Machtmechanismen für Manager
Aus der Geschichte lernen: das ist leichter gesagt als getan. Bekanntlich sind Vergleiche zwischen früher und heute heikel. Die technische Entwicklung stürmt voran, die politischen Umstände haben sich grundlegend verschoben, Staaten und Völker stehen in völlig anderen Beziehungen zueinander. Aber die Menschen haben sich nicht grundlegend geändert, Zuneigung und Abneigung, sturer Egoismus und Wille zur Zusammenarbeit prägen seit jeher ihr Verhalten. Albert Stähli ist überzeugt, dass frühere Kulturen und Herrscherdynastien Anschauungsmaterial auch für Manager und deren Strategien bieten.
Stähli weiss, wovon er redet. Der promovierte Schweizer ist Fachmann für Management-Andragogik, also lebenslange Persönlichkeitsentwicklung. Nach einer Karriere als Gründer und Leiter der Graduate School of Business Administration (GSBA) in Zürich und Horgen betätigt er sich seit einigen Jahren ebenso erfolgreich als Autor mehrerer Bücher über historische Kulturen und Herrscherfamilien. Gerade ist sein jüngstes Werk «Die Habsburger. Eine Dynastie prägt Europas Geschichte» (Frankfurter Allgemeine Buch, 191 Seiten, ca. 20 Euro) erschienen. Es zeigt deutlich, worum es Stähli geht. Warum konnten die Habsburger diese Prägekraft entfalten und können Unternehmer und Manager daraus etwas für sich ableiten, fragt er sich und gibt höchst interessante Antworten.
Bekannt geworden sind die Habsburger nicht zuletzt durch ihre erfolgreiche Heiratspolitik. Stähli knüpft daran an. In der Unternehmenswelt bilden Fusionen und Übernahmen die arrangierten «Hochzeiten». Aber, so warnt der Autor aufgrund seiner Erfahrung, es kommt auf die Qualität, nicht auf die Zahl an – eine klare Warnung vor kaufwütigen CEOs.

Jeder «Deal» verlangt eine sorgfältige Prüfung, lautet Stählis Diktum. Und er gräbt noch tiefer. Unternehmen müssen ein Muster für Resilienz entwickeln, um Niederlagen und Rückschläge in eine neue Aufschwungsperiode überführen zu können. Dabei hilft, nicht dogmatisch, sondern pragmatisch zu entscheiden. Mit anderen Worten: Strategien sind nur dann erfolgsträchtig, wenn sie mit Flexibilität kombiniert werden. Ein Negativbeispiel ist für Stähli der deutsche Energieriese RWE. Er verliess sich zu lange auf Kohle, Kernenergie sowie sein Netzwerk in der Politik. Dadurch verkannte er das Potential der erneuerbaren Energien. RWE war zu lange blind für die Erkenntnis: Ändere Dich, wenn Du etwas nicht ändern kannst.
Als Management-Andragoge betont Stähli den Wert der umfassenden Managerfortbildung. Von den zwar real fundierten, aber mit einer begrenzten Zahl von Einflussfaktoren ausgestatteten Fällen (Cases) zum Beispiel der Harvard Business School grenzt er sich bewusst ab. Zu oft blieben die oft jahrelang verwendete Fälle hinter der Gegenwart zurück, findet er. So wohne diesem Ansatz ein «Spielcharakter» inne, wo es doch für Stähli um folgendes geht: «Im Verlaufe des Entscheidungsprozesses werden an die Manager kontinuierlich neue, relevante Sachverhalte herangetragen und es erweitert sich die Menge der sachdienlichen Informationen um ein Erhebliches». Das bedeutet dynamisches Entscheiden, ständiges Rückkoppeln und das Bemühen um einen Rundumblick aufgrund vergangener Erfahrungen.
Die historischen Betrachtungen sind für Stähli abgeschlossene Fallstudien, die, richtig analysiert, Lernimpulse auslösen. Beginnend mit den Maya bieten seine bisher erschienen 13 Bücher von jeweils rund 200 Seiten Lesestoff, der sich bewusst an historisch interessierte Laien wendet. Am Ende jedes Bandes stehen die Schlussfolgerungen, die unternehmerisch tätige Menschen ziehen sollten. Überraschungen sind programmiert. So zeigen die Franken unter Karl dem Grossen, wann es sinnvoll ist, Autoritäten zu missachten. Die Römer ihrerseits waren offen für ausländische Einflüsse und nutzten die geistigen Errungenschaften etwa der Griechen. Als Geschenk geeignet, sind jeweils drei thematisch verbundene Bände auch in einem besonders gestalteten Schuber erhältlich.
Autor der Buchreihe: Dr. Albert Stähli, Management-Andragoge