Sorgenfalten an den Kapitalmärkten

Die Anleger-Gemeinde ist unruhig. Und sie hat guten Grund dazu. Drei Themen beschäftigen die Kapitalmärkte derzeit besonders.

Lage im Nahen Osten spitzt sich zu
Die Ausweitung der Kämpfe auf den Libanon und der verschärfte Schlagabtausch mit dem Iran vergrössern die Gefahr eines umfassenden Konflikts im Nahen Osten. Der wunde Punkt der Weltwirtschaft ist die Strasse von Hormus. Das ist die 55 Kilometer breite Meerenge, die den Persischen Golf mit dem Indischen Ozean verbindet. Eine längere Blockade der Durchfahrt könnte zu Störungen der Energieversorgung und massiven Preissteigerung führen und hätte vermutlich gravierende Folgen für die Weltwirtschaft. Die jüngste Zuspitzung des Konflikts im Libanon und zwischen Iran und Israel spiegelt sich in den Ölpreisen.

Eine längere Blockade der Strasse von Hormus könnte zu Störungen der Energieversorgung und massiven Preissteigerung führen und hätte vermutlich gravierende Folgen für die Weltwirtschaft.

Jan Viebig, Chief Investment Officer, ODDO BHF SE

Peking startet neue Wachstumsinitiative
Die Regierung in Peking reagiert entschlossen auf die zunehmenden wirtschaftlichen Probleme in China. Mit einem mehrere Milliarden US-Dollar schweren Hilfspaket will die Zentralregierung nun auf die hohe Verschuldung der lokalen Regierungen und die Verwerfungen am Immobilienmarkt reagieren. Im Kampf gegen die Immobilienkrise hat die Zentralbank von China zudem ihre Geldpolitik gelockert und die Zinssätze auf Immobilienkredite gesenkt. Im Unterschied zu vorangegangenen Initiativen scheint das neue Massnahmenpaket der Regierung in Peking besser dimensioniert und konsequenter. Die Schwachstellen der Wirtschaft sind struktureller Natur und lassen sich mit Geld nicht einfach übertünchen. Offiziellen Zahlen zufolge lag die chinesische Staatsverschuldung Ende 2023 bei 71 Billionen Renminbi (RMB). Trotz der offenkundigen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, mit denen China derzeit zu kämpfen hat, hält die Regierung unvermindert an ihrem Wachstumsziel von 5 Prozent in diesem Jahr fest. Erstmals seit langem scheint die Zentralregierung entschlossen, gegen die Krisensymptome im Land vorgehen zu wollen. Für chinesische Aktien spricht, dass die Bewertungen der gelisteten Unternehmen stark zurückgegangen sind. Allerdings bieten die bisher beschlossenen Massnahmen noch keine nachhaltige Lösung für die strukturellen Probleme, mit denen China zu kämpfen hat.

Die Rezession findet vorerst nicht statt
Ungeachtet der zahlreichen Konflikte, die die Welt in Atem halten, entwickelt sich die amerikanische Wirtschaft erstaunlich robust. Bislang lassen die aktuellen Daten noch immer eine robuste Dynamik erkennen. Ende des Monats wird die genaue Zahl für das Wirtschaftswachstum im dritten Quartal 2024 erwartet. Die exakte Wachstumsrate könnte leicht über oder auch leicht unter der Zwei liegen. Das wäre in jedem Fall deutlich mehr als beispielsweise in Deutschland, wo mittlerweile auch die Bundesregierung einräumt, dass die Wachstumsrate in diesem Jahr unter die Nulllinie fallen könnte. Die nach wie vor solide Konjunktur in den USA schlägt sich auch positiv auf dem Arbeitsmarkt nieder: Die Arbeitslosenquote ist im September zudem leicht auf 4,1 Prozent gefallen. Der Rückgang der Inflation eröffnet der amerikanischen Notenbank Fed zudem Spielraum für eine weitere Lockerung der Geldpolitik. US-Aktien haben in diesem Jahr zum Teil schon überraschend hohe Kursgewinne verzeichnet. Dennoch bietet der Markt nach wie vor interessante Titel mit einer angemessenen Bewertung.

Hauptbildnachweis: Freepiik