Fed-Zinsentscheid: Was ist von Jerome Powell am 17. September zu erwarten?
Am kommenden Donnerstag wird die amerikanische Notenbank Fed aller Voraussicht nach ihren Leitzins nach einer längeren Pause und zum ersten Mal in diesem Jahr senken.
Eine Leitzinssenkung ist für sich kein bemerkenswerter Vorgang aber die US-Notenbank steht seit jeher im Fokus der globalen Finanzmärkte. Ihre Glaubwürdigkeit bei der Inflationskontrolle gilt als entscheidender Eckpfeiler für stabile Konjunktur- und Marktbedingungen. Ein Blick zurück zeigt, dass die Fed zwar in den 1970er-Jahren lange zögerte, die Inflation entschieden zu bekämpfen, dies jedoch unter Paul Volcker Anfang der 1980er-Jahre mit massiven Zinserhöhungen nachholte. Seither konnte die Notenbank über mehrere Jahrzehnte hinweg eine bemerkenswert stabile Preisentwicklung sichern. Die Finanzkrise 2008 und die Pandemie führten zwar zu aussergewöhnlichen geldpolitischen Eingriffen, doch letztlich gelang es der Fed, die Inflationserwartungen über weite Strecken verankert zu halten.
Dominik Schmidlin, Leiter Anlagestrategie und Analyse, St.Galler KantonalbankJede Veränderung in der Wahrnehmung der Fed, sei es aufgrund ökonomischer Daten oder politischer Eingriffe, wird unmittelbare Spuren an den Finanzmärkten hinterlassen.
Die Inflationsdynamik hat sich jüngst nach den massiven Preisschüben der Jahre 2021 und 2022 wieder deutlich abgeschwächt. Die Inflation in den USA sinkt seit rund zwei Jahren aber nur noch geringfügig in Richtung der 2%-Zielmarke und nimmt seit Juni dieses Jahres wieder leicht zu. Zudem sind die verhängten Zölle ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor für die zukünftige Preisentwicklung. Aufgrund der erhöhten Inflationsraten in den letzten fünf Jahren liegt das Preisniveau in den USA rund 10% höher, als wenn der ursprüngliche Preispfad hätte beibehalten werden können.
Duales Mandat und politischer Druck
Aufgrund ihres gesetzlichen Mandats muss die Fed nicht nur der Inflation, sondern auch dem Arbeitsmarkt Beachtung schenken. Dort zeigte sich zuletzt eine gewisse Abkühlung. Die Beschäftigungsgewinne fallen im Vergleich zu den Boomjahren nach der Pandemie deutlich geringer aus und wurden vielfach nach unten revidiert. Die Arbeitslosenquote liegt nach wie vor auf einem historisch niedrigen Niveau und die Löhne steigen zwar moderater, jedoch noch immer oberhalb des Vorkrisentrends. Damit befindet sich die Fed in einer heiklen Balance zwischen Preisstabilität und Beschäftigung. Skeptiker befürchten, dass es wie in den 1970er-Jahren zu einem zweiten Inflationsschub kommen könnte, als die Fed nach dem ersten Inflationsschub die Zinsen zu rasch wieder gesenkt hatte. Ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor ist die politische Komponente. Donald Trump hat die Fed bereits während seiner ersten Amtszeit attackiert und seine Attacken jüngst deutlich intensiviert. Diese politischen Druckversuche stellen die institutionelle Unabhängigkeit der Notenbank infrage und damit einen Eckpfeiler der Glaubwürdigkeit in der Inflationsbekämpfung. Die langfristige Stabilität der Inflationserwartungen könnte dadurch stärker in Zweifel gezogen werden. Die Finanzmärkte reagieren bis anhin zwar gelassen, aber sie werden auf eine weitere Politisierung der Fed mit steigenden Risikoaufschlägen reagieren.
US-Aktienmärkte eng verknüft mit Fed-Entscheidungen
Die US-Börsen haben in den vergangenen Jahren vor allem von der Stärke des Technologiesektors profitiert. Diese Technologielastigkeit macht den mittlerweile teuer bewerteten US-Markt anfällig für Zinsbewegungen. Der Grund ist, dass steigende Zinsen die Bewertungsmultiplikatoren wachstumsstarker, aber zinssensitiver Unternehmen besonders stark drücken. Umgekehrt profitieren Technologie-Aktien überdurchschnittlich von einer geldpolitischen Lockerung. Damit ist der US-Aktienmarkt enger als je zuvor mit der Zinspolitik der Fed verknüpft. Für Investoren bedeutet dies: Die Zinsentwicklung in den USA bleibt der dominierende Treiber, insbesondere angesichts der Technologielastigkeit der Indizes. Jede Veränderung in der Wahrnehmung der Fed, sei es aufgrund ökonomischer Daten oder politischer Eingriffe, wird unmittelbare Spuren an den Finanzmärkten hinterlassen.