UBS lockt Schweizer Anleger in Kredite

Für die UBS setzen Schweizer Anleger in ihrer Finanzplanung zu selten Kredite ein. Das will sie nun ändern. Ihr jüngster «House View» zeugt davon.

Man kann es natürlich machen wie der deutsche Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der seine Ersparnisse allein in zwei ETF auf den deutschen Aktienindex DAX und den MSCI World mit Aktien rund um die Welt investiert. Oder wie EZB-Chefin Christine Lagarde, die neben zwei Dividendenfonds Anteile an zwei nicht börsennotierten Immobilienunternehmen hält. Unterstellt werden darf, dass sie hierzu nicht kurzfristig benötigte Finanzen verwenden. Wertpapierkäufe auf Kredit? Das kommt für beide Notenbanker wohl kaum in Frage. Die Schweizer Grossbank UBS sieht das für ihre vermögende Kundschaft offenbar anders. In ihrem jüngsten «House View» findet der angesprochene finanzstarke Anleger einen Artikel mit dem Titel «Wie Fremdmittel Ihnen helfen können, Ihre Ziele zu erreichen. Die Vorteile und Risiken von Kreditaufnahmen im Rahmen einer langfristigen Vermögensplanung». Dies kommt überraschend angesichts hoher, manche sagen schwindelerregender Börsenkurse und hoher Barguthaben vieler UBS Wealth Management Kunden.

Kredite in der Rubrik «Anlageideen»
Der Beitrag in der August-Ausgabe des UBS House View speziell für Anleger in der Schweiz ist kein Ausnahmefall. Schon am 12. April hatte die Grossbank mehrere hauseigene Expertisen zu diesem Thema publiziert – allerdings auf Englisch und nicht in einer ihrer Broschüren. Jetzt also sind die heimischen Investoren dran; der Artikel steht bewusst in der Rubrik «Anlageideen». Was steckt dahinter? Man meint, hinter dem Kredit-Marketing die Handschrift der Wealth-Management-Chefs in der UBS, Iqbal Khan und Tom Naratil, zu erkennen. Im Drang nach besseren Gewinnmargen für die Bank hatte Khan schon bei seinem früheren Arbeitgeber Credit Suisse die Kreditvergabe zur Vermögensanlage seitens betuchter Kunden forciert. Inzwischen legt auch die UBS ein hohes Tempo vor; gut ein Fünftel mehr Kredite und in den USA sogar 30 Prozent mehr waren es im zweiten Quartal gegenüber der Vorjahreszeit.

Kredite, für welche die Schuldner am Ende Vermögenswerte verkaufen müssten, um die Rückzahlung sicherzustellen, sind so gut wie nie eine gute Idee.

UBS

Auf Anfrage entgegnet die Bank, die Strategie sei schon 2018 angekündigt worden. Ausserdem habe die UBS bis heute Nachholbedarf in Krediten für Anlagezwecke. In dem Artikel schreiben die Autoren: «Strategien, die mit der Aufnahme von Krediten verbunden sind, können wohlhabenderen Anlegern Zugang zu Kapital bieten, die Diversifikation verbessern und höhere Renditen ermöglichen», zumal die Corona-Pandemie die Leitzinsen auf einem niedrigen Niveau «verankert» habe. Die Folge: «Dadurch ist es vorteilhafter geworden, Kredite aufzunehmen, als hohe liquide Mittel zu halten oder potenziell renditestarke Vermögenswerte zu verkaufen.» Der Wealth-Management-Artikel wendet sich insbesondere an schon stark investierte Anleger und behandelt ausführlich die Kosten und Risiken von Kreditaufnahmen. Insbesondere seien Kredite, für welche die Schuldner am Ende Vermögenswerte verkaufen müssten, um die Rückzahlung sicherzustellen, «so gut wie nie eine gute Idee». Doch alles in allem würden Investoren die Vorteile von Kreditaufnahmen unter den geltenden makroökonomischen Bedingungen «häufig übersehen». Klar ist: Die angesprochenen Lombardkredite, bei denen die Antragsteller leicht verwertbare Sicherheiten wie Wertpapiere und Bankguthaben stellen müssen, sind nur betuchten Kunden der UBS im Millionenbereich zugänglich. In der Regel müssen sie für den Kredit sehr liquide und diversifizierte Wertpapierportfolios an die Bank verpfänden. Ein stark konzentriertes Pfand, wie etwa bei sogenannten Single Stock Loans, wird erst von Antragstellern mit mehreren Millionen Franken akzeptiert, schreibt die UBS ergänzend auf Anfrage.

«Risikobereite Haltung»
Man fragt sich, wie gross das Kundenpotential in der Schweiz für Kredit-Komponenten in der Vermögensanlage ist. Offenbar zielt die Strategie der UBS darauf, die hierzulande eher konservativen Anleger zu mehr Risiko à la Amerika zu bewegen. Wie gut dies gelingt, hängt nicht zuletzt von der Einschätzung zur Entwicklung der Finanzmärkte insbesondere bei Aktien ab. Hier gehen die Meinungen immer mehr auseinander. Hierzulande hat der Vermögensverwalter Bantleon angekündigt, die Aktienquoten in den kommenden Monaten zu vermindern. Die Wettbewerber von TwentyFour Asset Management, einer Tochtergesellschaft von Vontob el, orten eine womöglich übertriebene Euphorie im Markt. Für die Credit Suisse verkündet Chefökonom Claude Maurer: «Wir halten eine Übergewichtung von Aktien für verfrüht und empfehlen, mit dem Einsatz von überschüssigen liquiden Mitteln zu warten, bis sich taktisch bessere Gelegenheiten ergeben.» Bei der UBS tönt es etwas anders. Wenig überraschend rät sie, die Portfolios regelmässig auf übermässige Risiken zu überprüfen. Indes bleibt Chief Investment Officer Mark Haefele bei seiner «risikobereiten Haltung» und positioniert sich für eine Wiedereröffnung und Erholung der Wirtschaft rund um die Welt. Jens Weidmann und Christine Lagarde wird das wenig beeindrucken.

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