Eine Korrektur bedeutet nicht, dass die Märkte billig sind

Die alten Römer verwendeten das Haruspizium, eine Methode zur Vorhersage der Zukunft anhand von Tierinnereien. Wir setzen auf eine deutlich genauere Methode, um den Anlageausblick zu bestimmen. Unser Capital Markets Assumption (CMA)-Prozess prognostiziert die Renditen über einen Zehnjahreshorizont und wird zweimal jährlich aktualisiert.

Was besagen unsere jüngsten Annahmen also? Erstens: Die Märkte bleiben teuer. Sie sind im Juni recht stark gefallen, bleiben aber im historischen Vergleich überbewertet, was eine echte Herausforderung für Anlegerinnen und Anleger darstellt. Das Konstrukt eines 60/40-Portfolios – 60% Aktienanteil für Wachstum, 40% festverzinsliche Anlagen für Diversifizierung und Einkommen – ist seit langem eine feste Grösse in der Vermögensverwaltungsbranche, da es in langen Aktien- und Anleihehaussen starke risikobereinigte Renditen geliefert hat. Doch bis Ende 2021 waren die potenziellen 10-Jahres-Renditen angesichts der hohen Bewertungen, die sich aus den boomenden Marktbedingungen nach dem Ende des Kalten Krieges ergaben, auf etwa 1,7% p.a. gesunken. Jetzt haben sich die potenziellen Renditen auf mehr als 3% in US-Dollar verbessert – aber das ist immer noch bescheiden, insbesondere da Anleihen und Aktien angesichts der Volatilität stark korrelieren.

Uns überzeugen Werte in den Schwellenländern, insbesondere in China.

Daniel Morgan, Multi Asset Strategist, Ninety One

In einem derartig renditeschwachen Umfeld, in dem die wichtigsten Anlageklassen in den letzten sechs Monaten beide negative Renditen erzielt haben, ist ein erheblicher Mehrwert durch Entscheidungen zur Vermögensallokation und Wertpapierauswahl sowie durch die Identifizierung von Anlagen erforderlich, die von strukturellem Wachstumsrückwind profitieren werden. «Time in the market, not timing the market» war ein Sprichwort für eine Zeit der Stabilität; in Zeiten des Wandels funktioniert es weniger gut.

Innerhalb der Anlageklassen selbst sind Aktien nach wie vor leicht überbewertet. Lediglich Japan erscheint günstig, während das Vereinigte Königreich und die Schwellenländer nur mässig teuer scheinen. Der Markt in den USA (mit einem Anteil von 60% an der globalen Marktkapitalisierung) hat sich in diesem Jahr zwar abgeschwächt, aber die Bewertung ist nach wie vor hoch. Uns überzeugen Werte in den Schwellenländern, insbesondere in China. Da der chinesische Aktienmarkt aufgrund einer Reihe von regulatorischen Unsicherheiten und zeitweiligen Ausbrüchen von Covid stark unter Druck steht, sind die Renditeerwartungen für China und die Schwellenländer gestiegen.

Festverzinsliche Wertpapiere halten sich im historischen Vergleich etwas besser – jedenfalls aus der Ertrags- und Bewertungsperspektive –, da die Renditen nach den tatsächlichen und erwarteten Leitzinserhöhungen der Zentralbanken erheblich gestiegen sind. Auch die Kreditspreads haben sich ausgeweitet, was eine zusätzliche Renditequelle für US-Investment Grade, US-Hochzinsanleihen und Staatsanleihen der Schwellenländer darstellen dürfte.

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