Warum ein Wegzug der UBS letztlich unausweichlich ist

An der Diskussion um die Kapitalerhöhung der UBS scheiden sich die Geister. Während die Bankleitung deren Notwendigkeit in Abrede stellt und auf ein solides Geschäftsmodell verweist, zeigt sich die Politik, namentlich Finanzministerin Karin Keller-Sutter, uneinsichtig und beharrt auf ihrem Standpunkt, dass nicht die helvetischen Steuerzahler in die Pflicht genommen werden dürfen, sollte die UBS dereinst in Not geraten. Im Lichte der gigantischen Bilanz und der vergleichsweise dünnen Eigenmittelunterlegung der Bank sowie dem Unwillen der Schweizer Eidgenossenschaft, die Bank im Krisenfall zu retten, ist ein Wegzug der UBS damit eigentlich unausweichlich.

Für einen gesichtswahrenden Kompromiss würde die UBS wohl zähneknirschend Hand bieten und ihr Eigenkapital mit zusätzlichen 10 bis 15 Milliarden Franken aufstocken. Die Forderungen der Politik gehen aber deutlich weiter. Die Rede ist von 25 Milliarden Franken und mehr. Aber auch die diese Grössenordnung vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, dass sie in einem globalen Krisenszenario immer noch zu tief bemessen ist, angesichts der gigantischen Bilanzsumme der UBS im Vergleich zum Schweizer Bruttosozialprodukt. Kritiker mögen einwenden, dass sich die Schweizer Eidgenossenschaft die Suppe selber eingebrockt hat, indem sie der Übernahme der taumelnden Credit Suisse durch die UBS zugestimmt hat. Das mag stimmen, der guten Form halber sei an dieser Stelle aber angemerkt, dass in der kritischen Phase schlicht und ergreifend keine Zeit zur Verfügung stand, um alternative Lösungen in Erwägung zu ziehen und dass die Konsequenzen der damit verbundenen impliziten Staatsgarantie in der Hitze des Gefechts wohl ausgeblendet wurden, um den Schweizer Finanzplatz vor einem grösseren Reputationsschaden zu bewahren.

Roms Verfall war die natürliche, unvermeidliche Wirkung übermässiger Grösse.

Edward Gibbon (1737 - 1794), englischer Historiker und Schriftsteller

Inzwischen ist die Politik nicht mehr im Krisen-Modus und scheint erkannt zu haben, dass die heutige UBS der Schweiz über die Ohren gewachsen ist. Ein Wegzug der UBS ins Ausland bzw. die Abspaltung und der Verbleib des Schweizer Geschäftes vor Ort ist inzwischen kein undenkbares Szenario mehr, auch wenn allseits beteuert wird, dass dies keine Option ist. Wirklich?

Singapur oder London, aber bitte nicht die USA
Aus dem Kreis der UBS ist zu vernehmen, dass die Verlagerung des Hauptsitzes ins Ausland und eine Abspaltung des Schweizer Geschäftes ein überaus komplexes Unterfangen wäre. Das mag so sein. Ein Killer-Argument ist es trotzdem nicht. Mit der erfolgten Integration der Credit Suisse hat die UBS gezeigt, dass sie in der Lage ist, auch anspruchsvolle Herausforderungen zu meistern. Die grössere Frage ist, wohin es die UBS den geografisch ziehen könnte. In die USA hoffentlich nicht. Sie stünde im Schatten der grossen amerikanischen Banken, die deutlich profitabler agieren und wäre einigen politischen Unwägbarkeiten ausgesetzt. Anbieten würde sich hingegen Singapur, das mit einem überaus innovativen Regulator als idealer Brückenkopf in einem Wachstumsmarkt für die gut betuchte asiatische Kundschaft gilt. Kulturell deutlich näher – und nicht minder attraktiv – wäre auch die Londoner City. Ein intakter Talent-Pool für die Bank und Wohnsitz vieler vermögender Privatpersonen zeichnen das Vereinigte Königreich aus. Zudem könnte sich der Brexit vorteilhaft für die UBS auswirken.

Die Mär von der Preisgabe der Swissness
Gerne und oft angeführt wird auch, dass die UBS mit einem Wegzug ins Ausland ihre Schweizer Heritage und damit ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal Preis geben würde: ihre Swissness. Das ist Mumpitz, denn die UBS wird unabhängig von ihrem Hauptsitz als Schweizer Bank wahrgenommen. Wichtiger ist eine Buchungsplattform in der Schweiz, damit die Vermögen ausländischer Kunden in einem rechtssicheren und – soweit möglich – vor dem Zugriff ausländischer Behörden geschützten Umfeld liegen. Alles andere ist Folklore. Vor diesem Hintergrund dürfte es naiv sein zu glauben, dass innerhalb der UBS nicht entsprechende Planspiele zumindest angedacht werden, wenn sie es denn ernst meint und sie sich weiterhin gegen eine deutlich höhere Eigenkapitalbasis sperrt. Vielleicht ist ihr Kalkül aber auch, die Eigenmittel-Diskussion zu überstrapazieren, um damit einen Wegzug zu legitimieren, den sie möglicherweise aus strategischen Gründen ohnehin in Betracht zieht – allen Dementis zum Trotz.

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