Crowdlending wird als Finanzierungssäule für Immobilienentwickler immer relevanter

Strenge Bankenrichtlinien bei der Vergabe von Fremdkapital erschweren es insbesondere kleineren und mittelgrossen Immobilienentwicklern, an die benötigten finanziellen Mittel zur Realisierung ihrer Bauprojekte zu gelangen. Kommt die Crowd zusätzlich mit ins Boot, kann das die Bautätigkeit um bis zu 25 Prozent erhöhen.

Die Kombination aus deutlich höherem Preisniveau in der Schweiz, steigenden Kosten für die Immobilienentwicklung und zusätzlich höheren Eigenkapitalvorschriften der Schweizer Banken führt dazu, dass der Schmerzpunkt Eigenkapital bei mittelständischen Schweizer Immobilienentwicklern immer grösser wird. Aufgrund von Anordnungen der Schweizer Finanzmarktaufsicht dürfen Renditeobjekte nur bis maximal 75 Prozent belehnt werden. Das gilt seit Anfang 2020, zuvor war eine deutlich höhere Belehnung möglich. Dies setzt jedoch voraus, dass der Ertrags- und Belehnungswert sowie die angenommenen Mieten nachhaltig erzielbar sind. Differenzen zwischen Kaufpreis und Belehnungswert müssen mit zusätzlichem Eigenkapital finanziert werden. Ausserdem muss der Belehnungswert innert zehn Jahren auf unter zwei Drittel (65%) fallen, entsprechende Amortisationszahlungen werden vorausgesetzt. Die Situation führt dazu, dass selbst langjährige und hochprofitable Akteure im Schweizer Immobilienentwicklungsmarkt zu Kapitalpartnern greifen, um die Eigenkapital-Rendite zu verbessern und den Anforderungen der Banken gerecht zu werden.

Crowdkapital macht agiler
Hier hat sich Crowdlending als effiziente Kofinanzierung etabliert. Das Geld der Crowdinvestoren wird durch die meisten Banken den Eigenmitteln zugerechnet und hat das Potenzial, sowohl Finanzierungslücken zu schliessen als auch Eigenkapital der Immobilienentwickler für neue Bauprojekte frei zu halten. Denn die Emittenten berichten aus der Praxis, dass sie dank des Crowdkapitals die Anzahl ihrer Projektentwicklungen deutlich erhöhen konnten, weil sie sich so mehreren Projekten gleichzeitig widmen können. Crowdlending macht sie also agiler, ertragreicher und handlungsschneller. Das Crowdkapital hat eine komplementäre Funktion zum Bankkredit und eignet sich als zusätzliche Säule im Finanzierungsmix für Immobilienprojekte.

Das Crowdkapital hat eine komplementäre Funktion zum Bankkredit und eignet sich als zusätzliche Säule im Finanzierungsmix für Immobilienprojekte.

Markus Dvorak, Co-Gründer dagobertinvest

Von Seite der Investoren steigt die Nachfrage konstant, da in Zeiten von Nullzinsen auf klassische Sparformen Zinssätze um die 7 Prozent p.a. bei kurzen Laufzeiten (meist zwischen 9 und 24 Monaten) für viele Anleger verlockend klingen. Der Vorteil gegenüber anderen Finanzierungspartnern, etwa Privatstiftungen: der Crowd geht es ausschliesslich um den Zinsertrag und fordert kein Mitspracherecht beim Projekt ein.

Verzögerung bedingt keine Insolvenz
Kommt es zu unvorhersehbaren Verzögerungen, etwa bei der Verwertung des Objekts und der Immobilienentwickler ist zum Termin X nicht in der Lage, die Crowd zu bedienen, so würde die Auszahlung nach hinten verschoben werden. Es droht dem Emittenten deshalb jedoch keineswegs die Insolvenz. Für die Privatinvestoren, die ihr Kapital einer Projektgesellschaft mittels qualifiziertem Nachrangdarlehen leihen, ist das Investment mit einem ähnlich hohen Risiko wie bei einer direkten Unternehmensbeteiligung verbunden. Sollte es nämlich aus anderen Gründen zu einer Insolvenz kommen, dürfen die Forderungen der Crowdinvestoren erst nach allen anderen Verbindlichkeiten, etwa bei der Bank, bedient werden.

Bekanntheitsgrad steigt
Primär geht es beim Crowdlending im Immobilienbereich natürlich um die Finanzierung von Investitionskosten. Gleichzeitig ist eine Crowdfunding-Kampagne für den Emittenten aber immer auch als Marketing-Instrument zu sehen. Die grossen Plattformen verzeichnen eine beträchtliche Anzahl an monatlichen Seitenaufrufen und da Crowdlending im Immobilien-Bereich ein mediales Trend-Thema ist, werden in redaktionellen Artikeln immer wieder auch Kampagnen exemplarisch erwähnt und Visualisierungen abgebildet. Was die Kosten einer Crowdfunding-Kampagne betrifft, so wird neben den Zinszahlungen an die Investoren auch eine Gebühr für die Crowdlending-Plattform, über die das Projekt läuft, fällig.

Markus Dvorak ist Co-Gründer und Head of Real Estate bei der auf Immobilienprojekte spezialisierten Crowdlending-Plattform dagobertinvest. Diese zählt zu den führenden Anbietern im deutschsprachigen Raum und ermöglicht es privaten Anlegern, bereits niederschwellig mit Investments vom Boom der Immobilienbranche zu profitieren. Bildnachweis: Felicitas Matern
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