Die rationale finanzielle Wesentlichkeit löst Nachhaltigkeitsthemen ab
Die Saison der Generalversammlungen ist ein wichtiger Indikator für den Stand der Dinge zwischen Unternehmen und Investoren. Das Jahr 2025 wird die Abkehr von den post-covid Nachhaltigkeitsaussagen hin zur Rationalität markieren.
In den letzten Jahren hat sich die Rolle der Generalversammlungen von einer traditionellen «Gesundheitsprüfung» der Unternehmensführung zu einem Forum entwickelt, in dem die Vorstände für umfassendere, manchmal grenzenlose Nachhaltigkeitsthemen verantwortlich gemacht werden. Diese Entwicklung spiegelt den grossen Enthusiasmus wider, den sowohl Unternehmen als auch Investoren bei der Integration von Nachhaltigkeits- und Stakeholder-Aspekten während der Covid-Periode gezeigt.
Marion Plouhinec, Senior ESG Analyst, CarmignacWir erwarten, dass die Generalversammlungssaison 2025 bestätigen wird, dass die Zeit der grossen Erklärungen zu Nachhaltigkeitsaspekten hinter uns liegt.
Auf Generalversammlungen sahen wir Unternehmen, die ihren Aktionären Beschlüsse zur Klimafrage zur Abstimmung vorlegten oder ESG-Kriterien in die Vergütungspakete für Führungskräfte aufnahmen. Der von den Unternehmen verfolgte Ansatz wurde auch durch den erheblichen Druck der Investoren beeinflusst, die verschiedene Agenden und Ansätze zu ESG verfolgten. Dies zeigte sich in einem beispiellosen und manchmal unangemessenen Ausmass von Aktionärsanträgen in den USA und einigen zaghaften Anträgen in Europa und Asien. Entsprechend der rückläufigen Erwähnung des Themas Nachhaltigkeit in den S&P500-Gewinnprotokollen des ersten Quartals erwarten wir, dass die Generalversammlungssaison 2025 bestätigen wird, dass die Zeit der grossen Erklärungen zu Nachhaltigkeitsaspekten hinter uns liegt. Dies ist eine Gelegenheit, den Ansatz von Unternehmen und Anlegern in Bezug auf Nachhaltigkeit und Governance-Erwägungen näher an die rationale finanzielle Wesentlichkeit heranzuführen.
Marion PlouhinecIn den USA führt die Politisierung von ESG und ihre vereinfachende Assoziation mit 'Wokeism', die sich in den vergangenen Jahren und insbesondere auf Generalversammlungen aufgebaut hat, dazu, dass alles, was mit ESG zu tun hat, blockiert wird.
Die allgemeine Änderung des Tons, der die Generalversammlungssaison 2025 kennzeichnen wird, spiegelt die aktuelle Entwicklung der europäischen und US-amerikanischen Regierungspolitik und Regulierung in Bezug auf Nachhaltigkeit wider. In Europa diente der Draghi-Bericht als Weckruf in Bezug auf die Sorge um die Wettbewerbsfähigkeit. Die EU hält zwar an ihren ehrgeizigen Dekarbonisierungszielen fest, doch wurden die mittelfristigen Ziele bereits aufgeweicht und die strenge und ehrgeizige Berichterstattung zurückgefahren. In den USA führt die Politisierung von ESG und ihre vereinfachende Assoziation mit «Wokeism», die sich in den vergangenen Jahren und insbesondere auf Hauptversammlungen aufgebaut hat, dazu, dass alles, was mit ESG zu tun hat, blockiert wird. Diese extreme Haltung spiegelte sich leider auch in den kürzlich von der SEC eingeführten Beschränkungen für die Einreichung von Aktionärsanträgen auf den Generalversammlungen von wider. Während wir uns zunehmend Sorgen über den Missbrauch von Aktionärsanträgen durch Investoren gemacht haben, wirkt sich diese Änderung direkt auf die Möglichkeiten der Aktionäre aus, die Vorstände während der Generalversammlungssaison 2025 zur Verantwortung zu ziehen. Sie macht es jedoch nicht unmöglich.