Drei Viertel der Schweizer Bevölkerung halten eine Reform der Altersvorsorge für notwendig
AXA Investment Managers Schweiz hat zum 14. Mal eine Untersuchung zur Einstellung der Schweizer Bevölkerung gegenüber der 2. Säule und dem Ruhestand durchgeführt. Zentrale Themen der diesjährigen Studie sind die Einschätzung der finanziellen Absicherung im Alter und die Frage, wie die Lücke zwischen dem letzten Lohn und den Leistungen von AHV und Pensionskasse geschlossen werden kann. Zudem wurden Fragen zur Generationengerechtigkeit und zum Vertrauen in die Akteure der Altersvorsorge gestellt. Der Ruhestandsmonitor erfasst dabei nicht nur PK-Versicherte, sondern die gesamte Bevölkerung.
Schweizerinnen und Schweizer sehen ihrer Pensionierung grundsätzlich positiv entgegen. Allerdings hängt dieses Gefühl von der finanziellen Absicherung für den Ruhestand ab: Wer sich finanziell nicht so gut abgesichert fühlt und nicht oder nur wenig sparen kann, freut sich auch weniger auf die Pensionierung. Hingegen fühlen sich Pensionierte glücklicher als nicht Pensionierte. Die Studie macht denn auch Lücken in der finanziellen Vorsorge für das Alter aus und weist auf signifikante Unterschiede nach Geschlecht, Alter, Kaufkraftklasse und Beschäftigungsgrad hin.
Werner E. Rutsch, Mitglied der Geschäftsleitung, AXA Investment Managers SchweizEs ist erfreulich, dass die Schweizer Bevölkerung proaktiv und eigenverantwortlich für das Alter spart. Allerdings können vor allem Besserverdienende sparen – die unterste Kaufkraftklasse hat diese Möglichkeit kaum. Sie wird sich im Alter überproportional einschränken müssen.
Auf einer Skala von 1 (überhaupt nicht gut) bis 10 (sehr gut) bewerten Männer ihre finanzielle Absicherung im Durchschnitt mit 6,4, Frauen mit 5,4. Rentnerinnen und Rentner schätzen ihre finanzielle Absicherung mit 6,9 am höchsten ein, die Altersgruppe der 40- bis 64-Jährigen gibt einen Mittelwert von 5,9 an, die 18- bis 39-Jährigen einen Wert von 5,2. Alle diese Werte liegen leicht unter dem Durchschnitt des Vorjahres. Die Befragten der niedrigsten Kaufkraftklasse fühlen sich mit einem Wert von 3,3 auf der Zehnerskala besonders schlecht abgesichert. Nur rund 12 Prozent von ihnen gehen davon aus, ihren Lebensstandard im Alter allein mit AHV und Pensionskasse «sicher» oder «eher sicher» halten zu können. Im unteren Mittelstand sind es 24 Prozent, im oberen Mittelstand 39 Prozent und in der obersten Kaufkraftklasse 36 Prozent. Während fast die Hälfte (49 Prozent) der Pensionierten angibt, den gewohnten Lebensstandard mit der Rente aus AHV und Pensionskasse decken zu können, sind es bei den Erwerbstätigen nur 19 Prozent. Die Zahl der Menschen ohne Pensionskasse hat sich zwischen 2022 und 2024 von 6 auf 12 Prozent verdoppelt; jede achte Person hat also keine Pensionskasse oder kein Geld in der 2. Säule.
Wie können Rentenlücken geschlossen werden?
Insgesamt glauben 70 Prozent der Schweizer Bevölkerung, dass sie ihren gewohnten Lebensstandard mit den Mitteln aus AHV und Pensionskasse «eher nicht» oder «sicher nicht» halten können bzw. konnten. Zugleich erwarten die Befragten nach der Pensionierung im Durchschnitt 57 Prozent (Männer: 58 Prozent, Frauen: 56 Prozent) des letzten Lohns als Rente aus AHV und Pensionskasse, ein leicht höherer Wert als in den Vorjahren. Nicht Erwerbstätige, Personen in der untersten Kaufkraftklasse und solche, die sich schlecht abgesichert fühlen, nennen mit 46 bis 49 Prozent deutlich tiefere Werte. Wie kann die finanzielle Situation der Pensionierten verbessert werden? 62 Prozent der Befragten geben an, zusätzlich zu AHV und Pensionskasse zu sparen, 42 Prozent werden ihre Ausgaben im Alter reduzieren und ein Drittel sorgt mit Wohneigentum für das Alter vor. Bei den Personen, die sparen können, steht das steuerbegünstigte Sparen in der Säule 3a an erster Stelle, gefolgt von Sparkonto, Wohneigentum, Wertschriften und freiwilligen Einzahlungen in die Pensionskasse. In der höchsten Kaufkraftklasse (67 Prozent) und im oberen Mittelstand (76 Prozent) können signifikant mehr Personen sparen als in der tiefsten Einkommensklasse (25 Prozent) und im unteren Mittelstand (58 Prozent).
Mehr Menschen als je zuvor wollen im Rentenalter aus Freude weiterarbeiten
Im Vorsorge-Abstimmungsjahr 2024 erachten fast drei Viertel (73 Prozent) der Befragten eine Vorsorgereform als notwendig, etwas weniger als 2023 (79 Prozent). Der Anteil der Frauen, die eine Reform der beruflichen Vorsorge befürworten, liegt dabei mit 75 Prozent leicht über dem Anteil der Männer (71 Prozent). Zur Abfederung allenfalls sinkender Pensionskassenrenten werden das freiwillige, steuerbegünstigte Sparen, Einzahlungen schon vor dem 25. Lebensjahr sowie die Förderung von freiwilliger Teilzeitarbeit ab 65 Jahren am ehesten akzeptiert. Beim Thema «Weiterarbeiten im Pensionsalter» hat sich in den letzten Jahren viel getan: Fast zwei Drittel (65 Prozent) der Befragten können sich heute vorstellen, freiwillig länger als bis zum gesetzlichen Rentenalter zu arbeiten – 2016 waren es erst 41 Prozent. Dabei würden sie grossen Wert auf zeitliche und örtliche Flexibilität legen. Gründe für den Wunsch, länger zu arbeiten, sind nicht nur die Notwendigkeit, weiterhin Geld zu verdienen oder anzusparen, sondern vor allem Freude und Spass an der Arbeit. Allerdings halten es bloss 34 Prozent der Befragten für realistisch, dass ihnen nach der Pensionierung eine bezahlte Arbeit zur Verfügung steht.
Sind neue Kapitalquellen zur Sicherung der Renten erforderlich?
In diesem Jahr zum ersten Mal gefragt wurde, ob sich die Befragten eine Kürzung der Bundesausgaben und/oder Steuererhöhungen zur Verbesserung der Pensionskassenleistungen vorstellen könnten. Die 57 Prozent der Befragten, die «eher» oder «sicher» für eine Kürzung der Bundesausgaben sind, würden am ehesten bei den Ausgaben für das Ausland (70 Prozent), das Militär (49 Prozent) und die Landwirtschaft (34 Prozent) sparen wollen. Würden hingegen neue, zusätzliche Steuern erhoben, was 26 Prozent der Befragten befürworten, so sollte dies in Form von Finanztransaktionssteuern (84 Prozent) oder Erbschaftssteuern (61 Prozent) erfolgen. Würden die Befragten heute in Pension gehen, würden sich 45 Prozent für die Auszahlung des Vorsorgevermögens in Form einer monatlichen Rente entscheiden, 24 Prozent für eine Mischung aus Rente und Kapitalbezug und 17 Prozent für den reinen Kapitalbezug. Der volle Bezug hat gegenüber dem Vorjahr (13 Prozent) an Beliebtheit gewonnen, was unter anderem auf das positive Börsenjahr 2023 zurückzuführen sein dürfte. Beim gewünschten Pensionsalter sind sich die Schweizerinnen und Schweizer einig: Alle möchten zwischen 63 und 65 Jahren pensioniert werden.
Generationengerechtigkeit und Sorgen um die Finanzierung der Vorsorge
Der von AXA Investment Managers Schweiz erstellte Ruhestandsmonitor nahm in diesem Jahr auch das Thema «Generationengerechtigkeit» auf und stellte unter anderem die Frage: «Was können die Jungen von den Pensionierten lernen und umgekehrt?» 30 Prozent der Befragten machten keine Angaben dazu, was die Jungen von den Alten lernen können. Immerhin ein Viertel nannte «Geld sparen» und «sich in Bescheidenheit üben». An zweiter Stelle folgte die Aussage, die Jungen sollten sich frühzeitig um ihre Altersvorsorge kümmern. Umgekehrt wussten 56 Prozent nicht, was Ältere von den Jüngeren lernen könnten. Am ehesten waren die Befragten der Meinung, die heutigen Pensionierten hätten das Leben mehr geniessen sollen. Hinsichtlich der finanziellen Situation schätzen 31 Prozent der Befragten die Situation der Pensionierten schlechter ein als die der nicht Pensionierten. Dies empfinden auch die Pensionierten selbst so. In Bezug auf die Finanzierung der Altersvorsorge machen sich fast zwei Drittel (64 Prozent) der Befragten vor allem Sorgen, dass jede/-r nur an sich selbst und nicht an die Gesellschaft denke. Fast jede zweite Person (49 Prozent) befürchtet, es werde heute zu wenig gespart und deshalb seien für sie selbst keine Vorsorgegelder aus der 1. und 2. Säule mehr vorhanden. In gewissem Gegensatz dazu steht die drittgrösste Sorge: 45 Prozent glauben, dass sie selbst viel mehr Geld in die Vorsorge (1. und 2. Säule) einzahlen, als sie im Alter erhalten werden. Und zum Schluss: Wem vertrauen Herr und Frau Schweizer, wenn es um die Sicherheit der Altersvorsorge geht? Das grösste Vertrauen haben die Befragten nach wie vor in ihren Arbeitgeber, gefolgt vom Bundesrat und dem Gewerkschaftsbund. Am geringsten ist das Vertrauen in die sozialen Netzwerke und die politischen Parteien. Auch die Wirtschaftsverbände schneiden wie im Vorjahr schlecht ab.