Die SNB soll Probleme lösen, die sie gar nicht hat
Die SNB betont regelmässig, dass sie keine Negativzinsen möchte. Die Finanzmärkte scheinen ihr diesbezüglich aber nicht trauen. Ein Rückgang des Euro/Franken-Wechselkurses von 93 Rappen auf 92 Rappen hat genügt, die Spekulationen auf Negativzinsen erneut anzuheizen. Einzelne Analysten, vorzugsweise aus dem angelsächsischen Raum, schlagen in die gleiche Kerbe.
Die Renditen der Eidgenossen-Anleihen sind bis zu Laufzeiten von 5 Jahren unter null gefallen. Die 10-jährige Anleihe des Bundes rentiert nur noch 0.15%, verglichen mit den 0.47% vom August. Der 3-jährige Swapzins ist nun ebenfalls negativ. Zumindest in den Saron-Futures zeigt sich die Erwartung von Negativzinsen nicht stärker als zuvor.
Thomas Stucki, Chief Investment Officer, St.Galler KantonalbankEine Senkung des Leitzinses durch die SNB auf -0.25% macht keinen Sinn.
Negativzinsen werden dort nicht ausgeschlossen, aber auch nicht als gegeben betrachtet. Ökonomische Gründe für eine weitere Zinssenkung der SNB gibt es jedoch keine. Die Schweizer Wirtschaft ist zweigeteilt. Die Industrie leidet unter den US-Zöllen und der schwachen deutschen Autoindustrie. Der Binnenmarkt läuft dagegen gut. Gebaut wird praktisch überall, der Tourismus boomt und die Leute konsumieren. Der vorausschauende KOF-Konjunkturindikator deutet mit 98.0 Punkten ein unterdurchschnittliches BIP-Wachstum an, ist aber von einem Rezessionsniveau weit entfernt. Noch tiefere Zinsen in der Schweiz lösen weder den Handelsstreit mit den USA noch helfen sie den deutschen Autobauern auf die Beine. Die Zinskosten sind auch für die Industrie kein Grund zur Sorge.
Gefahr einer Deflation ist gering
Die Inflationsrate ist mit 0.2% nicht weit von der Nulllinie entfernt. Dennoch ist die Gefahr gering, dass die Inflation dauerhaft und deutlich in den deflationären Bereich fällt. Während die Güter und Waren billiger werden, steigen die Preise der Dienstleistungen mit 1.4% immer noch deutlich an. Der Preisanstieg in diesem Bereich hat zuletzt wieder zugenommen. Der Preisrückgang bei den Waren ist zudem von aussen getrieben, vor allem von den Energiepreisen, die um über 6% tiefer sind als vor einem Jahr. Auf letztere hat die SNB nur einen geringen Einfluss. Mit noch tieferen Zinsen in der Schweiz steigt die globale Nachfrage nach Erdöl nicht. Allenfalls wird der Franken etwas billiger, was sich in höheren Importpreisen auswirkt.
Franken ist stark, aber keine Belastung
Der Franken ist seit dem Sommer handelsgewichtet 2% teurer geworden, nachdem zuletzt der Euro unter dem Eindruck der chaotischen Politik in Frankreich geschwächelt hat. Die Aufwertung im ersten Halbjahr war der Schwäche des US-Dollars geschuldet, der gegenüber allen Währungen eingebrochen ist. In einem solchen Umfeld interessiert sich kein Devisenhändler und kein Anleger für die Zinsen in der Schweiz. Man darf auch nicht vergessen, dass der Franken im letzten Jahr schwächer geworden ist. Trotz des Dollar-Einbruchs und der kürzlichen Euroschwäche ist der Franken im Vergleich zu Anfang 2024 nur um 2% teurer. Ein Anstieg, den der Inflationsvorteil für die Unternehmen mehr als kompensiert hat. Dass die Inflationsdifferenz zu den USA und zur Eurozone in nächster Zeit markant geringer wird, ist unwahrscheinlich.
Negativzinsen lösen kein Problem, schaffen aber neue
Eine Senkung des Leitzinses durch die SNB auf -0.25% macht keinen Sinn. Negativzinsen helfen der Industrie nicht. Wenn die SNB sie über einen schwachen Franken unterstützen möchte, muss der Zins stärker gesenkt werden, zumindest auf die altbekannten -0.75% oder noch tiefer. Die daraus resultierenden Verzerrungen wie die ungezügelte Nachfrage nach Immobilien kennen wir. Daher ist es gut, wenn die SNB bei einer Nullzinspolitik bleibt.