Fünf wichtige Trends im Bereich nachhaltige Investitionen

Nachhaltigkeit war für Unternehmen und Investoren noch nie so wichtig wie heute. Fünf Trends, die den Diskurs über nachhaltige Investitionen unserer Ansicht nach im nächsten Jahr dominieren werden.

Von Klimazusagen zur Umsetzung: Angesichts der mangelnden Fortschritte bei der globalen Emissionsreduzierung wird sich der Fokus in der Klimadebatte von langfristigen Zielen auf die Umsetzung und die Konzentration auf Innovation und technologische Lösungen verlagern. Der Krieg in der Ukraine hat die Schwächen der Energiesysteme und ihre Anfälligkeit für geopolitische Risiken verdeutlicht. Infolgedessen werden skalierbare Technologien, die die Energiewende unterstützen können, in den Vordergrund rücken, und das Wachstum der erneuerbaren Energien wird die Erwartungen weiterhin übertreffen. Der Eifer bei der Verpflichtung zu langfristigen Emissionsreduktionszielen wird sich etwas legen. Stattdessen werden, wenn mehr Klarheit über die Umsetzung der gesetzten Ziele besteht, die Festlegung expliziter Regeln durch Regulierungsbehörden und eine stärkere Fokussierung der Konsumenten auf emissionsärmere Produkte und Dienstleistungen an Bedeutung gewinnen. Die massiven Steueranreize im Rahmen des Inflation Reduction Act werden die Einführung sauberer Technologien in den USA beschleunigen. Darüber hinaus ist mit weiteren Vorschriften und Massnahmen von Zentralbanken und Regulierungsbehörden in der Europäischen Union zu rechnen, etwa der EU-Mechanismus zur Anpassung der Kohlenstoffgrenzwerte (CBAM).

  • Warum dies für Anleger wichtig ist: Es wird eine Verlagerung der Erwartungen von lang- und mittelfristigen «sprechenden» Kennzahlen wie wissenschaftlich fundierten Dekarbonisierungszielen hin zu einer Konzentration auf Kapital- und Betriebsausgaben geben, die die Erreichung dieser Ziele ermöglichen. Viele grüne Technologien stehen noch am Beginn ihrer Entwicklung und sind unerprobt. Finanzielle Anreize für Unternehmen können als Katalysator für Investitionen in kohlenstoffintensiven Sektoren wie Zement, Stahl, Luftfahrt, Schifffahrt und Lebensmittel wirken. Die daraus folgenden Innovationen im Bereich der Klimatechnologien bieten Chancen für Anleger, die ihr Portfolio auf die Energiewende ausrichten wollen.

Long Tech und Short Oil reichen nicht mehr aus: In der Zeit nach der Finanzkrise, als das billige Geld die Kurse von Wachstumswerten beflügelte, war es leicht, nachhaltig zu erscheinen. So wurde ein Portfolio mit Long-Positionen im Technologiesektor und Short-Positionen im Energiesektor zur Patentlösung für Anleger mit Nachhaltigkeitsfokus, da es zum einen geringe Werte bei leicht messbaren negativen externen Effekten wie CO2-Emissionen aufwies und zum anderen ein positives Engagement in Spitzentechnologie bot, die das Leben der Menschen verbesserte. Dieser oberflächliche Ansatz dürfte angesichts der höheren Erwartungen der Investoren, regulatorischer Vorschriften und des veränderten Marktumfelds in Zukunft nicht mehr funktionieren.

  • Warum dies für Anleger wichtig ist: Portfolios, die als nachhaltig beworben werden, sollen klar aufzeigen, welche Kundenorientierung, welchen Zusatznutzen und welche Ergebnisse sie liefern und inwieweit ESG-Faktoren aus finanzieller und nicht-finanzieller Sicht berücksichtigt werden. Die Notwendigkeit, positive Ergebnisse des Engagements nachzuweisen, wird zu einer grundlegenden Anforderung wird - anstelle eines «nice to have».

Sich ändernde Erwartungen an treuhänderische Pflichten und Wesentlichkeitsanalyse: Die treuhänderischen Pflichten verschieben sich zunehmend vom Aktionärsvermögen zum Aktionärswohl. Gleichzeitig gewinnt der Stakeholder-Kapitalismus immer mehr an Bedeutung. Das bedeutet, dass die Kapitalanleger von den Vermögensverwaltern zunehmend die Berücksichtigung des Konzepts der doppelten Wesentlichkeit fordern. Sowohl die Auswirkungen von Umwelt- und Sozialaspekten auf die Leistung eines Unternehmens als auch die Auswirkungen des Unternehmens auf die Umwelt und die Gesellschaft sind als wesentlich anzusehen.

  • Warum dies für Anleger wichtig ist: Kunden und Aufsichtsbehörden sprechen über ESG-Themen, die für die Bewertung eines Unternehmens kurzfristig weniger relevant erscheinen, aber für die langfristige Entscheidungsfindung von Vermögenseigentümern wesentlich sind.

ESG-Anlagen wurden in den USA von beiden politischen Lagern attackiert. Die Rechten sehen ESG-Anlagen als politische Verschwörung, die die Märkte verzerrt und in gefährlicher Weise Finanzmittel aus wichtigen Branchen wie Energie und Verteidigung abzieht. Für die Linke sind ESG-Anlagen die neueste Erfindung der Wall Street, um durch Greenwashing höhere Gebühren zu erzielen.

Lloyd McAllister, Head of Sustainable Investment, Carmignac

Politisierung von ESG-Anlagen: ESG-Anlagen wurden in den USA von beiden politischen Lagern attackiert. Die Rechten sehen ESG-Anlagen als politische Verschwörung, die die Märkte verzerrt und in gefährlicher Weise Finanzmittel aus wichtigen Branchen wie Energie und Verteidigung abzieht. Für die Linke sind ESG-Anlagen die neueste Erfindung der Wall Street, um durch Greenwashing höhere Gebühren zu erzielen. Auch wenn die Argumente oft falsch, zu stark vereinfachend oder zu kurz gegriffen sind: In dem Masse, in dem ESG-Anlagen zunehmend zum Mainstream werden, wird die Kritik daran zu qualitativ besseren Ansätzen und Transparenz führen – dies ist positiv anzusehen. Auch wenn ESG-Anlagen in den politischen Debatten oft falsch dargestellt werden, bleiben diese Argumente eine Quelle des Nachrichtenflusses, was zu Verwirrung bei Anlegern führen wird, weshalb die Vermögensverwalter ihre Anlagephilosophie und ihren Ansatz klar darlegen müssen.

  • Warum dies für Anleger wichtig ist: Es ist zu hoffen, dass sich zunehmend die Erkenntnis durchsetzt, dass einzelne Vermögensverwalter oder Gruppen von Vermögensverwaltern zwar in gewissem Umfang, aber nicht unbegrenzt in der Lage sind, systemweite ESG-Ziele zu erreichen, und dass die Regulierungsbehörden aktiv werden müssen.

Renaissance der Wachstumskritik: Die beiden vorherrschenden Wirtschaftstheorien zur Nachhaltigkeit konzentrieren sich entweder auf De-Growth (Postwachstum) oder grünes Wachstum. Die Anhänger des grünen Wachstums gehen davon aus, dass es möglich ist, traditionelle Kennzahlen wie das BIP zu steigern und gleichzeitig eine akzeptable globale Umweltverschmutzung und einen akzeptablen Lebensstandard zu erreichen. De-Growth geht davon aus, dass der Ressourcenverbrauch sinken muss, damit die Gesellschaft innerhalb einer ökologischen Obergrenze leben kann. Im Laufe des Jahres 2022 gewann das De-Growth-Konzept aufgrund der vermeintlichen Unwirksamkeit des grünen Wachstums an Bedeutung. Die globale Umweltverschmutzung wird nicht abnehmen. Und solange sie das nicht tut, wird die Wachstumskritik in der öffentlichen Debatte und in der Regierungspolitik aller Voraussicht nach an Bedeutung gewinnen. Unternehmen, die mit «übermässigem Konsum» – etwa Fast Fashion oder Einwegplastik – in Verbindung gebracht werden, sollten mit verstärktem Gegenwind von Regulierungsbehörden, Verbrauchern und Kunden rechnen.

  • Warum dies für Anleger wichtig ist: Bisher haben sich die Regierungen auf die Quantifizierung der Emissionen von Unternehmen konzentriert. Eine zunehmend wachstumskritische Haltung könnte jedoch zu einem interventionistischeren Ansatz führen. Dies könnte wiederum erhebliche Auswirkungen auf die langfristigen finanziellen Aussichten der besonders im Fokus stehenden Sektoren haben.
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