Kantone mit unterschiedlichen Strategien, um globale Mindeststeuer abzufedern

Auf Basis der mit der Volksabstimmung vom 18. Juni 2023 geschaffenen Verfassungsgrundlage hat der Bundesrat die globale Mindestbesteuerung in Form einer nationalen Ergänzungssteuer per 1. Januar 2024 in Kraft gesetzt. Mehrere Kantone haben im Zuge des neuen Steuerregimes bereits Änderungen in ihren Steuergesetzen vorgenommen oder Projekte zur Verbesserung der Standortattraktivität lanciert. So haben einige Kantone bereits im Vorfeld der (absehbaren) Einführung der Mindestbesteuerung mit einer Erhöhung der lokalen Steuerbelastung reagiert.

Je nach steuerpolitischer Ausgangslage, insbesondere mit Blick auf den globalen Mindeststeuersatz von 15%, verfolgen die Kantone unterschiedliche Ansätze, wie nachfolgende Beispiele zeigen:

Der Kanton Schaffhausen, der 2023 einen Gewinnsteuersatz von unter 13,8% anwendete, hat ab 2024 einen progressiven Gewinnsteuersatz eingeführt. Gewinne zwischen 5 Mio. CHF und 15 Mio. CHF und solche über 15 Mio. CHF werden jeweils mit einem höheren Satz besteuert. Dies hat zur Folge, dass Gewinne über rund 15 Mio. CHF ab 2024 einem effektiven Steuersatz (inkl. Bundessteuern) von 15% unterliegen. Gewinne unter 5 Mio. CHF unterliegen weiterhin dem bisherigen Steuersatz, der ab 2025 wie geplant reduziert wird.

Der Kanton Genf hat den effektiven Gewinnsteuersatz (einschliesslich Bundessteuer) von 14% auf 14,7% erhöht. Im Gegenzug hat Genf die kommunale Gewerbesteuer abgeschafft. Der Vorteil dieses Ansatzes ist, dass die entsprechenden Steueraufwendungen nun als anrechenbare Steuern gelten, was bei der Gewerbesteuer nicht der Fall war. Da der effektive Gewinnsteuersatz in Genf immer noch unter dem Mindeststeuersatz von 15% liegt, dürfte diese Änderung die Ergänzungssteuer verringern.

Insbesondere für Kantone mit einem effektiven Steuersatz von weniger als 15% ist es sinnvoll, konkrete Projekte zur Einführung von Steuergutschriften oder vergleichbaren Subventionen umzusetzen.

Stefan Kuhn, Leiter Steuer- und Rechtsberatung, KPMG Schweiz

Ein etwas anderer Trend ist im Kanton Zürich zu beobachten. Da der effektive Gewinnsteuersatz in Zürich bereits über dem Mindeststeuersatz von 15% liegt, gibt es diesbezüglich keinen Anreiz, die Steuerlast zu erhöhen. Im Gegenteil, der Regierungsrat des Kantons Zürich beabsichtigt, den kantonalen Gewinnsteuersatz von 7% auf 6% zu senken. Dies steht jedoch nicht in direktem Zusammenhang mit der Einführung der Mindestbesteuerung, sondern war bereits früher im Rahmen des Bundesgesetzes über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) angekündigt worden.

Subventionswettbewerb wird zunehmen
Staaten sind daran, den durch die globale Mindestbesteuerung eingeschränkten Spielraum im Bereich der Gewinnsteuersätze durch Massnahmen wie Steuergutschriften und Subventionen zu kompensieren. Die internationalen Regelungen betreffend globale Mindeststeuer sehen eine vorteilhafte Behandlung von Subventionen oder qualifizierenden/anerkannten Steuergutschriften gegenüber Steuervergünstigungen vor. Internationale Entwicklungen wie der EU Green Deal, der US Inflation Reduction Act sowie der 2023 eingeführte EU-Verordnung über Subventionen aus Drittstaaten zeigen, dass die Bedeutung von Industriepolitik und Subventionen im Standortwettbewerb zunehmen wird. Diese Entwicklung zeigt sich auch in der Schweiz. Gemäss der Eidgenössischen Steuerverwaltung evaluier(t)en etwas mehr als die Hälfte der Kantone subventionsähnliche Instrumente für Unternehmen (Stand August 2023). Nur wenige Kantone haben konkrete Massnahmen angekündigt, insbesondere:

Der Kanton Graubünden hat im Januar 2024 einen Entwurf in die Vernehmlassung geschickt, der Unternehmen belohnen soll, die mit ihren Massnahmen (i) die Wertschöpfung im Kanton erhöhen, (ii) Forschung, Entwicklung und Innovation stärken oder (iii) die ökologische Nachhaltigkeit verbessern.

Der Kanton Zug hat angekündigt, die Unternehmen durch ein sogenanntes Förderbeitragssystem mit weitreichenden Delegationskompetenzen an den Regierungsrat direkt zu unterstützen. «Insbesondere für Kantone mit einem effektiven Steuersatz von weniger als 15% ist es sinnvoll, konkrete Projekte zur Einführung von Steuergutschriften oder vergleichbaren Subventionen umzusetzen. In Kantonen mit einer höheren Steuerbelastung ist die Dringlichkeit dagegen geringer», sagt Stefan Kuhn, Leiter der Steuer- und Rechtsberatung von KPMG Schweiz. Er gibt jedoch zu bedenken, dass die Umwidmung von Steueranreizen in staatliche Subventionen zu höheren, oft irreversiblen Staatsausgaben führt.

«Swiss Tax Report 2024»: Keine wesentlichen Änderungen im kantonalen Gewinnsteuersatz-Vergleich
Die ordentlichen Gewinnsteuersätze für Unternehmen in der Schweiz verharrten im Durchschnitt im Vorjahresvergleich bei 14,6%. Bewegung bei den Gewinnsteuersätzen gab es lediglich in acht Kantonen. Dies zeigt der «Swiss Tax Report 2024» von KPMG, der die Gewinn- und Einkommenssteuersätze von über 50 Ländern sowie aller 26 Kantone vergleicht. Die grössten Senkungen haben die Kantone Aargau (-1,19 Prozentpunkte) und Bern (-0,5 Prozentpunkte) vorgenommen, während Schaffhausen und Genf die Steuersätze für Gewinne am stärksten erhöht haben (+1,25 bzw. +0,7 Prozentpunkte). Die Kantone Zug, Nidwalden und Luzern sind punkto Gewinnsteuersätze nach wie vor am attraktivsten, wobei sich die Steuersätze im Vorjahresvergleich leicht angeglichen haben. Der weiterhin steuergünstigste Kanton Zug hat die Gewinnsteuersätze minimal angehoben, von 11,80 auf 11,85%, während Luzern diese wie bereits im Vorjahr nochmals leicht von 12,15 auf 12,09% gesenkt hat. Der nach wie vor zweitplatzierte Kanton Nidwalden beliess den Satz bei 11,97%. Mit einem Gewinnsteuersatz von 20,54% belegt der Kanton Bern im kantonalen Vergleich unverändert den letzten Rang. Er konnte jedoch dank einer Steuersatzsenkung um 0,5 Prozentpunkte den Abstand zu den anderen Kantonen leicht verringern. Im internationalen Vergleich besteuert die Schweiz die Unternehmen tief, vor allem die Zentralschweizer Kantone. In Europa bieten nur Guernsey (0,0%), Ungarn (9,0%) oder Bulgarien (10,0%) noch niedrigere ordentliche Gewinnsteuersätze an. Irland (12,5%) besteuert ähnlich wie die Schweiz und bleibt somit der wichtigste Konkurrent in Europa. Ausserhalb Europas stechen vor allem die Bahamas (0,0%), Bermuda (0,0%) und Bahrain (0,0%) als Tiefsteuerdomizile heraus. Auch Hongkong (16,5%) und Singapur (17,0%) verfügen über attraktive Gewinnsteuersätze. Grosse Volkswirtschaften wie die USA (27,0%), China (25,0%), Indien (30,0%) und Brasilien (34,0%) wenden deutlich höhere Steuersätze an als die Schweiz.

Einkommensbesteuerung: Schwyz überholt Zug
In der Schweiz werden die höchsten Einkommen im Durchschnitt leicht tiefer besteuert als im Vorjahr, mit 32,73% (Vorjahr: 33,45%). Rund zwei Drittel aller Kantone haben die Steuersätze für Spitzeneinkommen reduziert, wobei St. Gallen mit -3,44 und Basel-Stadt mit -2,51 Prozentpunkte die grössten Senkungen vorgenommen haben. Der Kanton Schwyz rückte dank einer markanten Senkung um 2,39 Prozentpunkte an die Spitze des kantonalen Vergleichs. Mit einem Spitzensteuersatz von 22,59% liegt er nun knapp vor den Kantonen Zug (22,67%) und Nidwalden (24,30%). Vereinzelte Kantone haben die Steuersätze für Spitzeneinkommen erhöht, so beispielsweise die Kantone Appenzell Innerrhoden (+1,56 Prozentpunkte) und Obwalden (+1,43 Prozentpunkte). Am Schluss der Rangliste befinden sich nach wie vor die Westschweizer Kantone, allen voran Genf (43,33%) und Waadt (41,5%), gefolgt von Bern (41,07%) und Basel-Landschaft (40,73%).

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