Trotz Corona lässt die Konkurswelle weiterhin auf sich warten

Seit Beginn der Pandemie gibt es in der Schweiz weniger Konkurse. Nach Beendigung der Konkursschutz-Massnahmen des Bundes wurde für Anfang Jahr eine heftige Firmen-Pleitewelle erwartet. Doch auch in den ersten drei Monaten 2021 liegen die Firmen-Konkurse fast 16 Prozent unter dem Vorjahr.

Man musste mit dem Schlimmsten rechnen. Nach dem Ende der Corona-Hilfen von Bund und Kantonen wurde ein regelrechter Pleite-Tsunami erwartet. Vor allem im Gastro- und Fitness-Bereich rechneten die Auguren mit vielen brutalen Firmen-Bankrotten. Doch die befürchtete Konkurswelle Anfang 2021 ist bei den Schweizer Betreibungs- und Konkursämtern bisher nicht angekommen. «Bis jetzt ist es nicht zu einem Anstieg der Firmen-Konkurse gekommen», sagt Basil Schläpfer, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Statistischen Amt des Kantons Zürich gegenüber der Schweizer Finanzplatzplattform The Onliner. Im Gegenteil, die Zahl der Unternehmensliquidationen ist seit April 2020 meistens unterdurchschnittlich.

Im Januar, Februar und März 2021 liegt die Zahl der Schweizer Firmen-Konkurse gemäss unseren Angaben knapp 16 Prozent unter dem Vorjahr.

Basil Schläpfer, Statistisches Amt des Kantons Zürich

«Im Januar, Februar und März 2021 liegt die Zahl der Schweizer Firmen-Konkurse gemäss unseren Angaben knapp 16 Prozent unter dem Vorjahr», führt der Statistiker aus. Die Abnahme ist in fast allen Regionen und Branchen festzustellen, das heisst auch in der Gastronomie und Hotellerie. Zu beachten sei bei diesem Vergleich allerdings, dass im Jahr 2020 ab Mitte März vom Bundesrat ein Betreibungsstopp verhängt wurde. Zwar fiel dieses Jahr eine Woche der gesetzlichen Oster-Betreibungsferien ebenfalls in den März, unter dem Strich hat das Konkurswesen im März 2020 jedoch eine Woche länger pausiert. Es ist deshalb davon auszugehen, dass ohne diesen Sondereffekt die Abnahme der Konkurse grösser gewesen wäre.

Regional betrachtet ist der Rückgang im Tessin und der Zentralschweiz am kleinsten. Am stärksten ist er in Zürich. In der Ostschweiz gab es Anfang letzten Jahres ausserordentlich viele Firmenkonkurse. Vergleicht man die aktuelle Situation dort mit einem anderen Jahr, liegen die Zahlen jetzt auf Normalniveau.

Dass es zurzeit weniger Unternehmungen gibt, die ihren Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen können, sei auch eine Folge der Unterstützungsmassnahmen durch die öffentliche Hand. «Möglich ist aber auch, dass die Gläubiger teils kulanter sind, etwa indem sie längere Zahlungsfristen gewähren oder auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten», erklärt Schläpfer.

Insbesondere Gläubiger periodischer Forderungen, wie zum Beispiel Krankenkassen, Sozialversicherungsanstalten, etc. haben komplette Betreibungsläufe ausgesetzt, welche üblicherweise Ende jedes Quartals stattfinden.

Bogdan Todic, Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz

Beisshemmungen bei den Gläubigern
Wie Bogdan Todic von der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten der Schweiz ausführt, waren viele Gläubiger bei der Einleitung neuer Betreibungen ebenfalls sehr zurückhaltend: «So haben insbesondere Gläubiger periodischer Forderungen, wie zum Beispiel Krankenkassen, Sozialversicherungsanstalten, etc. komplette Betreibungsläufe ausgesetzt, welche üblicherweise Ende jedes Quartals stattfinden.» Weiter stellt Todic fest, dass insbesondere COVID-19-Kredite für die Erfüllung von bereits in Betreibung gesetzten Verbindlichkeiten eingesetzt wurden.

«Bis jetzt hat die Covid-Krise eher den Fortbestand von unprofitablen Firmen bewirkt, als eigentlich gesunde Firmen in den Konkurs getrieben», analysiert Basil Schläpfer. Wie sich die Situation in den nächsten Monaten entwickeln wird, sei aber schwierig vorherzusagen. Zurzeit nähere sich die Anzahl der Konkurse eher wieder dem Normalniveau an. Viel hänge jedoch vom Verlauf der Pandemie ab und ob die Politik weitere Unterstützungsmassnahmen beschliesse.

Es entstehen nun immer mehr sogenannte Zombie-Firmen, die nur aufgrund des Staatsgeldes überleben.

Christian Wanner, Wirtschaftsinformationsdienst Bisnode D&B

Laut Christian Wanner vom Wirtschaftsinformationsdienst Bisnode D&B entstehen nun immer mehr sogenannte Zombie-Firmen, die nur aufgrund des Staatsgeldes überleben. «Das dürften mindestens 1000 Unternehmungen sein.» Diese Konkurse würden jedoch nur aufgeschoben, nicht aufgehoben, warnt Wanner. Wann aber die Konkurs-Welle über die Schweiz hereinbrechen wird, lasse sich aktuell nicht sagen, da dies von diversen Faktoren abhänge.

Das Gespräch suchen – nicht abtauchen
Wem das Wasser aktuell bereits bis zum Hals steht, sollte frühzeitig und transparent mit seinen Gläubigern Kontakt aufnehmen. «Wir stellen häufig fest, dass natürliche und juristische Personen bei Liquiditätsproblemen auf Tauchstation gehen», wie der Sprecher der Konferenz der Betreibungs- und Konkursbeamten sagt. Professionelle Gläubiger würden in diesen Fällen ihr Inkasso dann sofort standardisiert abspulen. «Gläubiger sind aber nicht von Grund auf böse. Nach unserer Erfahrung sind sie stets an einer einvernehmlichen Lösung interessiert», wie Bogdan Todic festhält. Wenn also ein KMU in eine solche Situation gerät, empfiehlt der Experte, sofort mit den Geldgebern Kontakt aufzunehmen, die Situation transparent darzulegen und beispielsweise eine Stundung oder eine Abzahlungsvereinbarung zu erwirken. «Mit einer solchen Vorgehensweise können viele Betreibungen vermieden werden.

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