Roy Bernheim: «Mit der Tokenisierung wird die komplett illiquide Assetklasse der Early Stage Startup-Unternehmen handelbar.»

Das DirectByConsumer-Unternehmen «TBô» wurde im Jahr 2017 von Roy Bernheim and Allan Perrottet gegründet. Anders als im traditionellen Direct-To-Consumer Geschäft kaufen die Kunden nicht einfach ab Stange, was ihnen angeboten wird – die Hersteller fertigen ausschliesslich, was die Käufer wünschen und produzieren entlang der Präferenzen, die ihnen die Community zuspielt. TBô ist weltweit das erste Unternehmen mit diesem Geschäftsmodell und einer eigens entwickelten Community-Software. So weit, so gut. Was uns aber wirklich neugierig gemacht hat, ist der Umstand, dass das Schweizer Startup-Unternehmen den Erwerb von Unternehmensanteilen im September 2021 direkt über die eigene Website lanciert hat – und das offenbar mit grossem Erfolg. Dahinter steckt die Tokenisierung von Aktien, die in digitale Security Tokens aufgesplittet und dann via Blockchain erworben werden können. Wir haben bei einem der beiden Firmengründer nachgefragt.

Roy Bernheim, wie sind Sie auf die Idee gekommen, Unternehmensanteile über die Blockchain zu veräussern?

Roy Bernheim: Wir verstehen uns als «The Consumer Empowerment Company». Seit 2017 arbeiten wir obsessiv am Empowerment unserer Kunden. Wir haben uns dabei immer von unserer Community anleiten lassen – jetzt bieten wir ihnen eine neue Möglichkeit, Teil des Unternehmens zu werden. Im Vordergrund steht ein ausgeprägter Convenience-Ansatz, aber auch die Möglichkeit, bereits mit einer kleinen Summen Miteigentümer unseres Unternehmens zu werden und das mit einem Minimum an administrativem Aufwand. Dazu kommt, dass wir unseres Wissens eines der ersten Schweizer Startup-Unternehmen sind, dass den Erwerb von digitalen Unternehmensaktien über die Website ermöglicht. Diese Vorreiterrolle hat uns zusätzlich inspiriert.

Offenbar konnten Sie innerhalb von 48 Stunden Unternehmensanteile im Umfang von 500'000 Franken veräussern. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?

Obwohl unser Hauptabsatzmarkt die USA ist, haben wir die Tokenisierung von Aktien – sozusagen als Pilotversuch – zuerst einmal nur in der Schweiz lanciert. Und wie sich gezeigt hat, scheint der Convenience-Ansatz zu greifen.
Hinter diesem Erfolg steckt aber sicherlich auch die grundsätzliche Bereitschaft lokaler Investoren, Blockchain-basierte Lösungen und Angebote wohlwollend zu prüfen und auszutesten.

Von einem technologischen Abenteuer würde ich nicht sprechen, schliesslich ist die Blockchain-Technologie inzwischen bestens etabliert und in der Schweiz besonders gut reguliert, auch wenn sie immer noch mehrheitlich mit Kryptowährungen assoziiert wird.

Roy Bernheim, Co-Founder TBô

Wie genau muss sich ein Laie die Technologie, die hinter dieser Strategie steht, vorstellen? Wo lauern allfällige Risiken für Sie als Unternehmer, aber auch für die Aktionäre, die sich auf dieses technologische Abenteuer einlassen?

Von einem technologischen Abenteuer würde ich nicht sprechen, schliesslich ist die Blockchain-Technologie inzwischen bestens etabliert und in der Schweiz besonders gut reguliert, auch wenn sie immer noch mehrheitlich mit Kryptowährungen assoziiert wird. Wichtig ist, dass tokenisierte Aktien – so wie wir sie anbieten – konventionellen Wertpapieren gleichgestellt sind. Die Aktionäre verfügen also über identische Rechte, welche beim Zeichnen über einen öffentlich einsehbaren Aktionärsbindungsvertrags geregelt sind.

Wie können die Inhaber der entsprechenden Security Tokens, also ihre Aktionäre, die erworbenen Unternehmensanteile im Bedarfsfall wieder veräussern? Wie garantieren sie verkaufswilligen Aktionären einen intakten «Markt» für die tokenisierten Wertpapiere Ihres Unternehmens? Welche regulatorischen Auflagen müssen Sie hierfür erfüllen?

Eine Verkaufsgarantie für tokenisierte Unternehmensanteile gibt es nicht. Mit der Tokenisierung verfolgen wir das Ziel, die komplett illiquide Assetklasse der Early Stage Startup-Unternehmen liquid und handelbar zu machen. Hierfür haben wir einen Liquiditätspool aus Firmenmitteln eingerichtet, der den virtuellen Handel in begrenztem Umfang erlaubt, um unseren «digitalen» Aktionären die Möglichkeit zu schaffen, ihre tokenisierten Unternehmensanteile zu handeln, sprich im Bedarfsfall zu verkaufen. In Bezug auf die regulatorischen Auflagen haben wir uns von Juristen und Steueranwälten eng begleiten lassen. Das ist nicht unsere Kernkompetenz.


Immer wieder machen Gerüchte über Kursmanipulationen von Kryptowährungen, die ebenfalls über die Blockchain gehandelt werden, die Runde. Schreckt dies potenzielle Investoren nicht ab? Was entgegnen Sie Skeptikern Ihrer Strategie?

Wer der Blockchain-Technologie misstraut, kann Aktien unseres Unternehmens selbstverständlich nach wie vor auch auf konventionellem Weg erwerben, das war uns immer wichtig. Es geht uns in keinster Weise darum, unser Aktionariat komplett in die Blockchain zu überführen. Wir sind aber überzeugt davon, dass die Tokenisierung von Aktien dem Zeitgeist entspricht, zumal auch Banken auf diesen Zug aufspringen und den Geschäftsbereich «Digital Assets» entdecken. Das wir hier als Schweizer Startup-Unternehmen eine Vorreiterrolle einnehmen, macht uns auch ein wenig stolz.

Letze Frage: Wie geht es jetzt weiter? Planen Sie eine weitere Finanzierungsrunde über die Blockchain?

Wir generieren durch den Verkauf unserer tokenisierten Aktien über unsere Webseite fortlaufend weiteres Wachstumskapital. So können wir stetig unseren Umsatz sowie auch unsere eigens entwickelte Community-Software schneller weiterentwickeln. Komplementär sind wir in Gesprächen mit grösseren Investoren auf dem traditionellen Weg.