Warum Märkte nicht immer dem geopolitischen Drehbuch folgen

In einer Welt, die zunehmend von geopolitischen Spannungen geprägt ist, stellen sich Anleger berechtigterweise die Frage: Wie werden die Märkte auf diese Unsicherheiten reagieren? Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Aktienmärkte oft anders reagieren als man zunächst erwarten würde.

Betrachtet man die historischen Daten, wird deutlich, dass geopolitische Ereignisse zwar kurzfristige Volatilität verursachen können, ihre langfristigen Auswirkungen auf die Märkte jedoch häufig überraschend begrenzt sind. Diese scheinbare Diskrepanz lässt sich durch mehrere Faktoren erklären. Erstens neigen Märkte dazu, geopolitische Risiken bereits frühzeitig einzupreisen, oft lange bevor ein Ereignis tatsächlich eintritt. Wenn die befürchtete Krise dann tatsächlich eintreten sollte, haben die Märkte häufig bereits reagiert, und die Preise spiegeln diese Informationen wider.

Wir sollten uns davor hüten, Anlageentscheidungen ausschliesslich auf Basis geopolitischer Entwicklungen zu treffen.

Alex Tedder, Head of Global Equities, Schroders

Zweitens konzentrieren sich Investoren letztendlich auf die fundamentalen wirtschaftlichen Faktoren: Unternehmensgewinne, Zinssätze, Inflationsraten und Wachstumsprognosen. Diese Faktoren haben meist einen wesentlich stärkeren und nachhaltigeren Einfluss auf die Aktienkurse als geopolitische Ereignisse.

Die Relevanz von Unternehmensgewinnen
Besonders aufschlussreich ist die Betrachtung der Unternehmensgewinne. Die Erfahrung zeigt, dass Märkte in Zeiten steigender Gewinne oft positive Renditen erzielen – unabhängig vom geopolitischen Hintergrund. Umgekehrt führen sinkende Gewinne fast immer zu negativen Marktentwicklungen, selbst wenn das geopolitische Umfeld als stabil gilt. Diese Beobachtung unterstreicht die fundamentale Bedeutung der Unternehmensleistung für die Marktentwicklung. Während geopolitische Ereignisse die Schlagzeilen dominieren mögen, sind es letztendlich die Gewinnaussichten, die den Takt für die Märkte vorgeben.

Strategische Implikationen für Anleger
Was bedeutet dies für Anleger? Zunächst einmal sollten wir uns davor hüten, Anlageentscheidungen ausschliesslich auf Basis geopolitischer Entwicklungen zu treffen. Die Geschichte hat wiederholt gezeigt, dass selbst gravierende geopolitische Ereignisse oft nur vorübergehende Auswirkungen auf die Märkte haben. Stattdessen empfiehlt sich ein differenzierter Ansatz:

  1. Fokus auf Fundamentaldaten: Achten Sie besonders auf Unternehmen mit stabilen Gewinnaussichten und soliden Bilanzen.
  2. Volatilität als Chance: Marktkorrekturen infolge geopolitischer Ereignisse können attraktive Einstiegsmöglichkeiten bieten, insbesondere bei Unternehmen mit überzeugenden langfristigen Perspektiven.
  3. Diversifikation: Eine breite Streuung über verschiedene Sektoren und Regionen kann dazu beitragen, spezifische geopolitische Risiken zu mindern.

Fazit
Die komplexe Beziehung zwischen Geopolitik und Märkten erfordert ein nuanciertes Verständnis. Während geopolitische Spannungen zweifellos zu erhöhter Volatilität führen können, werden die langfristigen Marktentwicklungen überwiegend von fundamentalen wirtschaftlichen Faktoren bestimmt. Als Anleger sollten wir uns daher nicht von den täglichen Schlagzeilen blenden lassen, sondern stets den Blick auf die langfristigen Fundamentaldaten richten. In einer zunehmend komplexen und unsicheren Welt bleibt dies der zuverlässigste Kompass für erfolgreiche Investitionsentscheidungen.

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