Credit Suisse: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende

Wenngleich António Horta-Osório im Nachgang an seine Corona-Eskapaden oder im Zusammenhang mit seinem kolportierten Hang zur Vielfliegerei – notabene im Firmenjet – von einzelnen Beobachtern bereits frühzeitig abgeschrieben wurde: Mit seiner über das vergangene Wochenende erfolgten Ablösung durch Axel P. Lehmann hat niemand so richtig gerechnet. Im VR-Gremium hat sich in der Präsidentenfrage möglicherweise die Devise «Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende» durchgesetzt.

Allgemein erwartet wurde ein Verweis für den in Ungnade gefallenen Präsidenten der Credit Suisse. Jetzt ist es doch eine Gelb-Rote Karte für António Horta-Osório und damit zu einem Platzverweis für den Chairman geworden. Ob mit dem als wohltuend unaufgeregt und unprätentiös geltenden Axel P. Lehmann der Befreiungsschlag gelingt, wird sich allerdings erst noch weisen. Noch lasten auf der Bank gewaltige Altlasten, darunter namentlich das Greensill- und das Archegos-Debakel, die beide Milliardenverluste nach sich gezogen haben. Auch die von António Horta-Osório implementierte Matrix-Neuorganisation ist intern nicht unumstritten. Hier könnte der neue starke Mann durchaus noch nachbessern. Etwas schwieriger wird das in der Beurteilung von Thomas Gottstein. Zwar sehen ihn verschiedene Kommentatoren der jüngsten Vorfälle als Gewinner in einem unschönen Machtkampf, den sich der Schweizer CEO – der sich intern offenbar gerne auch einmal als «Legende» bezeichnet –, und der portugisische Präsident geliefert haben sollen. Tatsache ist, dass sich auch Axel P. Lehmann der Frage stellen muss, ob ein Neuanfang der Credit Suisse mit dem aktuellen CEO glaubwürdig und zielführend ist. Womit wir bei der Frage sind, ob die erwähnten Milliardenverluste, die der amtierende CEO als letzte Instanz zumindest teilweise zu verantworten hat, personell bereits hinreichend gesühnt worden sind.

Natürlich steht die Schweizer Doppelspitze, wie sie sich heute präsentiert, einer Schweizer Grossbank nicht schlecht an. Daran ändern auch die eher kühlen Reaktionen in Analystenkreisen, als Reaktion auf die Wahl des neuen Präsidenten, wenig. Ob es sich aber um eine Verbindung mit Bestand handelt, hängt insbesondere davon ab, ob Thomas Gottstein gegen das bekanntermassen ausgeprägte Risiko-Verständnis von Axel P. Lehmann zu bestehen vermag.