Bevorstehende US-Wahlen sind für Schweizer Unternehmen ein Risiko
Schweizer CFOs hoffen weiterhin auf Wachstum, sind aber vorsichtig optimistisch. Dies zeigt die aktuelle Herbstausgabe der CFO-Umfrage von Deloitte.
Mit Blick auf die Schweiz und den wichtigsten Einzelexportmarkt, die USA, sind die Finanzchefs grossmehrheitlich positiv gestimmt. Was die USA betrifft, so blicken die CFOs mit Sorge auf den ungewissen Ausgang der bevorstehenden Wahlen: Je nach Ausgang erwarten nur 24 bis 44 Prozent eine für die Schweiz vorteilhaftere Handels- und Wirtschaftspolitik in den kommenden vier Jahren. Weitgehend negativ sind die Konjunkturerwartungen der Finanzchefs im Hinblick auf die wichtigen Exportmärkte wie Deutschland und China.
Die Stimmung der Schweizer CFOs ist weiterhin positiv — wenn auch uneinheitlich in Bezug auf die wichtigsten Märkte. Während die CFOs für die Schweiz und die USA optimistisch gestimmt sind, zeigen sie sich hinsichtlich Deutschland und China sehr pessimistisch. Dies zeigen die Ergebnisse der neuesten CFO-Umfrage, die das Prüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte Schweiz durchgeführt hat. 61 Prozent der Befragten blicken entweder positiv oder sehr positiv auf die Konjunkturentwicklung der Schweiz in den kommenden zwölf Monaten (vs. Frühling 2024: 56%) und rund 33 Prozent schätzen die Erwartungen als neutral ein. Die Aussichten sind damit zwar nicht euphorisch, aber doch sehr positiv. Ebenfalls optimistisch blicken die Finanzchefs auf den wichtigsten Handelspartner USA: 53 Prozent der CFOs (vs. Frühling 2024: 59%) rechnen mit einer positiven oder sehr positiven Wirtschaftsentwicklung über die kommenden zwölf Monate. Im Vergleich zum Frühling ist dies ein leichter Rückgang.
Alessandro Miolo, Leiter Audit & Assurance, Deloitte SchweizIn einer zunehmend unsicheren Welt stellt sich die Frage, woher die zukünftige Wachstumsdynamik für Schweizer Unternehmen kommen könnte.
Diese positiven Erwartungen der CFOs stehen in einem drastischen Gegensatz zur erwarteten Wirtschaftsentwicklung des zweitwichtigsten Handelspartners, Deutschland, und derjenigen Chinas. Hier sind die Erwartungen nicht nur negativ, sondern haben sich im Vergleich zum Frühjahr sogar noch verschlechtert: Für Deutschland gehen 74 Prozent der befragten CFOs von einer negativen oder sehr negativen Konjunkturentwicklung aus (vs. Frühling 2024: 66%). Auch in China erwartet weit über die Hälfte aller CFOs (61%) eine negative bis sehr negative Entwicklung (vs. Frühling 2024: 47%). «In einer zunehmend unsicheren Welt stellt sich die Frage, woher die zukünftige Wachstumsdynamik für Schweizer Unternehmen kommen könnte. Etablierte Märkte wie China und Deutschland stehen unter Druck, und auch die Lage in den USA könnte nach der Wahl schwieriger werden. Trotzdem bieten die USA weiterhin wirtschaftliche Stärke. Schweizer Unternehmen müssen ihr Portfolio an Handelspartnern und Exportmärkten stärker diversifizieren. Neue Wachstumsmärkte wie etwa Indien oder die Vereinigten Arabischen Emirate können für hiesige Unternehmen vielversprechende Optionen darstellen», sagt Alessandro Miolo, Leiter Audit & Assurance bei Deloitte Schweiz.
Mehr Effizienz ja – aber nicht mittels KI
Neben den Konjunkturaussichten haben sich auch die Aussichten für das eigene Unternehmen verbessert. Etwas über die Hälfte der Befragten (58%) sieht die Entwicklung des eigenen Unternehmens in den kommenden zwölf Monaten positiv, nur 11 Prozent sind pessimistisch. Diese Werte sind deutlich besser als bei der Befragung im Frühling (50% positiv, 16% negativ). Auch bei den Unternehmenskennzahlen sind die befragten CFOs mehrheitlich positiv gestimmt. So erwarten 52 Prozent steigende Umsätze, und 18 Prozent gehen von wachsenden Margen aus.
Reto Savoia, CEO Deloitte SchweizDie Schweizer Unternehmen haben sich bisher als äusserst krisenfest erwiesen. Das ist alles andere als selbstverständlich, gerade wegen der hohen Exportorientierung unserer Wirtschaft.
Wie die Umfrage zeigt, erwägen Unternehmen eine Reihe von Effizienzmassnahmen. Etwas mehr als die Hälfte (56%) plant, in den nächsten zwei Jahren die Geschäftsstruktur zu optimieren und neue Technologien einzusetzen. Interessant ist, dass die Künstliche Intelligenz (KI) dabei eine untergeordnete Rolle spielt. Nur 20 Prozent gaben an, Effizienzsteigerungen durch den vermehrten Einsatz von KI anzustreben. Nach den sehr hohen Erwartungen zu den Einsatzmöglichkeiten von KI in den letzten 12 Monaten könnte sich die Euphorie nun langsam abschwächen und die Technologie schrittweise eingesetzt werden. 22 Prozent der CFOs gehen davon aus, dass die Mitarbeiterzahlen in den kommenden Jahren sinken werden – sei es infolge von Entlassungen oder Stellen, die nicht neu besetzt werden. Im Vergleich zum Frühling (27%) haben sich die Aussichten zu den Mitarbeiterzahlen damit leicht verbessert.
Geopolitische Risiken dominieren Sorgenliste
In der Top 10 der Sorgenliste der Schweizer CFOs hat sich im Vergleich zum Frühling nur wenig verändert. Geopolitische Risiken wie der sich verschärfende Nahost-Konflikt, der anhaltende Ukraine-Krieg und Spannungen zwischen Taiwan und China dominieren weiterhin. Die Befragten sehen auch in den anstehenden US-Wahlen, deren Ausgang nach wie vor ungewiss ist, ein grosses politisches Risiko. Zwar wird die politische Unsicherheit in den USA von den CFOs als sehr hoch eingeschätzt, das Land bleibt aber wirtschaftlich attraktiv. Auf die Frage, wo die Unternehmen expandieren wollen, werden die USA nach der Schweiz am zweitmeisten genannt.
Eine weitere Frage zeigt aber, dass die Sorgen durchaus noch zunehmen könnten: Keiner der beiden US-Präsidentschaftskandidaten wird aus Sicht der befragten Schweizer Unternehmen in Bezug auf die erwartete Handels- und Wirtschaftspolitik besonders positiv bewertet. Lediglich 32 Prozent erwarten von Kamala Harris eine für Schweizer Unternehmen vorteilhaftere Wirtschafts- und Handelspolitik. Von Donald Trump erwarten dies sogar nur 12 Prozent, ebenfalls 12 Prozent von beiden Kandidaten gleichermassen. Rund 30 Prozent der CFOs erwarten dagegen sowohl von Kamala Harris als auch von Donald Trump eine für die Schweiz schlechtere Handels- und Wirtschaftspolitik in den kommenden vier Jahren. Das Wirtschaftsklima könnte in der wichtigsten Schweizer Exportdestination in den nächsten Jahren somit deutlich rauer werden.
Am stärksten gestiegen auf der Sorgenliste der CFOs ist die geldpolitische Lage. Währungsrisiken und das Zinsumfeld sind auf den vierten Rang geklettert (plus fünf Plätze im Vergleich zum Frühling). Dabei wird die Inflation von den befragten CFOs nur noch selten als Risiko genannt — sie gehen von einer Inflation von 1,3 Prozent in 24 Monaten aus, was deutlich unter der Zwei-Prozent-Grenze liegt und damit Preisstabilität bedeutet. Auch erwartet fast die Hälfte aller befragten CFOs weitere Zinssenkungen der Zentral- und Nationalbanken. «Seit 2014 gehören geopolitische Risiken zu den wichtigsten Themen auf dem Risikoradar der CFOs. Die Schweizer Unternehmen haben sich bisher als äusserst krisenfest erwiesen. Das ist alles andere als selbstverständlich, gerade wegen der hohen Exportorientierung unserer Wirtschaft. Damit dies so bleibt, müssen sich die Schweizer Unternehmen wie auch die Politik weiterhin durch die typisch eidgenössische Mischung von Standfestigkeit, Verlässlichkeit und Flexibilität auszeichnen», erläutert Reto Savoia, CEO von Deloitte Schweiz.