Was Spitzhacken und Schaufeln mit erfolgreichen Anlagestrategien für europäische Small-Caps zu tun haben
In den 1840er Jahren strömten Hunderttausende nach Kalifornien, als in den dortigen Flussbetten und Hügeln Gold gefunden wurde. Der Traum vom schnellen Reichtum lockte zahllose Schürfer und Investoren. Die eigentlichen Gewinner des Goldrauschs waren jedoch nicht die Goldminenbesitzer oder die Grundbesitzer, die das Land verpachteten, sondern Einzelpersonen wie Samuel Brannan, der durch den Verkauf von Spitzhacken und Schaufeln an die Bergleute zum Millionär wurde, und Unternehmen wie Levi‘s (Levi Strauss reiste von Deutschland nach Kalifornien), die den Arbeitern robuste Kleidung anboten.
Sowohl Brannan als auch Strauss profitierten vom Wachstum der gesamten Branche, indem sie wichtige Produkte und Dienstleistungen bereitstellten. Auch heute blicken Anleger wieder gebannt nach Kalifornien – aber dieses Mal geht es um Silizium. Von den «Glorreichen 7» (Apple, Microsoft, Nvidia etc.) bis hin zur explosiven Zunahme der Datenerstellung-, -manipulation und -speicherung sehen wir viele Parallelen zum ursprünglichen Goldrausch. Generative KI und damit verbundene Dienste sorgen für eine rasante Zunahme der Datennutzung, und die Unternehmen, die die Werkzeuge zur Erstellung und Speicherung dieser Daten bereitstellen, könnten am meisten von den Wachstumschancen profitieren. Auch heute wieder gehören europäische Unternehmen zu den Anbietern der «Spitzhacken und Schaufeln» – diesmal für den Technologiesektor.
Mark Heslop, Investment Manager, Jupiter Asset ManagementAuch heute blicken Anleger wieder gebannt nach Kalifornien – aber dieses Mal geht es um Silizium.
Auch wenn grosse Player wie ASML oder ASM in der Regel im Rampenlicht stehen, finden sich im europäischen Small-Cap-Universum mehrere herausragende Unternehmen, die wichtige Werkzeuge und Infrastrukturen für die Lieferkette bereitstellen. Zum Beispiel zwei Schweizer Unternehmen. Eines davon ist VAT, der weltweit führende Hersteller von Vakuumventilen. Das Unternehmen kann sich auf eine wachsende Nachfrage freuen, da immer mehr Tools ein ultrareines Vakuum erfordern und die Ventile (Spitzhacken) des Unternehmens für die Herstellung der immer kleineren Mikrochips von entscheidender Bedeutung sind. Das zweite Schweizer Unternehmen, Comet, profitiert von der Revolution der künstlichen Intelligenz: Da KI-Tools komplexere Chip-Architekturen erfordern, dürften die Plasmatechnologien des Unternehmens künftig noch stärker in den Fertigungsprozess integriert werden. Abgesehen vom Goldrausch im kalifornischen Silicon Valley sehen wir jedoch noch in vielen weiteren Bereichen weltweit strukturelles Wachstum. Angesichts alternder Bevölkerungen und überschuldeter Staaten stehen zum Beispiel die Effizienz des Gesundheitswesens und Blockbuster-Medikamente, die zur Senkung der Gesundheitsausgaben beitragen können, im Fokus. Wenn es um das Wachstum von GLP-1-basierten Medikamenten zur Gewichtsreduktion geht, richten sich die Augen der Marktteilnehmer wie im Technologiesektor vor allem auf grosse Namen wie Lilly oder Novo Nordisk. Wer tiefer schürft und sich die Lieferkette der Branche genauer ansieht (wie wir es tun), findet jedoch auch hier einige sehr attraktive «Spitzhacken- und Schaufelhersteller» im europäischen Small-Cap-Universum. Das Schweizer Unternehmen Bachem stellt das «P» (Peptid) in GLP-1 her – den wichtigsten Wirkstoff des Medikaments. Die Kapazitäten in dieser Branche sind knapp, und Bachem ist bekannt für Qualität und Liefertreue und wird unserer Meinung nach vom Boom der Branche profitieren.
In den Herstellungsprozess integrierte Produkte
Bewegt man sich etwas weiter entlang der GLP-1-Lieferkette, stösst man auf die deutschen Unternehmen Schott Pharma und Gerresheimer, die die Geräte (Fläschchen, Spritzen und Injektionsstifte) liefern, mit denen die Medikamente verabreicht werden können. Diese Geräte sind in den Herstellungsprozess integriert, werden von der Aufsichtsbehörde überprüft und sind daher nur schwer zu ersetzen, sobald der Auftrag erteilt wurde. Dies gibt den Unternehmen und Investoren wie uns Vertrauen in die künftigen Cashflows und den Wachstumspfad dieser Unternehmen. Darüber hinaus verfügen diese Unternehmen neben GLP-1-Medikamenten über eine grosse und wachsende Pipeline an biologischen Medikamenten, sodass das Nachfragewachstum gesichert sein sollte. In unseren Portfolios gibt es noch viele weitere Beispiele für Hersteller von Spitzhacken und Schaufeln: Weir Group (Bergbauausrüstungen), Carel (Steuer- und Reglergeräte für Klimaanlagen und Kühlgeräte), Tecan (hochentwickelte Diagnostikgeräte für Labors) und engcon (innovative Tiltrotatoren für die Baggerindustrie). Wir sind davon überzeugt, in unserem Portfolio eine Vielzahl von Unternehmen mit vorteilhaften Eigenschaften zu halten. Man kann natürlich fragen: Warum nicht das eine Unternehmen kaufen, das an der Spitze der Entwicklung steht, oder die grossen, bekannten Namen? Ganz einfach: Weil wir davon überzeugt sind, dass man – wie beim Goldrausch in den 1840er Jahren – mit dem Kauf eines Spitzhacken- und Schaufelherstellers nicht auf den einen ultimativen Gewinner der Branche setzt, sondern auf den Gewinn der gesamten Branche.
Strukturelles Wachstum
Durch den Kauf der Aktien von Unternehmen, die im Einklang mit dem Volumenwachstum der Branche wachsen und vor allem einzigartige und wichtige Komponenten für die Brancheninfrastruktur liefern, sind Anleger nicht dem gleichen Wettbewerbs- (oder Regulierungs-)druck ausgesetzt wie bei Investitionen in die grösseren Akteure – können aber trotzdem vom strukturellen Wachstum des Sektors profitieren. Wir glauben, dass es sich für Anleger auszahlt, in Unternehmen zu investieren, deren Dienstleistungen oder Produkte nur schwer nachzuahmen und für die Kunden unverzichtbar sind und mit denen sie sich in einer relativ konzentrierten Nische bewegen. Unter den kleineren europäischen Unternehmen finden sich jede Menge derartiger Unternehmen. Durch die Konzentration auf die Magnificent 7 und Super 6 in Europa wurde diesem Bereich des Marktes zuletzt jedoch weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Wir sind der Meinung, dass dies Anlegern die Möglichkeit eröffnet, Unternehmen zu finden, die von denselben Wachstumsthemen profitieren wie bekannte Large-Caps – aber günstiger bewertet sind. Unserer Ansicht nach können Anleger so auch ihr Risiko diversifizieren, da diese Unternehmen häufig die gesamte Branche beliefern und nicht von einem einzigen Kunden abhängig sind.