Inficon: Ein Börsenliebling aus dem Schweizer Rheintal, der noch keiner ist

Inficon ist kein Börsenliebling – noch nicht. Doch wer über den Tellerrand hinausblickt, erkennt in dem Rheintaler Unternehmen einen Hidden Champion.

Wenn wir an zentrale Standorte der Halbleiterindustrie denken, kommen uns vermutlich zuerst Taiwan, Südkorea oder das Silicon Valley in den USA in den Sinn. An das Schweizer Rheintal denken die wenigsten – zu Unrecht. Denn genau hier sind einige der weltweit führenden Hightech-Unternehmen angesiedelt. Eines davon ist Inficon. Das Unternehmen nutzt gezielt die Fertigungskompetenz der Region, um hochpräzise Produkte herzustellen, die in der anspruchsvollen Halbleiterproduktion unverzichtbar sind. Inficon ist aus der Zusammenführung der Vakuumtechnik-Sparten von Inficon (USA), Leybold (Deutschland) und Balzers (Liechtenstein) hervorgegangen. Diese Aktivitäten wurden unter dem Namen Inficon gebündelt – 2000 erfolgte der Börsengang an der Schweizer Börse.

Inficon gilt als technologischer Marktführer in drei zentralen Disziplinen: Druckmanagement, Leckdetektion und Restgasanalyse.

David Windisch, Fund Manager, Rothschild und Co.

Wir bevorzugen Unternehmen, die sich konsequent auf eine Nische spezialisieren. Denn wenn dabei vieles richtig gemacht wird, kann daraus über die Jahre ein weltweit führender Technologie- und Marktführer entstehen. Genau das ist Inficon gelungen: Das Unternehmen entwickelt und produziert hochpräzise Mess-, Analyse- und Steuerungstechnologien für anspruchsvolle Vakuumprozesse – und hat sich so in einem komplexen Technologiefeld international etabliert. Um die Rolle von Inficon besser zu verstehen, beginnen wir am besten bei etwas Alltäglichem: dem Smartphone. Wenn wir damit im Internet surfen, sind sowohl das Gerät selbst als auch die dahinterliegenden Rechenzentren auf modernste Halbleitertechnologie angewiesen – also auf Chips. Diese Chips werden vor allem in Asien mit hochkomplexen Maschinen von spezialisierten Anlagenherstellern gefertigt. Der Produktionsprozess erfordert dabei eine absolut saubere und kontrollierte Umgebung, die meist unter Vakuumbedingungen realisiert wird.

Technologische Exzellenz in drei Kernbereichen
Inficon gilt als technologischer Marktführer in drei zentralen Disziplinen: Druckmanagement, Leckdetektion und Restgasanalyse. Druckmanagement-Systeme ermöglichen die präzise Steuerung von Vakuumprozessen und werden in großen Stückzahlen eingesetzt. Leckdetektoren und Restgasanalysatoren hingegen sind technisch hochkomplexe, oft kundenspezifische Lösungen mit besonders hoher Wertschöpfung. Inficon zählt weltweit führende Hersteller von Halbleiter-Produktionsanlagen zu seinen Kunden – darunter ASML, Tokyo Electron, Applied Materials (AMAT) und Lam Research. Die Produkte erfüllen höchste technische Anforderungen und durchlaufen lange, anspruchsvolle Qualifizierungsprozesse. Das Resultat: langfristige und stabile Kundenbeziehungen.
Einmal in die Maschinen integriert, werden Inficon-Komponenten zwar bei Bedarf ersetzt – jedoch praktisch nie durch Produkte von Wettbewerbern. Die Kunden bleiben der Technologie treu.

Stark diversifiziert und technologisch führend
Neben dem Halbleitergeschäft ist Inficon auch in Märkten wie Klimatisierung, Kälte- und Automobiltechnik sowie Sicherheits- und Energietechnik aktiv. Diese Diversifikation stabilisiert die Umsätze und schafft zusätzliche Wachstumschancen abseits des zyklischen Halbleitermarktes.
Mit jährlich rund 8% F&E-Investitionen baut Inficon seinen technologischen Vorsprung konsequent aus – und stärkt gleichzeitig Vertrieb und Marktposition. In den letzten zehn Jahren wuchs der Umsatz durchschnittlich um 8%, die Margen stiegen von 15% auf 20%, und der Aktienkurs legte jährlich um 13% zu. Ende 2024 verfügte Inficon über eine Net-Cash-Position von 75 Millionen US-Dollar – eine solide Basis für strategische Zukäufe. Zunehmend an Bedeutung gewinnen dabei Softwarelösungen wie «FabGuard» und «FabTime», die Produktionsprozesse optimieren, hohe Margen erzielen und weiteres Umsatzpotenzial bieten. Die Entscheidung des jetzigen CEOs Oliver Wyrsch verstärkt nach strategischen Zukäufen Ausschau zu halten könnte sich längerfristig als grosser Vorteil entpuppen.

Langfristig attraktiv
Mit starker Marktstellung, stetigem Wachstum und hoher Profitabilität ist Inficon ein grundsolides, wachstumsstarkes Unternehmen, das auf nachhaltige Geschäftsmodelle mit langfristiger Perspektive setzt. Für Investoren mit Fokus auf Technologie, Unabhängigkeit von asiatischen Lieferketten und Substanzwerten aus der Schweiz könnte Inficon ein strategisch interessanter Portfoliobaustein werden – besonders im Kontext geopolitischer Unsicherheiten und wachsender globaler Nachfrage nach präzisen Halbleiterlösungen.

Hauptbildnachweis: Inficon