Roger Studer: «Wer sich Neuem verschliesst, wird über die Zeit auf der Strecke bleiben.»

Roger Studer steht wie kein anderer als Sinnbild für Strukturierte Produkte, die er als Investment Banker auf dem Schweizer Finanzplatz salonfähig gemacht hat. Für die Zürcher Privatbank Vontobel hat er mit derivativen Produkten über Jahre erkleckliche Gewinne erwirtschaftet, bevor er sich 2020 mit seinem privaten Family Office selbständig gemacht hat. Heute betätigt sich Roger Studer unter anderem als Krypto-Investor – wir haben nachgefragt.

Roger Studer, die Krypto-Branche findet wahrlich nicht nur Bewunderer. Zahlreiche Stimmen verteufeln das Geschäftsmodel und bezeichnen Krypto-Währungen gerne auch einmal als Fluchtburg für dubiose Geldströme dunkler Gestalten. Sie scheinen dem Thema eine wesentlich entspanntere Haltung entgegenzubringen. Wie kommt das?

Roger Studer: In den Anfängen jeder technologischen Revolution entstehen ungeahnte Möglichkeiten, aber es werden auch Grenzen getestet. Wer sich Neuem verschliesst, wird über die Zeit auf der Strecke bleiben. Die Regulierung in der Schweiz, vermehrt aber auch in Europa, geht die Herausforderungen entschlossen an und stellte die Digital Ledger Technology (DLT) auf eine gesunde, nachhaltige Basis. Als ehemaliger Leiter einer Investmentbank, war und ist mein Ziel, sinnvolle Regulierung zu fördern, sodass Innovation unter gleichberechtigten und aufgeklärten Partnern weiter gedeihen kann.


Auf einer Skala von eins bis zehn: Wie hoch schätzen Sie die Wahrscheinlichkeit ein, dass sich Krypto-Währungen in den kommenden Jahren breit etablieren, um nicht zu sagen rehabilitieren, werden?

Hundert! Nein, im Ernst, es geht auch um Krypto-Währungen, aber vielmehr noch um die Technologie mit ihren Möglichkeiten. Die Blockchain wird die Welt verändern – ganz besonders die Finanzwelt. Das ist für mich keine Frage.

Unsere bankable Assets investieren wir ganz konservativ in ETF’s und in einige Strukturierte Investmentprodukte breit gestreut und recht langweilig.

Roger Studer, Studer Family Office AG

Wie stehen Sie der Regulierung der Krypto-Branche gegenüber?

Um den zukünftigen Erfolg dieser neuen und innovativen Technologie weiter zu gewährleisten, ist eine sinnvolle und möglichst einheitliche Regulierung wünschenswert. Die Schweiz ist mit der aktuellen DLT-Regulierung (Anm. der Redaktion: Digital Ledger Technology) auf dem richtigen Weg. Mit der neuen DLT-Handelslizenz könnte der Schweizer Finanzplatz überdies eine global führende Rolle in der digitalen Handelswelt übernehmen.


Sie blicken auf ein langjähriges, erfolgreiches Berufsleben zurück und könnten das Leben jetzt in vollen Zügen geniessen. Dennoch wagen Sie sich in die unternehmerische Höhle des Löwen. Was treibt Sie an?

Ich möchte das weiterführen, was mich schon mein ganzes Leben antreibt: Neues entdecken und verstehen sowie die gewonnen Erkenntnisse daraus unternehmerisch einsetzen.


Welche Eigenschaften als Unternehmer und Investor zeichnen Sie aus?

Ich durfte in meinem Berufsleben viele Erfahrungen sammeln, tolle Menschen kennenlernen und mit ihnen Erfolge feiern. Gewachsen bin ich letztlich aber auch an Misserfolgen, die es zu verantworten und zu überwinden galt. Das hat mich geprägt und schafft eine gute Grundlage für langfristige und kluge Investitionsentscheide.


Wie müssen wir Ihre Abkehr vom Geschäft mit Strukturierten Produkten, dass Sie bei Vontobel über Jahrzehnte massgeblich mitgeprägt haben, interpretieren? Sind Sie vom (strukturierten) Glauben abgefallen, ein Ketzer sozusagen?

Im Gegenteil, ich glaube unverändert an Strukturierte Investmentprodukte. Die Digital Ledger Technology bietet zudem ganz neue Möglichkeiten für die Entwicklung und den Vertrieb von Anlageprodukten. Assets, Geld und Güter werden zukünftig vermehrt als digitale Tokens handelbar gemacht, womit sich das Anlageuniversum vergrössert, die Transaktionskosten der Wirtschaft sinken und die Finanzindustrie weiter fragmentiert wird. Der gezielte Risikotransfer von Strukturierten Investmentprodukten bleibt dabei ein zentrales Bedürfnis.

Unlängst haben Sie jetzt auch noch das IT-Unternehmen NSM AG gekauft. Welche Strategie steckt dahinter und dürfen wir weitere Akquisitionen von Ihnen erwarten?

Mit meinem Family Office verfolge ich die Strategie Vermögenswerte von mir sowie von befreundeten Privatinvestoren ganzheitlich und renditeorientiert anzulegen. Unter anderem finanzieren und entwickeln wir KMU’s in den Bereichen Finanz, Fintech, Software und Immobilien – darunter gehört auch das erwähnte Unternehmen, welches in den Bereichen Software Development und Operational Services tätig ist. Wir unterstützen überdies Firmen in der Schweiz bei Themen wie Nachfolge, Strategie, Internationalisierung oder M&A.