Fünf Trends, die sich in der Biotechnologie abzeichnen – und die Investoren im Blickfeld haben sollten

Die Biotech-Industrie erlebt derzeit eine Renaissance, die bereits jetzt zu einer explosionsartigen Zunahme neuartiger Arzneimittel geführt hat. Dieser Boom könnte auch die Grundlage für neue Wachstumsbereiche sein – beispielsweise durch die Nutzung von Zellen und Genen als Medizin.

Die Entwicklung der Corona-Impfstoffe ging schnell vonstatten. Dies könnte ein Zeichen für die Zukunft der Branche sein. Die Auftragsbücher der Industrie sind gut gefüllt, sowohl bei kleinen als auch bei grossen Arzneimittelherstellern in den Vereinigten Staaten, Europa und China. Vor diesem Hintergrund sehe ich fünf Trends, die für die Zukunft der Biotechnologie entscheidend sein werden:

  • COVID verstärkt den Trend zur schnellen Entwicklung von Medikamenten
    Unter bestimmten Voraussetzungen ist es möglich, die Entwicklung von Arzneimitteln deutlich schneller voranzutreiben, als man bislang dachte. Der beschleunigte Zulassungsweg, der für die Corona-Impfstoffe genutzt wurde, ist bereits seit Längerem in Kraft. In Anbetracht der Aufmerksamkeit, die dieses Verfahren erhalten hat, wird es zukünftig wahrscheinlich häufiger eingesetzt werden. Dies dürfte insbesondere dann der Fall sein, wenn der ungedeckte Bedarf an der Behandlung einer Krankheit sehr hoch ist.

  • Es herrscht eine höhere Aufmerksamkeit für Infektionskrankheiten
    Obwohl Infektionen zu den Hauptursachen für Krankheiten auf der ganzen Welt gehören, ist dieser Bereich der Arzneimittelforschung lange Zeit unterfinanziert gewesen. Wenn es um die Finanzierung und den Abschluss von Verträgen zwischen grossen und kleinen Unternehmen ging, rangierten Infektionen früher ganz unten auf der Liste. Heute stehen Infektionen nach der Onkologie an zweiter Stelle, was die Aufmerksamkeit und die Finanzierung angeht. Viele der grösseren Probleme werden jetzt mit erheblichen Investitionen angegangen.

Die nächste grosse Phase ist die Nutzung von Zellen und Genen als Arzneimittel, auch wenn dieser Prozess noch am Anfang steht.

Laura Nelson Carney, Equity Investment Analyst, Capital Group
  • China als Vorreiter bei Innovationen
    Die Rolle Chinas in der globalen biopharmazeutischen Industrie ist in zweierlei Hinsicht hervorzuheben. China ist der zweitgrösste Endmarkt der Welt nach den USA und wächst schnell. Ausserdem ist China eine Quelle für weltweit relevante Innovationen. Die Regulierungsbehörden haben vor diesem Hintergrund einige der technischen Standards geändert, um sie stärker an Europa und die USA anzugleichen. Die Regierung zeigt ausserdem, dass sie bereit ist, für Innovationen zu zahlen. Das ist das Zuckerbrot für die Unternehmen, damit sie weiter investieren. Seit 2015 haben die chinesischen Behörden eine Politik vorangetrieben, die einheimische Unternehmen ermutigt und Anreize schafft, mit den globalen Unternehmen zu konkurrieren.

  • Zellen und Gene als Arzneimittel
    In der Geschichte der Medizin habe es bislang zwei entscheidende Entwicklungen gegeben. Etwa 200 Jahre lang erfolgte die Behandlung durch Chemikalien, die wir auf reproduzierbare Weise herstellen konnten. Dann, in den 1970er Jahren, lernten wir, wie man Proteine zuverlässig in einer Fabrik herstellt, anstatt zum Beispiel Insulin aus Kühen zu extrahieren, um es als Medikament zu verwenden. Das ist die Ära der Biologika gewesen. Die nächste grosse Phase ist nun die Nutzung von Zellen und Genen als Arzneimittel, auch wenn dieser Prozess noch am Anfang steht. Dies birgt die Aussicht auf die funktionelle Heilung von Krankheiten, die wir mit Chemikalien oder Proteinen kaum behandeln können und auf eine einmalige Behandlung anstelle einer chronischen Therapie für den Rest des Lebens eines Patienten. In den USA befinden sich mehr als 360 solcher Therapien für eine Reihe von Krankheiten in der Entwicklung. Es existiert darüber hinaus auch ein grosser Pool in Frage kommender Patienten, die diese Therapien technisch gesehen erhalten könnten.
  • Nutzung des menschlichen Immunsystems zur Behandlung von Krankheiten
    Wir fangen gerade erst an, an der Oberfläche zu kratzen und herauszufinden, wie wir das menschliche Immunsystem für die Behandlung von Krankheiten nutzen können. In der Onkologie ist dieses Konzept bereits erfolgreich. Die Idee, das Immunsystem besser zu verstehen und es zu nutzen, um bei anderen Krankheiten einzugreifen, hat stark an Dynamik gewonnen. Die Immun-Onkologie, die Erforschung und Entwicklung von Krebsbehandlungen, die sich das körpereigene Immunsystem zunutze machen, ist einer dieser Bereiche.
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