Bei wirkungsorientierten Anleihen die Spreu vom Weizen trennen

Bei wirkungsorientierten Anleihen (Impact Bonds) handelt es sich um nachhaltige Finanzinstrumente, die Kapital für Projekte mit positiven ökologischen oder sozialen Auswirkungen (Impact) beschaffen sollen. Zu den wichtigsten Kategorien gehören «grüne», «soziale» und «Nachhaltigkeitsanleihen» (Green, Social und Sustainable Bonds). Diese folgen von der International Capital Market Association (ICMA) aufgestellten Leitlinien, die eine entscheidende Rolle bei der Standardisierung spielen.

Dennoch gibt es weiterhin Unterschiede zwischen den Rahmenwerken und Inkonsistenzen in der Berichterstattung von Emittenten, die sich nicht unbedingt an die Leitlinien halten. Daher sollten Investoren eine gründliche Due Diligence durchführen. Bei der Emission der Anleihe sollte der Schwerpunkt auf den Regeln für die Verwendung der Erlöse liegen. Ein Jahr nach der Emission liefern Berichte Informationen zur Bewertung der tatsächlich erzielten Wirkung.

Unterschiede im Detail
Heutzutage behaupten fast alle Rahmenwerke für wirkungsorientierte Anleihen, dass sie die ICMA-Richtlinien einhalten. Zudem verfügen sie oft über externe Gutachten, um Glaubwürdigkeit zu gewährleisten. Dennoch gibt es im Detail erhebliche Unterschiede. Eine genaue Prüfung der einzelnen Kategorien im Abschnitt über die Verwendung der Erlöse ist daher unerlässlich. Lose definierte Kategorien können dazu führen, dass die Emission im Widerspruch zur Absicht der Investoren steht, bestimmte Sektoren zu vermeiden beziehungsweise auszuschliessen, oder gar negative Auswirkungen hat. Vorab-Zuweisungsberichte können, auch wenn sie selten sind, Klarheit über die beabsichtigten Wirkungen schaffen, die Übereinstimmung der Ziele von Emittent und Investoren gewährleisten und das Risiko falscher Ausrichtungen verringern.

Es ist wichtig, die Pläne des Emittenten für die Berichterstattung über die erzielten Wirkungen zu verstehen.

Louis Bourgeois, Senior Impact Manager, BlueOrchard

Bei der sozialen Verwendung von Erträgen stellen genau definierte Zielgruppen sicher, dass die Mittel jene erreichen, die keinen Zugang zu Investitionen haben, was die Additionalität erhöht – sprich die positive Wirkung, die ohne die Emission der betreffenden Anleihe nicht möglich gewesen wäre. So ist es beispielsweise vorteilhafter, einkommensschwachen Familien erschwingliche Bildung zukommen zu lassen, während vage Definitionen dazu führen können, dass diejenigen finanziert werden, die eigentlich keine Unterstützung benötigen. Die Wesentlichkeit der finanzierten Aktivitäten für das Geschäftsmodell des Emittenten zu messen, kann helfen festzustellen, ob sich der Emittent wirklich für die angegebenen Wirkungen einsetzt. Dies verringert das Risiko von Greenwashing in einem Impact-Portfolio.

Quantität über Qualität
Es ist wichtig, die Pläne des Emittenten für die Berichterstattung über die erzielten Wirkungen zu verstehen. Wirkungsindikatoren, die sich an Standards wie den ICMA-Leitlinien orientieren, geben Investoren zum einen Anhaltspunkte dafür, inwieweit die Berichterstattung ihren Erwartungen entspricht. Zum anderen ermöglichen sie, standardisierte Kennzahlen auf Portfolioebene zu aggregieren. Anleihen, die nur qualitative Berichte und keine Wirkungskennzahlen anbieten, verhindern Transparenz und Verständlichkeit, was auf potenzielle Schwächen in der Berichterstattung hindeuten kann. Ein Jahr nach der Emission legen die Emittenten Allokations- und Wirkungsberichte vor. Allokationsberichten sollen darstellen, wie die Erlöse entlang verschiedener Kategorien verteilt wurden. Hier zeigt sich, ob die Allkation mit dem Rahmenwerk übereinstimmt. Bei der Analyse der Wirkungsberichte ist es wichtig, die vom Emittenten verwendeten Leistungsindikatoren (KPIs) zu untersuchen. Anleger sollten idealerweise die Wirkung pro Million Dollar ausgereichtem Fremdkapital betrachten, und zwar anhand vergleichbarer Indikatoren. Der Aufbau eines entsprechenden Datensatzes ermöglicht, die Impact-Effizienz zu vergleichen.

Breites Reporting-Spektrum
In der Praxis gehen die Darstellungen der erzielten Wirkungen weit auseinander: von sehr genauen Daten für jede einzelne Finanzierung über aggregierte Darstellungen bis hin zu lediglich einzelnen Beispielen, die keinen vollständigen Überblick über die erzielten Wirkungen bieten. Entscheidend ist auch, ob der Emittent wirklich nur die Wirkung ausweist, die sich der betreffenden Anleihen zurechnen lässt, und nicht die Wirkung des Gesamtprojektes. Letzteres kann nämlich zu Doppelzählungen führen. Darüber hinaus ist es wichtig, zwischen finanzierten und refinanzierten Projekten zu unterscheiden. Denn neue Projekte gehen mit erhöhten Anforderungen der Investoren an Additionalität und Wirkungsbeitrag einher. Eine externe Prüfung erhöht die Glaubwürdigkeit der Wirkungsberichterstattung weiter und stärkt das Vertrauen in die Angaben der Emittenten. Investoren spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, weitere Fortschritte bei der Qualität und Effektivität wirkungsorientierter Anleihen zu erzielen. Denn sie können Signale an den Markt senden, indem sie Anleihen von Emittenten zeichnen, die sich für starke Rahmenbedingungen und eine qualitativ hochwertige Berichterstattung einsetzen.

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