Der neue Konjunkturzyklus hat bereits begonnen

Nach dem Rezessionsjahr 2020 ist im neuen Jahr von einer starken Erholung der globalen Konjunktur auszugehen.

Das Jahr 2020 war ein turbulentes Jahr für die Investoren weltweit. Der Ausbruch von COVID-19 hat von Ende Februar bis Mitte März zu einem beispiellosen Einbruch an den internationalen Finanzmärkten geführt. Die globalen Aktienmärkte erlitten Kurskorrekturen von über 30% in dieser Periode. Zeichen fehlender Marktliquidität hatten zeitweise fast sämtliche Segmente der Finanzmärkte erfasst, so dass kaum eine Anlageklasse Schutz vor Verlusten gewährte. Erst eine in dem Ausmass als historisch geltende Antwort der weltweiten Geld- und Fiskalpolitik sorgte für eine Beruhigung der Marktverhältnisse und der gesamtwirtschaftlichen Lage.

Der «SPI mid» wird sich nächstes Jahr wahrscheinlich besser entwickeln als der Rest des Schweizer Aktienmarkts.

Anastassios Frangulidis, Leiter Multi Asset, Pictet Asset Management

Die zunehmende Normalisierung der Konjunkturlage in der zweiten Jahreshälfte in Verbindung mit negativen Realzinsen in den meisten entwickelten Ländern hat zu einer eindrücklichen Erholung der risikobehafteten Anlageklassen geführt. So haben die globalen Kredit- und Aktienmarktindizes über das ganze Jahr eine positive Performance ausgewiesen. Allerdings blieben die Unterschiede innerhalb von Sektoren und Ländern enorm. Während die Titel der Informationstechnologie sehr stark zulegten, litten die Energie- und Finanzwerte deutlich. Folglich war die Performance des US-amerikanischen Aktienmarktes deutlich besser als die des europäischen Aktienmarktes, welcher Verluste hinnehmen musste. Die Schweizer Aktien- und Anleihenmärkte hingegen blieben, wenn auch knapp, im positiven Bereich.

Eindrückliche Konjunkturnormalisierung nach dem COVID-19 Schock
Die aufgrund der gefährlichen epidemiologischen Lage eingeführten Lockdowns haben bereits zu Jahresbeginn in China und ab März in vielen anderen Ländern zu einer massiven Einschränkung des sozialen und ökonomischen Lebens geführt. Folglich ist die Nachfrage der Konsumenten nach Gütern und Dienstleistungen eingebrochen. Grafik 1 zeigt, dass der Rückgang der Handelsumsätze im März und April 2020 in den entwickelten Ländern fast 20% betrug. Umso erstaunlicher ist die darauffolgende Normalisierung. Angetrieben von einem Nachlassen der restriktiven Massnahmen sowie von einer massiven Unterstützung der Haushaltseinkommen in Ländern wie USA oder Kanada haben die Haushalte des Westens ihr Konsumverhalten revidiert. So sind die Handelsumsätze innert sieben Monaten um mehr als 22% gestiegen. So etwas hat die Welt noch nie zuvor gesehen (Grafik 1).

Handelsumsätze im COVID-19 Jahr, Pictet Asset Management, Datastream, 05.12.2020

Auch aus der Angebotsseite der globalen Volkswirtschaft, welche hier von der Industrieproduktion repräsentiert wird, war ein ähnlicher Verlauf zu beobachten. Nach einem Einbruch im letzten Winter erfolgte eine deutliche Gegenbewegung in den Monaten danach (Grafik 2). Die stärkste Erholung der Industrieproduktion ist in den Schwellenländern, insbesondere in den asiatischen, zu beobachten. Dies ist keine Überraschung, da die fiskalpolitische Antwort in China und anderswo in Asien mehr auf die Unternehmenswelt ausgerichtet war. Zudem hat Asien als wichtigster Produktionsort der Welt von der Nachfrage des Westens profitiert.

Starke Erholung der Industrieproduktion in den Schwellenländern, Pictet Asset Management, Datastream, 05.12.2020

Ausblick auf das Konjunktur- und Finanzmarktjahr 2021
Nach dem Rezessionsjahr 2020 gehen wir im neuen Jahr von einer starken Erholung der globalen Konjunktur aus. Folglich wird es nach einem Rückgang von etwa 16.5% im laufenden Jahr zu einer starken Erholung der Gewinne der Unternehmen weltweit kommen. Wir erwarten einen Anstieg der Gewinne um über 25% für das neue Jahr (Grafik 3). Damit werden die Gewinne nach zwei Jahren des negativen Beitrags wieder eine wichtige Stütze für das neue Aktienjahr sein. Dagegen wird von der Seite der Bewertungen eher ein negativer Beitrag für die Aktienmärkte entstehen. Dies hängt damit zusammen, dass ein zunehmender Teil, der bereits im Vergleich zu 2020 im reduzierten Mass, neu geschaffener Liquidität von der Realwirtschaft beansprucht und den Finanzmärkten kaum zur Verfügung stehen wird. Insgesamt erwarten wir aber, dass der positive Gewinnbeitrag grösser sein wird als der Gegenwind der Bewertungen und gehen deshalb von einem positiven Aktienjahr aus.

Gewinntätigkeit wichtig für den Performanceverlauf im Jahr 2021, Pictet Asset Management, Datastream, 05.12.2020

Zu den Gewinnern des neuen Jahres werden zyklische Sektoren wie die Industrie oder Grundstoffe zählen, welche insbesondere von der starken Erholung der chinesischen Volkswirtschaft profitieren. Strukturell attraktive Themen wie die sogenannte «Clean Energy» oder die Digitalisierung werden uns auch im neuen Jahr begleiten. Dagegen erachten wir den Schweizer Aktienmarkt weniger attraktiv als zuvor. Dies gilt insbesondere für die grosskapitalisierten, defensiv ausgerichteten Titel, welche in Zeiten des aufkommenden Optimismus traditionell weniger gut laufen als die anderen Märkte. Anders sieht es bei den kleineren und mittleren kapitalisierten Schweizer Unternehmen aus. Diese profitieren stärker von der erwarteten globalen und europäischen Konjunkturerholung. Der «SPI mid» wird sich deshalb nächstes Jahr wahrscheinlich besser entwickeln als der Rest des Schweizer Aktienmarkts.