Inflation – ein Update

Vor einiger Zeit haben wir bereits über verschiedene globale Inflationstendenzen berichtet. Inzwischen haben die Zentralbanken auf die hoch bleibende Teuerung der Konsumentenpreise reagiert und eine neue geldpolitische Ausrichtung begonnen. Es ist nicht gesagt, dass dies für einen substantiellen Rückgang der Inflation, besonders in den USA, ausreichen wird. In diesem Fall könnte die US-Zentralbank eine aggressivere Reduktion der wirtschaftlichen Nachfrage mit einer restriktiveren Geldpolitik überlegen, die volatilere Finanzmärkte zur Folge hätte. Eine Qualitätsorientierung bei Anlagen bleibt dieses Jahr besonders wichtig.

Seit dem 4. Quartal 2021 hat die Teuerung der Konsumentenpreise gemessen an der Gesamtinflation in vielen Ländern, vor allem aber in den USA, historisch hohe Niveaus erreicht. Allerdings noch nicht Niveaus wie in den 1970er Jahren. Woher stammt diese Inflationsbeschleunigung? Der Haupttreiber für die steigende Inflation sind die teureren Rohstoffe, besonders historisch hohe Energiepreise. Dies steht im Zusammenhang mit einer Nachfrage nach Öl, Gas und Industriemetallen sowie Agrarrohstoffen, die über den Vor-Corona-Niveaus liegt. Diese Nachfrage trifft zudem auf ein zu tiefes Angebot an Rohstoffen, vor allem bei Öl und Gas, akzentuiert durch den russischen Angriff auf die Ukraine und westliche Sanktionen gegen Russland. Zudem sind die aktuellen Reservekapazitäten bei der Rohölproduktion historisch sehr tief aufgrund der zuvor über viele Jahre geringen Investitionen in die Förderung. Dazu kommen im Mehrjahresvergleich sehr tiefe Lagerbestände bei wichtigen Rohstoffen wie Rohöl, Erdgas, Aluminium und Kupfer. Daher werden für Rohstoffe mit Lieferung im nächsten Monat, wie sie für die industrielle Produktion zum Teil benötigt werden, oft höhere Preise bezahlt als für Rohstoffe mit Lieferung von 12 Monaten. In Rohstoffmärkten ist dies historisch selten der Fall und wird «Backwardation» genannt.

Als weiterer Inflationstreiber sind globale Lieferprobleme vor allem in China mit seiner immer noch strengen Corona-Politik, aber auch in anderen asiatischen Ländern zu nennen. Die seit den verschiedenen Corona-Wellen erhöhte Nachfrage nach Konsumgütern erklärt sich mit der in diversen Corona-Phasen kaum möglichen Ausgaben für Dienstleistungen wie Konzerte oder Reisen. So kommen wegen limitierten Produktionsmöglichkeiten steigende Preise bei besonders nachgefragten Gütern wie Tablets, Computer, Smartphones, anderen Elektronikgeräten oder Autos zustande, aber eben nicht nur aus diesen Gründen, sondern auch wegen höheren Rohstoffkosten bei deren Produktion. Die Inflation bei Gütern, die in den letzten Jahrzehnten wegen einem Überangebot meist nach unten gerichtet war, stieg daher in den letzten Monaten im Jahresvergleich deutlich, besonders in den USA. Zusätzlich verteuerten sich die Transportkosten, weil die Frachthäfen stark überlastet waren. Es besteht zwar die Hoffnung, dass sich die Güterinflation mittelfristig etwas reduziert kann. Durchaus denkbar ist aber, dass die Preise von Dienstleistungen wie aktuell im Tourismus bei höherer Nachfrage weiterhin relativ hoch bleiben. Teurere Preise bei Reisen und Sportanlässen können nicht wirklich überraschen. So könnte sich die Inflation in den kommenden Monaten weniger zurückbilden als von den Zentralbanken erhofft oder sogar weiter steigen.

Bei einer noch restriktiveren US-Geldpolitik sind weitere Verwerfungen besonders bei Aktien mit hoher Zinssensitivität möglich.

Gérard Piasko, Chief Investment Officer, Maerki Baumann

In den USA wird die Inflation zudem von steigenden Löhnen, hohen Immobilienpreisen und höheren Mieten angetrieben. Die US-Zentralbank hofft die historisch hohen Konsumentenpreise durch Zinserhöhungen und eine Reduktion der Obligationenkäufe wieder nach unten zu bringen. Dies dürfte aber sehr schwierig sein, denn angesichts der gestiegenen Ersparnisse der Amerikaner (nach all den von der US-Regierung in den letzten Jahren versandten Geldchecks) ist die Konsumnachfrage immer noch hoch. Sollte die amerikanische Notenbank zum Schluss kommen, dass eine aggressivere Reduktion der Nachfrage angebracht wäre, ist mit noch mehr Volatilität an den Finanzmärkten zu rechnen.

Die Finanzmärkte haben begonnen höhere Zinsen und damit Finanzierungskosten einzupreisen. Jüngst zeigte sich jedoch ein gegenläufiger Trend. Bei einer noch restriktiveren US-Geldpolitik durch eine Reduktion der Bilanzsumme der amerikanischen Zentralbank besteht dennoch weiter die Gefahr einer Erhöhung der Zinsen und Anleihensrenditen. Insgesamt könnte es dadurch auch zu einer Erhöhung der Finanzierungskosten für Firmen kommen und zu weiteren Verwerfungen im Aktienmarkt. Gerade beim amerikanischen Nasdaq-Index mit seinem hohen Anteil an Wachstumsaktien mit «langer Duration», sprich Aktien mit hoher Zinssensitivität und relativ teurer Bewertung, wäre dies möglich.

Wir fokussieren daher auf Qualität bei Aktien und Unternehmensanleihen, auf Firmen also, die in Phasen historisch hoher Inflation dank guter Marktstellung und relativer Stabilität der Profitabilität gegenüber steigenden Finanzierungskosten und gegenüber Konjunkturrisiken dank defensiver Ausrichtung weniger sensitiv sind.

Hauptbildnachweis: Pixabay