Ein digitaler Fingerabdruck für Kunstwerke schützt wirksam vor Fälschungen
Seit Jahrhunderten werden Kunst- und Kulturgüter gefälscht, gestohlen oder ausgetauscht. Die Spanne reicht von Antiquitäten bis zu Gemälden, Skulpturen und Plastiken. Während Nachhaltigkeit und Nostalgie für viele Menschen das Verlangen nach alten Gegenständen verstärken, haben selbst im Rahmen grosser Skandale aufgeflogene Fälscher bis heute nicht offenbart, welche Menge ihrer Fälschungen tatsächlich im Umlauf ist.
Die Dunkelziffer ist enorm, zumal bereits vor Jahrhunderten gefälscht wurde: Authentische alte Gemälde von weniger bekannten Malern wurden mit der Signatur eines bekannten Künstlers versehen. Wirksame Schutzmechanismen abseits von Gutachten mit teuren forensischen Methoden gibt es hingegen kaum. Mit der optischen Erfassungstechnologie Origify trägt der Technologiekonzern Bosch dazu bei, ein einmal von den entsprechenden Experten als echt befundenes Kunstwerk mit einem digitalen Fingerabdruck auf der Basis hochauflösender Bilddaten zu versehen. Diese Bilddaten werden dann automatisch in einen wenige Kilobyte grossen Fingerabdruck in Form einer binären Datei umgerechnet und in einer Datencloud aufbewahrt. Für die Erzeugung des Fingerabdruckes sind keine Eingriffe wie Aufkleber oder unsichtbare Markierungen an dem Kunstwerk nötig. Jedes Kunstobjekt mit einer physischen Oberfläche kann erfasst werden, beispielsweise die Oberfläche eines Ölgemäldes oder Aquarells, eine Skulptur oder eine Bronzeplastik oder eine Schnitzarbeit oder Antiquität aus Holz. Die Authentifizierung kann später über eine App und ein geeignetes Smartphone durchgeführt werden.
Oliver Steinbis, Projektleiter, BoschMit der optischen Erfassungstechnologie Origify trägt der Technologiekonzern Bosch dazu bei, ein einmal von den entsprechenden Experten als echt befundenes Kunstwerk mit einem digitalen Fingerabdruck auf der Basis hochauflösender Bilddaten zu versehen.
Mehr Sicherheit im Kunsthandel
«Auktionshäuser, Kunsthändler und Galerien können Kunstwerke, deren Provenienz und Urheber zweifelsfrei feststehen, in wenigen Minuten und ohne besonderen Aufwand mit einem speziellen Kameragerät von Origify erfassen. Besonders geeignete und prägnante Oberflächenebereiche werden dazu ausgewählt, beispielsweise der Bereich der Signatur. Nach der Erfassung wird der binäre Datensatz automatisch erstellt und gespeichert und kann mit beliebigen Daten zu dem Objekt ergänzt werden. Alle Daten werden manipulationssicher in einer Cloud gespeichert. Später genügt ein geeignetes Smartphone um zu prüfen, ob Objekt und Datensatz noch übereinstimmen», erklärt Projektleiter Oliver Steinbis von Bosch. Die Lösung wurde zunächst zum Schutz und zur Rückverfolgbarkeit interner Produkte bei Bosch entwickelt, mittlerweile steht Origify auch für zahlreiche andere Bereiche zur Verfügung und hat vor allem Unternehmen aus dem Luxussegment bereits überzeugt. Für die Technologie, die weit mehr als das menschliche Auge sieht, ist dabei nicht entscheidend, ob es sich um Einzelstücke wie ein Aquarell, ein Ölbild, eine Tonplastik oder um in Mengen produzierte Designer-Handtaschen handelt. Jedes Stück – gleich ob einer Serie oder ein Unikat – hat einen eigenen und nicht kopierbaren Fingerabdruck.
Schutz vor Austausch von Kunstgegenständen
Origify kann nicht nur dem internationalen Kunsthandel mehr Sicherheit geben, sondern auch Sammlungen von Museen und privaten Sammlern schützen. «Unsere Lösung kann auch zur elektronischen Inventur genutzt werden, um Missbrauch erkennen zu können. So können Sammler und Museen sicherstellen, dass Kunstwerke beispielsweise bei Leihgaben wie auch im normalen Betrieb dem Ausgangszustand entsprechen und nicht ausgetauscht wurden. Der Aufwand für die Nutzer ist minimal – ein modernes Smartphone mit der Origify-App reicht aus, um die Kunstwerke zu überprüfen», erklärt Oliver Steinbis. Über ein Software Development Kit kann die Origify-Funktionalität auch in andere Apps integriert werden. Die Origify-Lösung vergleicht das per Handy gemachte Bild des festgelegten Ausschnitts – beispielsweise der Signatur eines Gemäldes – und gibt in wenigen Sekunden ein Ergebnis aus. Das Sicherheitsniveau ist dabei sehr hoch durch die Umwandlung der fotografischen Aufnahmen in einen binären Datensatz. Ein Re-Engineering in Bilddaten ist nicht möglich. «So bieten wir sensitiven Branchen auch die nötige Privatsphäre. Kunsthandel und Luxusprodukte generell erfordern viel Vertrauen – auch bei Sicherheitslösungen. Das können wir über den kompletten Prozess bieten», sagt Steinbis weiter.