Was passiert im Todesfall mit meinen Kryptowährungen?

Bitcoin & Co. haben jüngst stark korrigiert. Trotzdem sind die weltweiten Bestände weiterhin fast eine Billion Schweizer Franken wert. Der Zugriff auf dieses Vermögen wird anders als bei traditionellen Anlagen sichergestellt. Bei der Verwahrung und Weitergabe ist deshalb besondere Vorsicht geboten.

Digitale Vermögenswerte wie der Bitcoin basieren auf einem dezentralen Buchungssystem, besser bekannt als Blockchain. Der Zugang zu den Anlagen wird über einen privaten Schlüssel (Private Key) ermöglicht. Nur wer im Besitz dieses Schlüssels ist, kann über das Vermögen verfügen. Meistens wird der Schlüssel mit Hilfe einer physischen oder digitalen Geldbörse (Wallet) aufbewahrt. Für die Verwahrung ist der Anleger ganz allein verantwortlich. Weder eine Bank noch sonst jemand hat darauf Zugriff.

Das Blockchain-Analyseunternehmen Chainalysis schätzt, dass ungefähr 3,7 Millionen Bitcoins verloren sind. Dies unter anderem, weil viele Anleger verstorben sind, ohne jemandem vom Lagerungs- oder Speicherort ihrer Zugangsschlüssel zu erzählen.

Bryan Haag, Experte für Kryptowährungen, VZ Vermögenszentrum

Eine «Wallet» kann diverse Formen annehmen. Es kann sich dabei beispielsweise auch um ein Blatt Papier handeln. Andere «Wallets» sehen ähnlich aus wie ein USB-Stick. Eine «Wallet» kann auch eine Anwendung auf dem Smartphone oder Computer sein. Stirbt der Besitzer der «Wallet» oder wird urteilsunfähig, besteht das Risiko, dass die Hinterbliebenen nichts über den Standort oder überhaupt über das Vorhandensein der Anlagen wissen. Dieses Problem kennt man auch von Bargeld, das irgendwo in einem Schrank oder unter der Matratze versteckt liegt. Wirft man den Schrank weg, so ist auch das Bargeld verloren. Ähnliches Ungemach droht beim unabsichtlichen Wegwerfen oder Löschen von «Wallets».

Erben sind auf Hinweise angewiesen
Verwaltet man also seine Kryptoanlagen in Eigenregie, dann sollte den Erben ein Hinweis hinterlassen werden, dass es diese Anlagen gibt und wo sie verwahrt sind. Nun stellt sich natürlich die Frage, wie man welche Personen über seine Kryptoanlagen informieren möchte. Dabei gibt es einige Fallstricke zu beachten. Da jeder, der im Besitz des privaten Schlüssels ist, über die Anlagen verfügen kann, wäre es zum Beispiel ein grosser Fehler, den Schlüssel einfach in sein Testament zu schreiben. Der erste Leser des Dokuments könnte das gesamte Vermögen wegtransferieren – sogar schon zu Lebzeiten des Besitzers. Die potenziellen Erben sollten über ein gewisses technisches Wissen verfügen. Denn Fehler sind im Bereich der Blockchain unverzeihlich. Sind Transaktionen einmal auf der Blockchain gebucht, können sie nicht mehr rückgängig gemacht werden. In so einem Fall ist es nicht möglich, sich bei einer Bank-Hotline oder einem anderen Ort Hilfe zu holen. Es ist auch möglich, dass die Kryptoanlagen auf einer dafür spezialisierten Börse gehalten werden. Auch dafür sollten die Zugangsdaten für die Erben auffindbar sein. Diese Börsen sind meistens im Ausland und treten als reine Online-Anbieter auf.

Millionen Bitcoins sind verloren
Längst nicht alle Benutzer von Kryptowährungen gehen aber sorgfältig mit ihren Daten um. Deshalb dürfte ein beträchtlicher Anteil dieser Vermögen unwiderruflich verschwunden sein. Das Blockchain-Analyseunternehmen Chainalysis schätzt, dass ungefähr 3,7 Millionen Bitcoins verloren sind. Dies unter anderem, weil viele Anleger verstorben sind, ohne jemandem vom Lagerungs- oder Speicherort ihrer Zugangsschlüssel zu erzählen. Weitere Erklärungen finden sich in unabsichtlich verlorenen «Wallets» oder dem Senden an eine unbenutzte Adresse. Es gibt jedoch einige Möglichkeiten, um den Verlust der Zugangsdaten zu seinen Kryptowährungen zu verhindern und die richtigen Vorbereitungen für einen allfälligen Todesfall zu treffen. Für Anleger sind diese Vorkehrungen vor allem relevant, wenn sie direkt über eine «Wallet» oder Kryptobörse in Kryptowährungen investieren. Für sie sind detaillierte Ratgeber wie das Buch «Bitcoins verwahren und vererben» von Marc Steiner zu empfehlen. Für technisch weniger versierte Kryptoanleger und für alle, die sich den grossen Aufwand der Kryptonachlassplanung ersparen möchten, gibt es einige interessante Alternativen. So kann man zum Beispiel in an der SIX zugelassene ETP (Exchange Trades Products) investieren. Dabei handelt es sich um Finanzprodukte. Die digitalen Vermögenswerte und die privaten Schlüssel werden durch die Produktanbieter in ihren «Wallets» verwahrt. Das Produkt ist in einem regulären Depot gebucht und eine Übertragung und Veräusserung ist äusserst simpel. Für diese zusätzliche Verwahrung fallen dafür teilweise hohe Kosten von 1 bis 4 Prozent pro Jahr an.

Eine weitere Option besteht darin, eine Dienstleistung in Anspruch zu nehmen, wo die privaten Schlüssel in einem abgetrennten «Wallet» ohne Verlustrisiko verwahrt werden. Die Abwicklung erfolgt dabei wie bei klassischen Börsenaufträgen und kann direkt in ein bestehendes Depot integriert werden. Auch in diesem Fall sind die Anlagen im Todesfall in der konsolidierten Vermögensaufstellung enthalten und können weder bei der Verwahrung noch der Übertragung verloren gehen.

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