020 nur 17 Prozent der globalen Kohleindustrie ausschliesst. Ein Jahr nach der Ankündigung nicht mehr in Firmen mit «hohem Risiko in Sachen Nachhaltigkeit» zu investieren und Produzenten von Kraftwerkskohle Kapital zu entziehen, hält BlackRock weiterhin Anteile an Kohlefirmen im Wert von mindestens 85 Milliarden US-Dollar. Die Untersuchungen der NGOs zeigen, dass BlackRock sogar weiterhin in Firmen investiert ist, die den Bau neuer Kohlekraftwerke planen. BlackRocks Investments in Kohlefirmen mit Expansionsplänen, zum Beispiel in den japanischen Energielieferanten Sumitomo oder den koreanischen Kraftwerksbetreibers KEPCO, liegen bei insgesamt mehr als 24 Milliarden US-Dollar.
Lara Cuvelier, Sustainable Investment Campaignerin, Reclaim FinanceEin Jahr nach Larry Finks Ankündigung Nachhaltigkeit zum Fokus des Geschäftsmodells zu machen, droht das Versprechen des Investmentriesen nach kaum mehr als reinem Greenwashing auszusehen. Wenn Fink BlackRock wirklich zum Vorreiter statt zum Aussenseiter in Sachen Klimaverantwortung machen will, müssen grünen Worten grüne Taten folgen und die unfassbare Finanzkraft des Vermögensverwalters in eine nachhaltige Zukunft gelenkt werden.
Bei der Untersuchung wendeten die Autoren BlackRocks Divestment-Kriterien auf die 935 Kohlefirmen auf der Global Coal Exit List an. Die in dieser Liste aufgeführten Unternehmen umfassen 88 Prozent der weltweiten Kraftwerkskohleproduktion und 85 Prozent der Kohlekraftwerkskapazität.
Was sind die grössten Schlupflöcher der Kohlerichtlinie?
BlackRocks Richtlinie ignoriert den emissionsreichsten Teil der Kohleindustrie und erlaubt dem Vermögensverwalter Investments in über 300 Firmen auf der Global Coal Exit List. Kohlekraftwerksbetreiber, die nicht nur Kohle abbauen, sondern diese auch verbrennen, um daraus Strom zu generieren, landen nicht auf BlackRocks Ausschlussliste. Dies bedeutet, dass BlackRock weiterhin in Kohleriesen, wie zum Beispiel den indischen Kohlekraftwerks- und Kohlehafenbetreiber Adani und Europas gröste CO2-Produzenten PGE und RWE investiert bleiben kann. RWEs Pläne erst ab 2028 mit der Schliessung von Kohlekraftwerken zu beginnen, war für den französischen Investor Amundi so problematisch, dass dieser im Juni 2020 öffentlich seine Bedenken darüber aussprach, dass RWEs Geschäftsmodell nicht mit dem Pariser Klimaabkommen kompatibel sei. Kohle-Expansionisten, also Firmen, die der Klimakrise zum Trotz weiterhin den Bau neuer Kohlekraftwerke planen, werden von BlackRocks Richtlinie ebenfalls nicht ausgeschlossen
Katrin Ganswindt, Finanz-Campaignerin, urgewaldUm die Kohleindustrie effektiv auszuschliessen, sollten zuerst alle Firmen verbannt werden, die neue Kohleinfrastruktur planen. Ausserdem müssen mindestens Firmen mit einem Kohleanteil am Umsatz von 20 Prozent und einem Kohleanteil an der Stromproduktion von 20 Prozent ausgeschlossen werden.
BlackRocks Ausschlusskriterium nennt einen Schwellenwert von 25 Prozent Kohleanteil beim Umsatz. Hierbei fallen jedoch diversifizierte Firmen durchs Raster, die neben Kohle auch andere Rohstoffe abbauen und daraus Umsatz generieren. Bergbaufirmen, die wie Glencore und BHP Dutzende Millionen Tonnen von Kohle im Jahr abbauen, sind von BlackRocks Ausschlusskriterien nicht betroffen, da der Kohleanteil ihres Umsatzes insgesamt unter 25 Prozent liegt. Für den Öl- und Gasbereich hat BlackRock gar keine Ausschlusskriterien auf Firmenebene. Firmen, die wie ExxonMobil, Chevron, Shell oder Total weltweit die meisten neuen Bohrprojekte mit fatalen Folgen für die Umwelt, Menschen und Tiere vor Ort vorantreiben, befinden sich daher nach wie vor im Portfolio des US-Vermögensverwalters
Passive Investments machen Grossteil der klimaschädlichen Investments aus
Einer der größten Haken an BlackRocks Nachhaltigkeitsrichtlinie ist, dass sie sich nur auf aktive Investments bezieht, die nur etwa ein Drittel des Geschäfts des Vermögensverwalters ausmachen. Etwa 5,1 Billionen der insgesamt 7,8 Billionen US-Dollar mächtigen Anlagen, die BlackRock verwaltet, sind passiv verwaltete Investments. Im Kampf gegen klimaschädliche Investments ist das ein grosses Problem, da Vermögensverwalter durch automatisch generierte Fonds Aktien aller öffentlich gelisteten Firmen, darunter auch Kohle- und anderen fossilen Firmen, erwerben und ihre Anteile je nach Kurslage automatisch erhöhen. Zudem nehmen Mega-Vermögensverwalter wie BlackRock oder auch Vanguard bei passiv verwalteten Fonds selten ihre Rolle als Aktionäre mit Einfluss auf das Management der individuellen Firmen wahr. Dies macht die grossen Vermögensverwalter zum letzten Zufluchtsort für Kohleproduzenten und andere fossile Firmen.
Der vollständige Report findet sich hier.