Lohnanstieg in der Schweiz von 2 Prozent in 15 von 22 Branchen

Schweizer Unternehmen gewähren mit einem Lohnzuwachs von 1,9 Prozent für 2024 zwar mehrheitlich einen Teuerungsausgleich, überbieten die Inflation jedoch nur selten. Unter Einbezug der steigenden Krankenkassenprämien ergibt sich sogar ein Kaufkraftverlust für 2024. Ein robuster Arbeitsmarkt sowie Überschussersparnisse wirken hingegen unterstützend für den Konsum. Der Arbeitskräftemangel hat sich etwas entschärft, Rekrutierungsschwierigkeiten sind aber immer noch weit verbreitet.

In der jährlichen Lohnumfrage der UBS erwarten die 389 befragten Unternehmen einen nominalen Lohnanstieg von 1,9 Prozent für das Jahr 2024. Damit dürfte der Anstieg der Nominallöhne im kommenden Jahr deutlich stärker ausfallen als im Durchschnitt der letzten zehn Jahre von knapp 1 Prozent. Mit den Lohnabschlüssen für 2023 von 2,3 Prozent können die erwarteten Lohnerhöhungen aber nicht Schritt halten.

Lohnanstieg breit abgestützt
Die Inflation bleibt der dominierende Treiber der diesjährigen Lohnerhöhungen. Die zu erwartenden Lohnabschlüsse für 2024 liegen eng beieinander. In 15 von 22 Branchen resultiert ein Lohnanstieg von 2 Prozent. Mit einem erwarteten Lohnzuwachs von 1 Prozent hinkt einzig die Medienbranche dem Schnitt deutlich hinterher. Arbeitnehmende des öffentlichen Sektors dürfen sich hingegen über leicht überdurchschnittliche Lohnerhöhungen von 2,2 Prozent freuen. In der Gastronomie und der Hotellerie reflektiert sich die weiterhin starke Erholung nach dem pandemiebedingten Einbruch mit kräftigen Lohnsteigerungen von 2,8 Prozent.

Sinkende Kaufkraft trotz Teuerungsausgleich
«Die Unternehmen gewähren zwar mehrheitlich den Teuerungsausgleich, gehen aber selten darüber hinaus», schätzt Florian Germanier ein, UBS-Ökonom und Verantwortlicher der Umfrage. Bei einer von der UBS erwarteten Inflation von 2 Prozent dürften die Reallöhne 2024 im Schnitt praktisch stagnieren. Unter Berücksichtigung der nicht im Landesindex für Konsumentenpreise enthaltenen Krankenkassenprämien resultiert sogar ein Kaufkraftverlust für 2024. Im letzten Jahr sorgten die erhöhten Energiekosten und die Sorgen einer Energiemangellage für verhaltene Lohnanstiege in Anbetracht der Teuerung. Nun sind es die schwache Auslandsnachfrage und gestiegenen Finanzierungskosten infolge des globalen Zinsanhebungszyklus, die den Unternehmen den finanziellen Spielraum für kräftigere Lohnerhöhungen verwehren.

Die Lohnerhöhungen sind zwar zu wenig stark, um die SNB zu weiteren Zinserhöhungen zu zwingen, verhindern aber gleichzeitig einen schnellen Rückgang der Inflation.

Daniel Kalt, Chefökonom UBS Schweiz

Unterdurchschnittliches Wachstum, aber keine Rezession
Trotz des Kaufkraftverlustes erwarten die UBS-Ökonomen eine durchschnittliche Entwicklung des hiesigen Konsums in 2024. Eine Vielzahl der Haushalte dürfte auf Ersparnisse zurückgreifen, um die Belastung des Prämienanstiegs sowie steigender Mietzinsen und höherer Strompreise abzufedern. Tiefere Einkommensgruppen verfügen zwar über wenig oder keine Ersparnisse, deren Löhne dürften jedoch gemäss der UBS-Lohnumfrage überdurchschnittlich stark ansteigen. Weiter wirken die kräftige Zuwanderung und der robuste Arbeitsmarkt stützend auf den Konsum. Infolge der verhaltenen Wirtschaftsentwicklung hat sich zwar jüngst das Momentum am Arbeitsmarkt leicht gedreht. Die UBS-Ökonomen rechnen jedoch nicht mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit. So planen für 2024 weiterhin mehr Unternehmen in der Umfrage ihren Personalbestand auf- statt abzubauen. Die UBS prognostiziert ein BIP-Wachstum von 0,7 Prozent für das laufende Jahr und 1,2 Prozent für 2024. Dieses Bild deckt sich mit den Umfrageergebnissen. Die Mehrheit der Unternehmen erwartet eine unterdurchschnittliche Wirtschaftsentwicklung für 2024, aber keine Rezession.

Löhne befeuern Inflation kaum
Der erwartete durchschnittliche Lohnanstieg von 1,9 Prozent dürfte kaum dazu führen, dass die Inflation in den kommenden Quartalen entgleist. Gemäss der UBS-Lohnumfrage sehen drei von vier Unternehmen die Inflation im nächsten Jahr innerhalb des Zielbands der Schweizerischen Nationalbank (SNB). «Die Lohnerhöhungen sind zwar zu wenig stark, um die SNB zu weiteren Zinserhöhungen zu zwingen, verhindern aber gleichzeitig einen schnellen Rückgang der Inflation», erklärt Daniel Kalt, Chefökonom UBS Schweiz. Er erwartet deshalb keine raschen Zinssenkungen, sondern unveränderte SNB-Leitzinsen in den kommenden Quartalen.

Generation Z: Chance und Herausforderung zugleich
Kurzfristig hat sich der Arbeitskräftemangel leicht entschärft, was unter anderem auf die sich abschwächende Konjunkturentwicklung zurückzuführen ist. Die Mehrheit der befragten Unternehmen hat aber weiterhin Mühe, offene Stellen zu besetzen, und mittelfristig dürfte sich der Arbeitskräftemangel aufgrund des demografischen Wandels wieder verschärfen. Deshalb gewinnen jüngere Arbeitskräfte zunehmend an Bedeutung. Bereits heute hat die Generation Z für die deutliche Mehrheit der befragten Unternehmen (93 Prozent) einen grossen Stellenwert. Überraschenderweise ist der demografische Wandel nur der zweitwichtigste Grund hierfür. Als entscheidender erachten die Umfrageteilnehmenden den Austausch zwischen den Generationen. Die Integration jüngerer Arbeitskräfte stellt jedoch Unternehmen vor Herausforderungen, da sie oftmals den vielfältigen Anforderungen der Generation Z nicht gerecht werden. Aus Sicht der Arbeitgeber ist die Vergütung für jüngere Arbeitskräfte zwar wichtig, flexible Arbeitsmodelle erweisen sich allerdings als am bedeutendsten. Um für jüngere Arbeitskräfte attraktiv zu sein, sollten Unternehmen gemäss der Studie stärker auf weiche Faktoren wie Arbeitsinhalt, Teilzeitmodelle, Weiterbildungsmöglichkeiten sowie Remote Working setzten.

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