Schweizer BIP bricht ein: Exportfalle schnappt zu

Die Schweizer Wirtschaft ist im dritten Quartal 2025 real um 0,5 Prozent geschrumpft und hat damit die bereits negative Flash-Schätzung bestätigt, ohne sie jedoch zu verschärfen. Der Rückgang ist stark vom pharmazeutischen Sektor und vom schwachen Aussenhandel geprägt. «Letzterer wird weiterhin für Gegenwind sorgen, woran auch ein negativer SNB-Leitzins nichts ändern würde», urteilt Santosh Brivio, Senior Economist der Migros Bank.

Das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) beziffert die Veränderung des um Sportevents bereinigten realen Bruttoinlandprodukts (BIP) im dritten Quartal auf -0,5 Prozent gegenüber dem Vorquartal, nach +0,2 Prozent im zweiten Quartal. Damit wurde die sogenannte Flash-Schätzung von Mitte November (ebenfalls -0,5 Prozent) im Wesentlichen bestätigt. «Es gab also keine böse Überraschung, aber auch keine Entwarnung», erklärt Santosh Brivio, Senior Economist der Migros Bank. «Der Befund eines klar schwächeren zweiten Halbjahrs passt zudem zur offiziellen Konjunkturprognose, die für 2025 nur noch ein deutlich unterdurchschnittliches Jahreswachstum erwartet.»

Pharma für einmal als Bremsklotz
Den Ausschlag gab das chemisch-pharmazeutische Gewerbe, das einen markanten Einbruch der Wertschöpfung verzeichnete und damit das gesamte Industrieergebnis ins Minus zog. Andere Industriezweige konnten diese Lücke nicht schliessen, so dass die Industrie insgesamt negativ zum BIP beitrug.

Da sich die Konsumnachfrage bemerkenswert widerstandsfähig zeigt, erachten wir die Einführung eines erneuten Negativzinses weiterhin für nicht angezeigt.

Santosh Brivio, Senior Economist, Migros Bank

Im Dienstleistungssektor fiel das Bild gemischter aus: Viele Bereiche legten zwar zu, jedoch nur verhalten, so dass sie die Industrieschwäche lediglich dämpften, nicht aber kompensierten. Insbesondere typisch binnenorientierte Dienste stützten die Konjunktur, blieben aber klar hinter den kräftigen Wachstumsphasen früherer Jahre zurück.

Der Privatkonsum bleibt eine zentrale Stütze
Die private Konsumnachfrage blieb grundsätzlich stabil bis leicht positiv und verhinderte so einen noch stärkeren Rückgang der Gesamtwirtschaft. «Angesichts verhaltener Reallohnzuwächse und hoher Unsicherheit zeigt sich der Konsum damit erstaunlich widerstandsfähig, liefert aber keinen starken Wachstumsimpuls», so Brivio. Der Aussenhandel wirkte dämpfend: Die Exportseite litt unter der Schwäche der Industrie und unter den höheren US-Zöllen. Gleichzeitig bremsen die unsichere Weltkonjunktur und die schwache Weltnachfrage aus Schweizer Sicht die Exportperspektiven, während der Binnenmarkt vergleichsweise stabil bleibt.

Verhaltener Ausblick
Für das vierte Quartal 2025 rechnet das SECO in seiner Herbstprognose mit einem weiterhin schwachen Verlauf, so dass für das Gesamtjahr nur noch rund 1,3 Prozent reales Wachstum übrigbleiben – klar unter dem langjährigen Durchschnitt von etwa 1,8 Prozent. «Diese Schätzung deckt sich weitgehend mit unserer eigenen Erwartung: Wir gehen davon aus, dass die Schweizer Wirtschaft im laufende Schlussquartal das negative Terrain bereits wieder verlassen wird und ein leicht positives Quartalswachstum erzielen kann», erklärt Brivio. «Die resiliente private Konsumnachfrage und das sich aufhellende Sentiment aufgrund der Zolleinigung mit den USA dürften wesentlich dazu beitragen. Gleichzeitig bleiben aber die Impulse aus dem Aussenhandel schwach. Auch mit tieferen US-Zöllen verhindert insbesondere die schwache Nachfrage aus dem europäischen Ausland eine Belebung der Exportwirtschaft.» In diesem Umfeld dürfte auch das Jahreswachstum für 2026 bescheiden ausfallen und deutlich unter Potenzial bleiben, schätzt Brivio. «Im Vergleich zum aktuellen Jahr zeichnet sich für die Schweizer Wirtschaft 2026 höchstenfalls ein leichter Dynamikzuwachs ab. Dieser kann auch nicht durch eine weiter gelockerte Geldpolitik befeuert werden», so Brivio. «Denn die Ursachen für den konjunkturellen Gegenwind liegen weiterhin ausserhalb des Einflussbereichs der Schweizerischen Nationalbank (SNB). Eine zusätzliche Senkung des Leitzinses – und damit eine Rückkehr in negative Gefilde – vermag weder die verhaltene Auslandsnachfrag zu stimulieren, noch kann sie entscheidend für währungsseitigen Export-Rückenwind durch eine deutliche Frankenabschwächung sorgen. Letzteres bedeutet aber auch, dass ein negativer Leitzins die Risiken eines Deflationsimports nicht dämpfen würde.»

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