Wenn die US-Zinsen nach oben drehen, wird Bitcoin wieder abstürzen

Angesichts der spektakulären Kursgewinne für Bitcoin und andere Kryptowährungen im Jahr 2020 und Anfang 2021 erhöhen immer mehr institutionelle Investoren ihre Allokationen in digitale Währungen. Damit scheinen sich die digitalen Assets als eigene Anlageklasse zu etablieren.

Wer einen genaueren Blick auf den Wert von digitalen Währungen und ihren Platz in Anlageportfolios wirft, kommt zu einem ernüchternden Fazit: Trotz der spektakulären jüngsten Performance von Bitcoin dürfte sich bestätigen, dass der wahre Wert in der zugrunde liegenden Technologie – der Blockchain – und nicht im Vermögenswert selbst liegt.

Im Gegensatz zu geläufigen Verweisen auf Bitcoin als «digitales Geld», «digitales Gold» oder «neue Form des Geldes» ist Bitcoin im Grunde genommen nichts anderes ist als «ein auf Dollar lautender, rohstoffähnlicher Vermögenswert», eine hochspekulative Anlageklasse ohne offensichtliche intrinsische, langfristige Vorteile gegenüber anderen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen oder Immobilien. Im Jahr 2020 hat der Bitcoin-Preis von den ausserordentlichen Liquiditätsinjektionen der globalen Zentralbanken als Reaktion auf die Pandemie profitiert. Dieser Tsunami der Geldschöpfung hat sich seit März 2020 erheblich auf US-Dollar-Assets ausgewirkt. Der Bitcoin ist auf dieser Welle mitgeritten.

Institutionelle Investoren, die Bitcoin gekauft haben, müssen sich auf eine Achterbahnfahrt einstellen.

John Greenwood, Chefökonom

Vor dem Hintergrund, dass digitale Währungen einfach zu kaufen, aber nur sehr schwer zu verkaufen sind, rechne ich mit einer sehr grossen Geld-Brief-Spanne, vor allem in einem fallenden Markt. Das gilt umso mehr, als der Markt immer noch relativ illiquide ist – mehr als 90 Prozent des aktuellen Bestands an Bitcoins liegen auf rund zwei Prozent der bestehenden Konten in der Blockchain. Ein wichtiger Test für Bitcoin und andere digitale Währungen wird sein, wie sie auf eine anziehende Verbraucherpreisinflation und höhere Zinsen reagieren. Angesichts des aktuell starken Geld- und Kreditwachstums halte ich ein solches Szenario in absehbarer Zukunft für wahrscheinlich.

Bitcoins haben nicht allein dadurch, dass ihr Angebot begrenzt und endlich ist, einen inneren Wert. Und da der Bitcoin keine mit der Dividenden- oder Ertragsrendite einer Aktie oder dem Coupon einer Anleihe vergleichbare Rendite generiert, sind auch Analysen von Spreadunterschieden unmöglich. Ferner erfüllt Bitcoin auch nicht die drei grundlegenden Merkmale von Geld: eine relative Stabilität als Wertspeicher, Angebotselastizität und eine potenzielle Funktion als Recheneinheit sowie die Möglichkeit, als Tauschmittel verwendet zu werden, um Transaktionen wie Steuerzahlungen oder den Kauf von Vermögenswerten, Waren und Dienstleistungen zu begleichen.

Dass sich Bitcoin nicht wie ein stabiler Wertspeicher verhalte, zeigten die starken Kursausschläge der Kryptowährung mit einer Versiebenfachung im Jahr 2020 und mehreren starken Kurseinbrüchen in der Vergangenheit, zum Beispiel um 80 Prozent von Ende 2017 bis Ende 2018. Zudem existieren potenziell viele digitale Konkurrenten, die den Wert von Bitcoin aushöhlen könnten.

Aus der Makroperspektive betrachtet kann Bitcoin niemals als geeignete Geldmenge für eine Volkswirtschaft fungieren, da der gesamte nominale Bestand durch seinen ursprünglichen Code begrenzt ist und sich der ausstehende Bestand nicht steuern lässt.

John Greenwood

Aus der Makroperspektive betrachtet kann Bitcoin niemals als geeignete Geldmenge für eine Volkswirtschaft fungieren, da der gesamte nominale Bestand an Bitcoin durch seinen ursprünglichen Code begrenzt ist und sich der ausstehende Bestand an Bitcoin nicht steuern lässt. Die Geldmenge muss jedoch elastisch sein, damit Geschäftsbanken und die Zentralbank mehr Geld schaffen können, um Transaktionen zu erleichtern, wenn die Wirtschaft wächst. Umgekehrt muss eine traditionelle Zentralbank in der Lage sein, eine gewisse Disziplin über die Geldmenge auszuüben, indem sie die Kreditkonditionen verschärft oder Mittel aus den Geldmärkten abzieht. Wie bei Gold und Silber gilt auch hier: Wenn Bitcoin als Währung in diesem Sinne dienen sollte, hätte jede starke Aufwertung katastrophale Folgen für die betroffene Wirtschaft.

Ferner stellen wir fest, dass Bitcoin auch die dritte der grundlegenden Eigenschaften von Geld – die Tauschmittelfunktion – noch nicht erfüllt. Paypal und Venmo haben zwar angekündigt, dass Kunden ihre Einkäufe bei Verkäufern der Website mit digitalen Währungen bezahlen können, und Tesla erwägt offenbar, die Zahlung für seine Autos in Bitcoin zu akzeptieren. Ein reguläres, weithin anerkanntes und nahezu sofortiges Zahlungsmittel sind Kryptowährungen aber noch nicht. Ich führe das unter anderem darauf zurück, dass Transaktionen mit digitalen Währungen über die Blockchain langsam, umständlich und teuer sind. In diesem Sinne wird Bitcoin in absehbarer Zeit nicht zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten von konventionellem Geld werden.

Der Digitalisierung von Währungen gehört zwar die Zukunft. Erfolgreich werden diese aber nur als Teil des bestehenden Finanzsystems mit einem stabilen monetären Rahmen sein. Die Gesellschaft wird zwischen zwei potenziellen Architekturen wählen müssen: einem Zahlungssystem mit einer vertrauenswürdigen zentralen Autorität, das heisst, einer Zentralbank, oder einem dezentralen System, ähnlich wie Bitcoin. Für das Überleben der privat ausgegebenen digitalen Währungen ist ihre künftige Regulierung daher absolut entscheidend.

Wir würden den staatlichen Rahmen als wesentliche Voraussetzung für eine funktionierende private Marktwirtschaft gegenüber einem System, das von privaten Akteuren betrieben wird, bevorzugen. So könnten letztere einen Anreiz haben, von einer angemessenen Vermögensabsicherung abzuweichen und in riskantere Vermögenswerte zu investieren, um höhere Renditen zu erzielen. Mein Fazit lautert deshalb: Der Wert der Digitalisierung liegt in der zugrunde liegenden Technologie – der Blockchain – und nicht im Vermögenswert Bitcoin.

Ferner gilt es festzustellen, dass Bitcoin auch die dritte der grundlegenden Eigenschaften von Geld – die Tauschmittelfunktion – noch nicht erfüllt. Paypal und Venmo haben zwar angekündigt, dass Kunden ihre Einkäufe bei Verkäufern der Website mit digitalen Währungen bezahlen können, und Tesla erwägt offenbar, die Zahlung für seine Autos in Bitcoin zu akzeptieren. Ein reguläres, weithin anerkanntes und nahezu sofortiges Zahlungsmittel sind Kryptowährungen aber noch nicht. Ich führe das unter anderem darauf zurück, dass Transaktionen mit digitalen Währungen über die Blockchain langsam, umständlich und teuer sind. In diesem Sinne wird Bitcoin in absehbarer Zeit nicht zu einem ernstzunehmenden Konkurrenten von konventionellem Geld werden.

Der Chefökonom von Invesco, John Greenwood, zeigt sich digitalen Währungen gegenüber eher skeptisch.

Der Digitalisierung von Währungen gehört zwar die Zukunft. Erfolgreich werden diese aber nur als Teil des bestehenden Finanzsystems mit einem stabilen monetären Rahmen sein. Die Gesellschaft wird zwischen zwei potenziellen Architekturen wählen müssen: einem Zahlungssystem mit einer vertrauenswürdigen zentralen Autorität, das heisst, einer Zentralbank, oder einem dezentralen System, ähnlich wie Bitcoin. Für das Überleben der privat ausgegebenen digitalen Währungen ist ihre künftige Regulierung daher absolut entscheidend.

Ich persönlich würde den staatlichen Rahmen als wesentliche Voraussetzung für eine funktionierende private Marktwirtschaft gegenüber einem System, das von privaten Akteuren betrieben wird, bevorzugen. So könnten letztere einen Anreiz haben, von einer angemessenen Vermögensabsicherung abzuweichen und in riskantere Vermögenswerte zu investieren, um höhere Renditen zu erzielen.