Alle Augen sind auf die Zinsen gerichtet – 1 von 3

Wie entwickelt sich die Zinslandschaft? Was sind die Treiber an den Aktien- und Anleihemärkten? Wie sieht es bei anderen Anlageklassen aus? Mit einer allgemeinen Lagebeurteilung leiten wir eine dreiteilige Serie ein. Das Szenario: Die Finanzmärkte bereiten sich auf die Zinswende vor.

Die Finanzmärkte werden derzeit von zwei Ungewissheiten beeinflusst. Die Inflation verharrt vielerorts auf hohen Zuwachsraten. Bis zum Sommer dürfte sich diese Situation nicht entspannen. Damit verbunden sind Sorgen der Anleger um die Zinsentwicklung. Wie dynamisch diese sein kann, zeigt sich am Beispiel der USA. Noch im Dezember 2021 ging die Mehrheit der Marktteilnehmer davon aus, dass die US-Notenbank Fed in diesem Jahr den Leitzins dreimal erhöhen werde. Inzwischen rechnen die Finanzmärkte bereits mit vier bis fünf Zinsschritten. Die Zinswende nimmt derzeit weltweit Fahrt auf. Die Bank of England hat Anfang Februar bereits zum zweiten Mal in Folge ihren Leitzins erhöht, und zwar um 25 Basispunkte auf nun 0,5 Prozent. Die Währungshüter schliessen nicht aus, dass der nächste Schritt bereits im März erfolgt. Zurückhaltend zeigt sich bislang einzig die Europäische Zentralbank (EZB). Sie lässt zwar im März ihr Pandemie-Notfallankaufprogramm für Anleihen auslaufen. Andere Schritte wurden aber bislang nicht in Betracht gezogen. Allerdings ist nicht auszuschliessen, dass auch die EZB sich für eine schnellere Normalisierung als ursprünglich geplant öffnet. Zuletzt hatte EZB-Präsidentin Christine Lagarde ihre Aussage vom Dezember nicht mehr wiederholen wollen, dass eine Zinserhöhung im Jahr 2022 sehr unwahrscheinlich sei. Auch in Europa setzt sich verstärkt eine Besorgnis um die anhaltend hohe Inflation durch. Im Januar wurde in der Eurozone ein Preisanstieg von 5,1 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat verzeichnet. Das entspricht einem Rekordhoch. Ökonomen hatten mit einem leichten Rückgang gerechnet.

Der Arbeitsmarkt floriert und das Wirtschaftswachstum dürfte sowohl in diesem wie auch im nächsten Jahr über dem langjährigen Durchschnitt liegen. Spätestens gegen den Sommer hin dürften sich auch die Inflationsraten entspannen, weil dann der Basiseffekt der Öl- und Energiepreise schwindet.

Rolf Biland, Chief Investment Officer, VZ VermögensZentrum

Treiber der Inflation bleiben weiterhin die hohen Energiepreise. Zuletzt sind die Preise für Rohöl weiter gestiegen. Die Notierungen für ein Fass der Ölsorten WTI und Brent liegen deutlich über der 90-Dollar-Marke. Der Produktionsverbund OPEC+ hatte zuletzt ausgeschlossen, den Ölhahn weiter als geplant zu öffnen. Zuletzt hatte die OPEC+ nur bestätigt, die Ausweitung der Tagesfördermenge um 400'000 Barrel wie in den letzten Monaten auch im März fortzusetzen. Die Finanzmärkte haben Mühe, sich in diesem an vielen Fronten unberechenbaren Umfeld zurechtzufinden. Das erklärt die anhaltende Richtungslosigkeit der Märkte in den vergangenen Wochen. Auf Kursverluste im Januar erfolgten Anfang Februar Erholungsbewegungen. Trotz vorherrschenden Unsicherheiten bleibt das Fundament für eine positive Börsenentwicklung bestehen.

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