It’s the economy, stupid

Was für amerikanische Wahlen gilt, gilt auch für die Finanzmärkte. Politische Aktionen und Ereignisse bewegen die Finanzmärkte nur vorübergehend. Am Ende entscheidet, ob sich die Wirtschaft gut entwickelt oder ob eine Rezession droht. Dabei muss man anerkennen, dass unsere aktuelle Zolldiskussion für die Schweizer Wirtschaft wichtig ist, aber die Finanzmärkte nicht bewegt. Das gleiche gilt für das grössere Deutschland.

Das deutsche Nullwachstum ist an den Aktienmärkten kein Thema. Wichtig ist für die globalen Aktienmärkte eigentlich nur die Konjunktur in den USA. Das ist auch richtig so, da eine gute oder eine schlechte US-Wirtschaft die Konjunktur der gesamten Weltwirtschaft massgeblich beeinflusst. Wie stark die verhängten Strafzölle die Inflation und die Konjunktur beeinflussen werden, ist erst in Ansätzen zu erkennen. Die Inflationsraten steigen, bisher aber in einem bescheidenen Ausmass. Die Produzentenpreise, die die frühere Phase im Produktionszyklus abbilden, sind zuletzt aber deutlich gestiegen. Die Inflationsrate wird höher sein, wenn die Zölle bei den Endprodukten und damit den Konsumenten ankommen. Einen wahren Inflationsschub wird es aber kaum geben.

Das deutsche Nullwachstum ist an den Aktienmärkten kein Thema. Wichtig ist für die globalen Aktienmärkte eigentlich nur die Konjunktur in den USA.

Thomas Stucki, Chief Investment Officer, St.Galler Kantonalbank

Die Dienstleistungen, welche einen grossen Teil der US-Wirtschaft ausmachen, sind durch die Zölle nur am Rande betroffen. Ins Zentrum des Interesses sind auch die Arbeitsmarktzahlen geraten, aus unterschiedlichen Gründen. Wie bei vielen US-Daten sind die Signale widersprüchlich und aufgrund der Politik der Regierung nicht einfach zu interpretieren. So liest man beispielsweise, dass die Arbeitslosenrate verzerrt sei, weil die Immigranten Angst vor eine Abschiebung haben und sich nicht als arbeitslos zu erkennen geben. Das mag sein, aber insgesamt zeigt sich ein Bild eines Arbeitsmarktes, der schwächer wird, aber den Haushalten immer noch zu einem soliden Einkommen verhilft.

Die Fed hat ihr Pulver noch nicht verschossen
Dass die US-Wirtschaft in eine Rezession fallen wird, ist trotz den Belastungen der US-Politik unwahrscheinlich. Der von der Atlanta Fed errechnete Indikator «GDPNow», der im März mit einem Taucher Schlagzeilen machte, hat sich bei einem Plus von 2.5% eingependelt. Gemäss den Erwartungen der Ökonomen ist die Wahrscheinlichkeit einer Rezession in den nächsten zwölf Monaten bei 35%. Wichtig wird dabei sein, dass der private Konsum nicht einbricht. Bisher ist das nicht der Fall, wobei nicht klar ist, wie stark vorgezogene Käufe aus Angst vor steigenden Preisen dazu beitragen. Positiv ist, dass die Fed der Wirtschaft mit tieferen Zinsen auch noch Impulse verleihen kann. Da Zinssenkungen erst mit einer Verzögerung wirken, ist eine Zinssenkung der Fed Mitte September angebracht.

US-Aktien auf einem historischen Höchst
Die US-Aktien erreichen laufend historische Höchststände. Die Befürchtungen um die Wirtschaft werden von den von Trump gestützten KI-Anstrengungen der Tech-Firmen verdrängt. Die europäischen Märkte und auch die Schweizer Aktien lassen sich davon in einem kleineren Rahmen mitziehen, den Zollbelastungen für die Firmen zum Trotz. Solange sich die US-Wirtschaft solide hält, wird sich an dieser Konstellation wenig ändern. Bei einem Rückschlag in Richtung Nullwachstum oder gar Rezession sieht es anders aus. Es gibt aber zu wenig Hinweise, dass dieses Szenario Realität wird, um sich aus den Aktien zu verabschieden. Die Alternative mit einem Nullzins in der Schweiz ist nicht attraktiv und das Risiko eines vergebenen Kurspotenzials zu gross.

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