Die Schweiz besticht durch ihre hohe wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit

Die aktuelle Studie des Credit Suisse Research Institute (CSRI) mit dem Titel «Small countries: The way to resilience» kommt zu dem Ergebnis, dass der Erfolg kleiner Länder vor allem in ihrer wirtschaftlichen Offenheit begründet ist. Dadurch können Grössennachteile ausgeglichen werden. Diese Offenheit bedeutet aber auch, dass kleine Staaten in Bezug auf Schocks, die ihr wirtschaftliches Wohlergehen gefährden könnten, besonders wachsam bleiben und Strategien zur Förderung ihrer wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit entwickeln müssen.

Die jüngste Studie aktualisiert den in früheren Ausgaben verwendeten theoretischen Rahmen zur Definition kleiner Länder und erweitert den Stichprobenumfang auf alle 193 UN-Mitgliedstaaten. Die Autorinnen und Autoren haben einen multidimensionalen Ansatz verfolgt und mittels Hauptkomponentenanalyse aus der Landesfläche und der Bevölkerungszahl einen Ländergrössenindex berechnet. Auf diese Weise haben sie 86 kleine Länder weltweit identifiziert. Um die Schwachstellen und Resilienzfaktoren kleiner Länder zu analysieren und mit denen grosser Länder zu vergleichen, entwickelten die Ökonominnen und Ökonomen zwei Indikatoren: Der Economic Vulnerability Indicator (EVI) misst die Anfälligkeit einer Volkswirtschaft für Schocks; der Economic Resilience Indicator (ERI) ermöglicht die Beurteilung der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit eines Landes für den Umgang mit solchen Schocks sowie der Fähigkeit zur Anpassung an sich verändernde Wirtschaftsbedingungen.

Kleine Länder konnten ihre Grössennachteile durch wirtschaftliche Offenheit kompensieren.

Sara Carnazzi Weber, Leiterin Swiss Economics, Credit Suisse

Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass kleine Länder häufig ein hohes Mass an wirtschaftlicher Anfälligkeit aufweisen, die durch ihre hohe Abhängigkeit von der übrigen Welt bedingt ist. Nennenswerte Beispiele sind die grosse Bedeutung des internationalen Handels, die Konzentration von Importen und Exporten sowie die hohe Abhängigkeit von Energieimporten und ausländischen Arbeitskräften. In einer Stichprobe von 32 zumeist hoch entwickelten Ländern sind Irland und die Schweiz die beiden Länder mit der höchsten wirtschaftlichen Anfälligkeit. Hohe wirtschaftliche Anfälligkeit geht jedoch oft mit hoher wirtschaftlicher Widerstandsfähigkeit einher. Kleine Länder entwickeln Strategien, um ihre Schwächen durch hohe makroökonomische Stabilität, wirtschaftliche Diversifikation, einen finanziell stabilen privaten Sektor und eine hohe Fähigkeit zur Anpassung an sich verändernde Wirtschaftsbedingungen zu überwinden. Daher führt die Schweiz auch den ERI als das Land mit der höchsten wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit an.

Wie die aktuellen geopolitischen Spannungen zeigen, sind Multilateralismus und gegenseitiges Vertrauen zwischen Ländern und Regierungen – zwei Faktoren, auf die kleine Länder in besonderem Masse angewiesen sind – keine Selbstverständlichkeit.

Nannette Hechler-Fayd’herbe, Chief Investment Officer, Credit Suisse

Der detaillierte Bericht «Small countries: The way to resilience» findet sich hier.

Hauptbildnachweis: Schweizer Nationalmuseum