SNB: Wie sich der aktuelle Zinsanstieg von 0,25 Prozent wirtschaftlich auswirkt
Mit dem erneuten Anstieg des Leitzinses am 22. Juni 2023, hält die Schweizerische Nationalbank an ihrer straffen Geldpolitik fest um die Inflation einzudämmen. Raiffeisen-Chefökonom Martin Neff zeigt auf, was der Zinsanstieg bedeutet und beantwortet die wichtigsten Fragen.
Mit wie viel Erhöhungen ist in diesem Jahr noch zu rechnen?
Der Ausblick für die Schweizer Exportwirtschaft stellt sich mit der schwächelnden globalen Nachfrage und den höheren Zinsen wieder zunehmend düsterer dar. Und der gleichzeitig allgemein stark abnehmende Vorstufenpreisdruck spricht recht klar für eine weitere Beruhigung der Inflation im weiteren Jahresverlauf. Damit sollte nach der Juni-Erhöhung eigentlich kaum noch oder kein Bedarf mehr für weitere SNB-Zinserhöhungen bestehen.
Ist eine positive Wirkung der erfolgten Zinsanhebungen auf die Inflation schon zu spüren?
Die Zinsanhebungen haben zusammen mit Devisenverkäufen geholfen den Franken stark zu halten bzw. noch stärker zu machen. Dies hilft bereits seit einiger Zeit den Haupttreiber der Schweizer Inflation, die Importpreise, spürbar zu dämpfen.
Martin Neff, Raiffeisen-ChefökonomUm die Kaufkraft der privaten Haushalte und die Investitionskraft der Unternehmen abzuwürgen, bräuchte es schon ein sehr viel höheres Zinsniveau.
Ist der Kampf gegen die Inflation beinahe schon gewonnen?
Die Konsumentenpreiszahlen bewegen sich bereits wieder in Richtung des Inflationszielbandes der SNB von 0 bis 2%. Und die Vorlaufindikatoren signalisieren für die kommenden Monate eine fortlaufende Entspannung. Vor allem eine unerwartete, plötzliche Abschwächung des Franken oder ein erneuter Energiepreisschock könnten den Trend aber durchaus nochmals umkehren. Damit sind kurzfristig zwar keine zusätzlichen präventiven Zinsschritte erforderlich, aber sicher erst einmal die Bereitschaft bei Bedarf draufzulegen.
Wie stark bremst die restriktive Zinspolitik der SNB die Schweizer Wirtschaft aus?
Die höheren Zinsen lassen die Finanzierungskosten der Unternehmen und der Hypothekarnehmer immer mehr ansteigen. Das im internationalen Vergleich noch moderate Zinsniveau dürfte die Investitionstätigkeit nicht scharf abbremsen. Aber insbesondere finanziell weniger gut aufgestellte Firmen können neue Vorhaben nicht mehr so leicht realisieren wie während der Tiefzinsphase. Und den Hypothekarnehmern verbleiben nun wieder weniger zusätzliche Mittel für ihre Konsumausgaben.
Muss bei einer weiteren Erhöhung der Zinsen mit einer Rezession gerechnet werden?
Noch ein bis zwei Zinsschritte vergrössern zwar die dämpfenden Effekte der Geldpolitik. Um die Kaufkraft der privaten Haushalte und die Investitionskraft der Unternehmen abzuwürgen, bräuchte es aber wohl schon ein sehr viel höheres Zinsniveau.
Welche Auswirkungen hat die Veränderung des Leitzinses für Wohneigentümer?
Für Hypothekarnehmer mit einer noch einige Zeit laufenden Festhypothek und Eigentümer ohne Hypothek ändert sich natürlich nichts. Schuldner mit einem variablen Zinssatz und Neukäufer müssen hingegen die höheren Zinskosten tragen. Bei den Konditionen für längere Festhypotheken ist die erneute Zinserhöhung der SNB allerdings seit längerem über die Zinserwartungen eingepreist. Hier haben bereits die letzten Zinserhöhungen nicht mehr für viel Bewegung gesorgt.
Führt die Erhöhung des Leitzinses zu einer Abkühlung der Preisentwicklung auf dem Immobilienmarkt?
Die bisherigen Zinserhöhungen der SNB haben die Erschwinglichkeit von Immobilien bereits deutlich weiter verschlechtert. Damit hat sich der Aufwärtstrend bei den Immobilienpreisen zuletzt spürbar verlangsamt. Dieser Trend dürfte sich mit dem jüngsten Zinsschritt fortsetzen. Von stärkeren Preisrückgängen gehen wir vor allem wegen der zunehmenden Knappheit an Wohneigentum jedoch nicht aus.
Der SNB-Entscheid verteuert die SARON-Hypotheken weiter. Für wen lohnt sich ein Abschluss noch?
SARON-Hypotheken sind nun ähnlich teuer wie längerfristige Festhypotheken. Damit sind die Kosten für Wohneigentum unabhängig von der Hypothekenart meist höher als das Mieten vergleichbarer Objekte. Für Haushalte, die weiterhin die Tragbarkeitsanforderungen erfüllen und sich ihren Traum vom eigenen Heim erfüllen wollen, «lohnt» sich ein Kauf aber natürlich nach wie vor.
Müssen sich Kunden Gedanken machen, wenn deren Zinsbindung in nächster Zeit ausläuft?
Den erhöhten Zinsen kann man nicht mehr entgehen. Die Konditionen für Festhypotheken sind wie gesagt bereits im Zuge des Anstiegs der Zinserwartungen vorausgeeilt. Und die Zinsen für SARON-Hypotheken haben mittlerweile im Zuge der tatsächlichen SNB-Zinserhöhungen aufgeschlossen.
Wie wirkt sich die Erhöhung der Leitzinsen auf den Abschluss von neuen Hypotheken aus?
Von der SNB werden derzeit nicht mehr viel bzw. gar keine weiteren Zinserhöhungen erwartet. Längerfristige Festhypotheken erscheinen damit derzeit vor allem attraktiv, wenn man von einer sehr hartnäckigen Inflation und von noch deutlich mehr Handlungsbedarf der Notenbanken ausgeht. Kürzere Laufzeiten sind hingegen zu bevorzugen, wenn man eine zügige und nachhaltige Beruhigung des Inflationsumfelds erwartet. Dann könnte man von einer Zinsumkehr in nicht allzu ferner Zukunft profitieren.