Keine KI-Blase in Sicht

Viele KI-Titel sind im Zuge der KI-Rally teuer geworden – der Markt zeichnete ein aus unserer Sicht zu optimistisches Bild. Das veranlasste uns etwa dazu, Beteiligungen an Adobe und Salesforce zu verkaufen. Doch was bedeutet das für KI-Aktien im Allgemeinen?

Trotz teilweise ambitionierter Bewertungen und einem allgemein grossen Optimismus in der Wirtschaft in Erwartung künftiger Produktivitätssteigerungen, sehen wir derzeit keine KI-Blase. Vielmehr fällt auf, dass viele Unternehmen ihre IT-Budgets inzwischen wieder grosszügiger gestalten und ein Grossteil dieser Mittel in KI fliesst. Nach einem Jahr des Testens stehen bei generativer KI jetzt Jahre der Anwendung bevor. In diesem Zusammenhang sollten Tech-Investoren neben dem allgemeinen Zinsniveau auch die grundlegende Akzeptanz von KI im Blick haben. Gelingt es, die für viele traditionelle Branchen noch sehr neue Technologie in die Praxis zu überführen, entsteht neues Wachstum.

Trotz teilweise ambitionierter Bewertungen und einem allgemein grossen Optimismus in der Wirtschaft in Erwartung künftiger Produktivitätssteigerungen, sehen wir derzeit keine KI-Blase.

Marius Wennersten, Portfolio Manager, DNB Asset Management

Diese realistische Markterwartung unterstreicht unsere Einschätzung, dass der Sektor im Februar 2024 weit von einer Blase entfernt ist. Dies ist einer der Gründe, warum wir die meisten unserer Positionen mit generativer KI als Werttreiber in den letzten Monaten stabil gehalten haben. Beispiele hierfür sind Apple, Microsoft, Alphabet, Amazon und Meta. Auch die jüngsten Quartalszahlen haben unsere grundsätzliche Überzeugung für diese Titeln nicht beeinträchtigt. Während wir bei Meta und Adyen übergewichten, sind wir Verizon, AT&T sowie Apple untergewichtet. Alle diese Positionen haben einen positiven relativen Beitrag zu unserer Performance geleistet.

Netzinfrastruktur als Investment-Nische
Unser Engagement in Meta zeigt, dass es sich durchaus lohnen kann, Positionen auch in Titeln einzugehen, die derzeit am Markt nicht sehr beliebt sind. Die Aktie entwickelte sich 2023 äusserst positiv und legte im Februar dieses Jahres überzeugende Zahlen und einen ebenso vielversprechenden Ausblick vor. Anfang 2023 war Meta bereits die zweitgrösste Position in unserem Portfolio. Der allgemeine Zuspruch für die Aktie war damals allerdings deutlich geringer: Meta galt als Wette auf das Metaverse und viele Beobachter hielten diese Wette für zu spekulativ. Letztlich haben sich aber das gut diversifizierte Geschäftsmodell von Meta und die KI-Fantasie durchgesetzt und in den vergangenen Monaten für attraktive Renditen gesorgt. Das Beispiel zeigt, dass sich marktkonträre Positionen langfristig durchaus auszahlen können. Ähnliche Positionen sind wir aktuell mit unseren Beteiligungen an Ericsson und Nokia eingegangen. Beide Unternehmen litten in den vergangenen Quartalen unter einer Marktanomalie im Zuge der Pandemie, die inzwischen weitgehend abgeklungen ist: Viele Telekommunikationsunternehmen horteten während der Lieferengpässe Netzinfrastruktur und bauten diese Lagerbestände anschliessend sukzessive ab. Das setzte die Geschäfte von Nokia und Ericsson unter Druck und sorgte für schlechte Stimmung unter den Anlegern. Da der Telekommunikationsmarkt ohnehin nur mit rund fünf Prozent pro Jahr wächst, liessen viele Tech-Investoren die Aktien links liegen.

Kurzfristig gegen den Strom, langfristig erfolgreich
Wir sind jedoch der Meinung, dass der Markt bei der Betrachtung der beiden Unternehmen einem Irrglauben unterliegt. Weder agieren Nokia und Ericsson in einem schrumpfenden Markt, noch stehen sie unter grossem Wettbewerbsdruck. Viele westliche Telekommunikationsanbieter haben der Hardware aus China längst eine Absage erteilt. Hinzu kommt, dass das Datenvolumen stetig wächst und die Zukunft eher noch höhere Anforderungen an die Datennetze stellen wird. Statt Optimismus aufgrund des laufenden 5G-Ausbaus der weltweiten Mobilfunknetze sind es bei Nokia und Ericsson schlicht die Bewertungen in Kombination mit den Markterwartungen, die uns überzeugen. Eine entscheidende Rolle in unserem Investmentansatz spielt die eigene Überzeugung. Wir verstehen uns als «High Conviction Contrarians». Konkret bedeutet dies, dass wir zu faktenbasierten Anlageentscheidungen stehen, die durch attraktive Bewertungen untermauert sind. Während andere Asset Manager bei Marktturbulenzen vorschnell die Reissleine ziehen, sind wir jederzeit bereit, eine Position zu verdoppeln, wenn die Märkte in die «falsche» Richtung laufen. Wenn die Bewertungen fallen, während ein positives fundamentales Szenario intakt bleibt, sehen wir dies als Chance.

Faktenbasiert neue Wege gehen
Auch für Technologieaktien im Allgemeinen ist unsere positive Einschätzung weiterhin unverändert. Technologie war schon immer ein Motor für Produktivitätswachstum. Dieses Produktivitätswachstum ist heute notwendiger denn je – der Fachkräftemangel wirkt wie ein Katalysator für Themen wie KI und auch Robotik. Gerade im letztgenannten Bereich haben wir zuletzt einige erfreuliche Fortschritte gesehen, die sich 2024 auch für Anleger materialisieren könnten.

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