Bundesanwaltschaft: Paukenschlag oder rechtsstaatliches Armutszeugnis?

Die Bundesanwaltschaft liess kurz vor Weihnachten mit einer publizitätsträchtigen Mitteilung aufhorchen. «Kriminelle Organisation aus Bulgarien: Anklageerhebung gegen die Credit Suisse und Mitglieder der Organisation», lautete das Communiqué. Der Onliner nimmt den Fall genauer unter die Lupe.

Die von der Bundesanwaltschaft im Dezember 2020 erhobene Anklage gründet in der Hauptsache auf dem Vorwurf der schweren Geldwäscherei (The Onliner berichtete darüber). Sie richtet sich gegen eine ehemalige Bankmitarbeiterin und die Bank selbst sowie zwei weitere Personen, die der kriminellen Organisation zugerechnet werden.

Pikant am vorliegenden Sachverhalt ist zunächst, dass das 2008 mit drastischen Massnahmen eröffnete Strafverfahren ursprünglich von einem, nach seinem Ausscheiden bei der Untersuchungsbehörde wegen Amtsmissbrauch und Urkundenfälschung verurteilten Bundesanwalt und Ex-Regierungsrat aus dem Kanton Neuenburg geleitet wurde. Aus rechtsstaatlichen Überlegungen weitaus bedeutsamer erscheinen allerdings zwei andere Aspekte: zum einen die Tatsache, dass die Bundesanwaltschaft gemäss eigener Mitteilung darauf verzichtet, gegen den bulgarischen Anführer der kriminellen Organisation, dessen Ehefrau sowie eine weitere hochrangige Person vorzugehen. Als Begründung hierfür nennt die Behörde die Unmöglichkeit, diesen innert nützlicher Frist habhaft zu werden. Der zweite Punkt betrifft die Dauer des Untersuchungsverfahrens. Es wäre vorliegend ohne Akteneinsicht und detaillierte Kenntnis der Sachlage zweifelsohne unangemessen, der Bundesanwaltschaft einen pauschalen Vorwurf zu machen. Der Fall hinterlässt allerdings alleine schon aufgrund der allgemein bekannten Faktenlage und unabhängig vom materiellen Ausgang des Strafverfahrens einen, gelinde gesagt, fahlen Beigeschmack.

Stossende Untersuchungsdauer
Anlass zur Kritik bietet vorab die unangemessen lange Untersuchungsdauer. So benötigte die Bundesanwaltschaft zur Abklärung des die Jahre 2004 bis 2008 betreffenden Sachverhalts beinahe 13 Jahre, um diesen schliesslich Ende letzten Jahres, d.h. kurz vor der Verjährung, zur Anklage zu bringen. Dabei ist fraglich, ob vorliegend die Verjährung mangels qualifiziertem Tatbestand nicht sogar bereits eingetreten ist.

Ins wenig rühmliche Bild passt auch die erst im vergangenen Dezember bekanntgegebene Einstellungsverfügung der Bundesanwaltschaft betreffend einen weiteren ehemaligen Angestellten einer CS-Gruppengesellschaft – nach wohlverstanden fast 13 Jahren Untersuchungsdauer.

Als weitere Konsequenz des drohenden Zeitablaufs ist der Entscheid der Bundesanwaltschaft zu sehen, den Kopf der als kriminell bezeichneten Organisation und weitere Komplizen vor einer Anklage zu verschonen und es bei der strafrechtlichen Verfolgung einer ehemaligen subalternen Bankmitarbeiterin und zwei weiteren, «übrig gebliebenen» Personen bewenden zu lassen.

Beschleunigungsgebot
Die Strafbehörden sind nach den allgemeinen Grundsätzen verpflichtet, ein Strafverfahren unverzüglich an die Hand zu nehmen und dieses ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss zu bringen. Die betroffenen Personen sollen nicht länger als notwendig den Belastungen eines Strafverfahrens ausgesetzt sein. Nebst der psychischen Bürde, die ein Strafverfahren nicht nur für die Beschuldigten, sondern auch für Zeugen und weitere Dritte mit sich bringt, verunmöglicht eine laufende Strafuntersuchung in der Regel auch das wirtschaftliche Fortkommen der Betroffenen. Die Loyalität des Arbeitgebers hält sich erfahrungsgemäss in Grenzen, und den betroffenen Personen ist es in der Schwebephase zwischen Untersuchung und Abschluss des Verfahrens praktisch unmöglich, die Arbeitsstelle zu wechseln. Darüber hinaus gebietet sich die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Maxime auch aus faktischen Gründen, insbesondere im Hinblick auf die Aussagekraft von Zeugenaussagen und anderen Beweismitteln.

Schlechtes Zeugnis für die Bundesanwaltschaft
Vor diesem Hintergrund bedeutet das Pressecommuniqué der Bundesanwaltschaft alles andere als eine Erfolgsmeldung. Aus rechtsstaatlicher Sicht legt das Vorgehen der Bundesbehörden vielmehr ein bedenkliches Zeugnis ab und setzt damit nicht bloss die Strafuntersuchungsbehörde selbst in ein schlechtes Licht, das behördliche Verhalten stellt darüber hinaus gewichtige Grundsätze des schweizerischen (Straf-)Rechtssystems in Frage. Ins wenig rühmliche Bild passt auch die erst im vergangenen Dezember bekanntgegebene Einstellungsverfügung der Bundesanwaltschaft betreffend einen weiteren ehemaligen Angestellten einer CS-Gruppengesellschaft – nach wohlverstanden fast 13 Jahren Untersuchungsdauer.