Kreditrisiken am Horizont– Defensive ist jetzt angesagt

Die Märkte wirken stabil, doch der Schein trügt: Steigende Zinsen, hartnäckige Inflation und erste Risse im Kreditgefüge mahnen zur Vorsicht. Es drohen Neubewertungen am Kreditmarkt, jetzt ist Qualität gefragt.

In einem aktuellen Umfeld makroökonomischer Unsicherheit und hartnäckiger als erwarteter Inflation nehmen wir eine vorsichtigere Haltung in unserem Engagement im Bereich festverzinslicher Anlagen ein. Während wir im vergangenen Jahr von unserem Engagement im High-Yield-Segment profitiert haben, sind wir nun der Ansicht, dass das Verhältnis von Risiko und Ertrag ein signifikantes Engagement in dieser niedrigeren Bonitätsklasse nicht mehr rechtfertigt. Stattdessen bevorzugen wir qualitativ hochwertigere Anleihen, die mehr Widerstandsfähigkeit und eine angemessenere Risiko-Ertrags-Relation bieten.

Immer mehr Marktteilnehmer warnen davor, dass Kreditprobleme wieder in den Vordergrund treten könnten.

Chiara Gay, Portfolio Managerin, Rothschild & Co

Das jüngste Marktverhalten, wie es im April zu beobachten war, hat zugrunde liegende Fragilitäten offenbart. Technische Faktoren wie reduzierte Neuemissionen und starke passive Zuflüsse durch ETFs und ähnliche Fonds haben die Kreditspreads eng gehalten – wir glauben jedoch, dass die Fundamentaldaten inzwischen eine andere Sprache sprechen. Immer mehr Marktteilnehmer warnen davor, dass Kreditprobleme wieder in den Vordergrund treten könnten. Tatsächlich deutet die Kombination makroökonomischer Indikatoren wie hartnäckiger Inflation, anhaltend hoher Zinsen und erste Anzeichen einer Ausweitung der Kreditspreads darauf hin, dass sich die Marktbedingungen für Kreditmärkte zunehmend verschlechtern. Wenn man zusätzlich berücksichtigt, dass die Wirtschaft seit über einem Jahrzehnt keine echte Rezession erlebt hat – abgesehen von der kurzen und untypischen Corona-bedingten Kontraktion – wird unsere Ansicht bestärkt, dass die Märkte Risiken derzeit unterschätzen. Unserer Meinung nach werden verschärfte finanzielle Bedingungen und ein nachlassendes Wachstum zunehmend Druck auf die anfälligeren Bereiche des Kreditmarktes ausüben.

Vorbereitung der Portfolios auf einen Wandel
Dennoch bleiben die Spreads bei Hochzinsanleihen deutlich unter dem Niveau, das typischerweise während einer Rezession zu beobachten ist – selbst nach dem Kursrückgang der letzten zwei Wochen. Der März verzeichnete die schwächste Performance im High-Yield-Bereich seit Monaten, doch die Spreads liegen weiterhin weit unter dem Rezessionsniveau von 600 bis 800 Basispunkten. Angesichts der zunehmenden Unsicherheit haben wir unsere Prognosen für Kreditspreads nach oben revidiert und erwarten eine anhaltendere Neubewertung von Kreditrisiken. Mit steigenden Unternehmensausfällen und unter Druck stehenden Kreditratings – insbesondere in tarifabhängigen Sektoren – halten wir Anleihen geringerer Bonität angesichts zunehmender makroökonomischer Risiken weiterhin für anfällig.

Angesichts der Diskrepanz zwischen Marktpreisen und fundamentalen Risiken sehen wir im Bereich qualitativ hochwertiger Anleihen besseren Wert. Diese Anlagen bieten Stabilität, Liquidität und eine verlässliche Einkommensquelle in einem Umfeld, in dem Absicherung gegen Abwärtsrisiken an Bedeutung gewinnt. In Anbetracht der sich kumulierenden Risiken halten wir einen defensiven Ansatz nicht nur für ratsam, sondern für unerlässlich, um die Widerstandsfähigkeit des Portfolios zu erhalten.

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