Wird die SNB die Zinsen am 20 Juni 2024 erneut senken?
Während sich die meisten Zentralbanken der Welt auf die Bekämpfung der Inflation konzentrieren, steht die SNB vor der genau entgegengesetzten Herausforderung: den «zu niedrigen» Inflationsaussichten.
Die zuletzt ausgewiesene Jahresinflation lag bei 1,4% und damit über der jüngsten Inflationserwartung von 1%, was darauf hindeutet, dass die SNB die Zinssätze auf der bevorstehenden Zentralbanksitzung wahrscheinlich unverändert lassen wird. Aber: 43% der Teuerung lassen sich auf steigende Mietpreise zurückführen, und Vermieter dürfen die Mieten nur dann wesentlich erhöhen, wenn die Hypothekenpreise steigen. Da die Zinskurve jedoch deutlich niedriger ist als im letzten Jahr, wird die durch steigende Mietpreise verursachte Inflation in Zukunft aus den jährlichen Zahlen zum Verbraucherpreisindex (VPI) verschwinden. Wenn man nun die Mietinflation aus dem jüngsten VPI-Zahlen herausrechnet, sinkt die Inflation von 1,4% auf etwa 0,8%, was wiederrum eher auf eine Lockerung der Geldpolitik hindeutet.
Martina Honegger-Romahn, Portfolio Managerin, Allianz Global InvestorsAngesichts der insgesamt niedrigen Inflation (ohne Mieten), des Währungsdrucks, der schwachen Konjunktur und der restriktiven Geldpolitik wird die SNB die Zinsen am 20. Juni wahrscheinlich um 25 Basispunkte senken.
Was die Währung betrifft, so ist die Europäische Zentralbank (EZB) derzeit bestrebt, die Zinssätze zu senken, was die Zinsdifferenz zwischen der EZB und der SNB verringern wird. Dies wird einen Aufwärtsdruck auf den Schweizer Franken ausüben, was sich disinflationär auswirkt. Der Spielraum der SNB für Zinssenkungen ist jedoch begrenzt, da der Leitzins derzeit nur bei 1,5% liegt und die Zentralbank zögert, zu einem negativen Zinsumfeld zurückzukehren und/oder ihre Bilanz auszuweiten. Die effektivste Vorgehensweise der SNB wäre also, der Entwicklung einen Schritt voraus zu sein, indem sie die Zinssätze senkt und die monetären Bedingungen lockert, was wahrscheinlich zu einer Abwertung des Schweizer Frankens führen würde.
Jüngsten Wirtschaftsdaten zufolge befindet sich die Schweizer Wirtschaft in einer Schwächephase: Die Einkaufsmanagerindizes des verarbeitenden Gewerbes und des Dienstleistungssektors wiesen trübe Zahlen auf, und das Bruttoinlandsprodukt (BIP), das mit +0,6% zwar gut aussehen mag, liegt unter dem Trendwachstum von 1,5%. Die SNB hält die derzeitige Geldpolitik ebenfalls für restriktiv. Dies geht aus der jüngsten Rede von SNB-Präsident Thomas Jordan in Südkorea hervor, in der er betonte, dass R* (der reale neutrale Zinssatz, der die Wirtschaft langfristig ins Gleichgewicht bringt) bei Null läge. Eine Senkung der Zinssätze würde also die Wirtschaftstätigkeit unterstützen, wenngleich das Risiko einer Überhitzung der Schweizer Wirtschaft bedenklich wäre.
Angesichts der insgesamt niedrigen Inflation (ohne Mieten), des Währungsdrucks, der schwachen Konjunktur und der restriktiven Geldpolitik wird die SNB die Zinsen am 20. Juni wahrscheinlich um 25 Basispunkte senken.