Die FINMA hält sich im Fall von Boris Collardi bedeckt

Vor rund zwei Wochen wurde bekannt, dass Boris Collardi nach einem kurzen Gastspiel als Teilhaber der Genfer Privatbank Pictet neu bei der EFG International als Grossaktionär einsteigt. Aufgrund seiner substanziellen Beteiligung – die Rede ist von umgerechnet rund 80 Millionen Schweizer Franken – ist offenbar auch ein Sitz im Verwaltungsrat der Privatbank, die von Chairman Peter Fanconi präsidiert wird, vorgesehen. Pikant an der Sache ist der Umstand, dass Boris Collardi in einem aufsichtsrechtlichen Verfahren von der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA im Januar 2021 schriftlich gerügt wurde. Hintergrund der damaligen Rüge waren Compliance-Versäumnisse der Zürcher Privatbank Julius Bär, deren CEO Boris Collardi vor seinem Wechsel zu Pictet war.

Erfolg macht Neider, wobei Erfolg jeder anders definiert und letztlich wohl immer auch eine Frage des eigenen Standpunktes ist. Vor diesem Hintergrund dürfte die Kritik der helvetischen Financial Community an Boris Collardi aufgrund seiner expansiven – und on the long run fragwürdigen – Vorwärtsstrategie, folgenlos an selbigem abperlen. Dennoch ist seine geplante Einsitznahme im Verwaltungsrat von EFG International nicht ganz ohne, und man möchte meinen, dass die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA im vorliegenden Fall vielleicht etwas genauer hinschaut. Tut sie möglicherweise auch, sie lässt sich dabei allerding nicht in die Karten blicken. So lässt Mediensprecher Mathys Vinzenz auf die Frage, ob Vorbehalte seitens des Regulators gegen die Übernahme des geplanten Verwaltungsratsmandats von Boris Collardi bei der Privatbank EFG International bestehen, folgendes verlauten: «Die FINMA äussert sich grundsätzlich nicht zu konkreten Personalentscheiden bei Beaufsichtigten oder Einzelheiten aus ihrer Aufsichtstätigkeit.» Und auch auf die Frage, ob angesichts der Vielfalt und der Schwere der Vorwürfe im damaligen Julius-Bär-Untersuchungsverfahren allenfalls Einschränkungen bei der aufsichtsrechtlichen Gutheissung des Mandats denkbar sind, verzichtet der Mediensprecher auf eine konkrete Antwort. «Generell, losgelöst von einem Einzelfall», verweist die FINMA auf die folgenden Punkte:

  • Grundsätzlich obliegt es der Gesellschaft, für die Leitung der Bank geeignete Kandidatinnen oder Kandidaten zu bestimmen.
  • Die Mitglieder der Leitungsorgane sämtlicher Banken haben Gewähr für einwandfreie Geschäftstätigkeit zu bieten.
  • Für die FINMA ist zentral, dass die Leitungsgremien (Verwaltungsrat/Bankrat, Geschäftsleitung) als Gesamtorgane ihre Rollen als oberste Führungs- bzw. Kontrollinstanz innerhalb der Bank ausfüllen können.
  • Aus Aufsichtsperspektive ist wichtig, dass die Leitungsgremien gesamthaft breit genug aufgestellt sind, so dass Bank- und Finanzexpertise in genügendem Mass vertreten sind. Diese Grundzüge für die Beurteilung von Leitungsgremien gelten für alle Institute. Die spezifischen Anforderungen (Anzahl Mitglieder, Zusammensetzung, Qualifikationen, Erfahrungen) richten sich dabei nach der konkreten Geschäftsausrichtung und der Komplexität der Bank.
  • Wechsel in den Leitungsgremien sind von der FINMA zu bewilligen. Es gehört daher zur normalen und üblichen Aufsichtstätigkeit, dass solche Wechsel im Rahmen des Aufsichtsdialogs thematisiert werden.

Immerhin der letzte Punk lässt hoffen, dass der Regulator im Rahmen des vorgesehenen «Aufsichtsdialogs» die richtigen Fragen stellt. Ob er allerdings auch die richtigen Schlüsse zieht, wird sich weisen.

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