Er ist wieder da
Nach der Rückkehr von Donald Trump ins Weisse Haus werden wir eine klarere Vorstellung davon bekommen, welche Richtung seine Politik einschlagen wird. Seine Rhetorik und seine politischen Entscheidungen werden Wirtschaft und Finanzmärkte prägen und verändern. Letztere werden sich im weiteren Verlauf des Jahres 2025 weiter robust zeigen, gestützt durch das anhaltende globale Wachstum, die günstige Währungspolitik und ein starkes Gewinnwachstum im Technologiesektor.
Vor diesem Hintergrund starten wir mit einer leichten Übergewichtung globaler Aktien. Dabei liegt unser Fokus auf den USA – dafür sprechen die fundamentalen Rahmenbedingungen. Bei Anleihen setzen wir weiterhin auf Duration in den europäischen Kernländern (Deutschland): Wir erwarten für 2025 ein schwaches Wachstum und gehen davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihre Zinsen weiter senkt. Umgekehrt sind wir bei der US-Duration negativ aufgestellt. Das Risiko für steigende US-Renditen bleibt bestehen, und die Zukunft wird von der Strategie der neuen Regierung abhängen. Beim US-Dollar und beim japanischen Yen nehmen wir eine Long-Position ein.
Robustes Wirtschaftswachstum in den USA beflügelt Aktien
Die Erwartungen für 2025 verweisen auf ein robustes Wirtschaftswachstum in den USA, ergänzt durch eine schwache, aber stabile Expansion in der Eurozone. Wir rechnen in den USA mit einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,6 Prozent, gestützt durch einen dynamischen Arbeitsmarkt, robusten Konsum und erhöhte Investitionen in Technologie. Die Verbraucherausgaben bleiben eine wichtige treibende Kraft, denn die verfügbaren Einkommen steigen, während die Arbeitslosigkeit relativ niedrig bleibt. Aktuell stützen zudem der robuste Dienstleistungssektor und die sich erholenden Lieferketten die Wirtschaft. Diese Faktoren werden wir in den kommenden Monaten beobachten, da sie als frühzeitige Warnsignale dienen können, um die Auswirkungen potenzieller neuer Zölle auf die Preise zu erkennen.
Nadège Dufossé, Global Head of Multi-Asset, CandriamDie vorgeschlagenen Zölle, insbesondere auf chinesische Importe, könnten Handelskriege neu entfachen und geopolitische Spannungen verschärfen.
Im Gegensatz dazu spiegelt das voraussichtlich verhaltene BIP-Wachstum der Eurozone von 0,9 Prozent in 2025 strukturelle Herausforderungen wider, darunter eine schleppende Produktivität und demografische Gegenwinde. Aber die Verbesserung im Einzelhandel, defensive Steuermassnahmen und gezielte Investitionen in grüne Energie und Infrastrukturen sind Grund zu Optimismus, dass die Expansion anhält.
US-Aktien leicht übergewichtet, Vorsicht in Europa
Dementsprechend stehen wir den Aktienmärkten insgesamt konstruktiv gegenüber und bevorzugen US-Aktien. Obwohl die Performance und die Bewertung des US-Aktienmarktes bereits von einem gewissen Optimismus zeugen, ist das Wachstum der US-Wirtschaft und der Unternehmensgewinne deutlich stärker und robuster als das in anderen Industrieländern, beispielsweise in Europa. Die USA lassen den «alten Kontinent» bei Investment- und Produktivitätssteigerungen zunehmend hinter sich, gleichzeitig belasten parteipolitische Konflikte die politische Lage in Frankreich und Deutschland. Attraktive Bewertungen allein werden nicht ausreichen, um Investoren nachhaltig zu einer Rückkehr zu bewegen. Anleger sollten aber beachten, dass die Schwächung des Euro, weitere EZB-Zinssenkungen und eine geringe Positionierung in den letzten Wochen eine gewisse Stütze für europäische Blue Chips geboten haben. Dennoch braucht Europa bessere Wachstumsaussichten. Deutschland muss seine Schuldenbremse lockern und die Handelsspannungen mit den USA müssen richtig gemanagt werden. Die starke Abhängigkeit der Eurozone von Industrieexporten, allen voran Autos und Maschinen, macht sie besonders anfällig für Änderungen in der Handelspolitik. Diese Unsicherheiten dürften bestehen bleiben, und auch die Aktivitätsindikatoren der Verkaufsmanagerindizes (PMI) dürften sich nicht so bald wieder stabilisieren.
Schwellenländeraktien auf neutral herabgestuft
Die Wahl von Donald Trump und der republikanische Wahlerfolg im November 2024 haben die Unsicherheit in der globalen Handelspolitik erheblich gesteigert, und sie ist dieses Mal sogar noch höher als bei seiner ersten Amtszeit. Die vorgeschlagenen Zölle, insbesondere auf chinesische Importe, könnten Handelskriege neu entfachen und geopolitische Spannungen verschärfen. Schwellenländer, hauptsächlich solche mit engen Verbindungen zur chinesischen Wirtschaft, sind angesichts des protektionistischen Kurses der USA mit erheblichen Herausforderungen konfrontiert. Zollbedingte Disruptionen könnten das globale Handelsvolumen senken, das Vertrauen der Investoren schwächen sowie die Volatilität der Währungen verstärken – und so das Wachstum hemmen. Im März stehen die «zwei Sitzungen» des chinesischen Volkskongresses an – doch die Handelsdynamik verändert sich, und es gibt noch keine Einzelheiten zu geld- und steuerpolitischen Anreizen. Deswegen stufen wir die Schwellenländer in unserer Allokation herab. Neue US-Zölle dürften die ausfuhrzentrierte chinesische Wirtschaft direkt wie auch indirekt treffen und auch Lieferketten in ganz Asien in Mitleidenschaft ziehen. Die erwartete Verlangsamung des BIP-Wachstums in China – wir erwarten für 2025 4,5 Prozent – zeigt, welche Herausforderungen diese Veränderungen und der stärkere US-Dollar für Schwellenländer darstellen.
Achtung beim Verhältnis von Anleihen und Aktien
Die Massnahmen von Donald Trump – höhere Zölle und weniger eingewanderte Arbeitskräfte – könnten die Inflation wieder anfachen und zu steigenden Anleiherenditen führen. Dies wäre eine Gefahr für unser zentrales Szenario. Wenn die USA die Zölle überproportional erhöhen, könnte das einen Stagflationsimpuls auslösen – falls die Inflationserwartungen steigen und gleichzeitig die Realrenditen sinken. Ein potenzieller zusätzlicher Anstieg der Anleiherenditen könnte zu einem Bewertungsrisiko für Aktien führen. Während die Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen unter der kritischen 5-Prozent-Schwelle verharren, könnte ein weiterer Anstieg die Bewertungen unter Druck setzen, vor allem in langfristig aufgestellten Branchen wie der Technologie. Kurzum: Das Risiko für US-Renditen bleibt bestehen und wird von der Strategie der neuen Regierung abhängen.
In finanzieller Hinsicht müssen Anleger das Zusammenspiel zwischen steigenden Anleiherenditen und der Wertentwicklung auf dem Aktienmarkt genau beobachten, da eine drastische Anpassung eine allgemeinere finanzielle Instabilität auslösen könnte – die Märkte haben nicht vergessen, dass US-Regionalbanken ihre Anlagen in Staatsanleihen im Frühjahr 2023 abschreiben mussten. Die steigenden Laufzeitprämien der letzten Wochen bringen die Sorgen der Anleger angesichts Fiskalpolitik, Inflationsrisiken und steigender Staatsverschuldung zum Ausdruck. Die jüngsten Arbeitsmarkt- und Inflationsdaten für Dezember haben erneut veranschaulicht, wie sehr Daten Investitionsentscheidungen beeinflussen: Als das Risiko einer Zinsanhebung durch die Federal Reserve (Fed) erst anstieg und dann und erneut abnahm, kam es auf den Märkten zu drastischen Umkehrbewegungen.
Festverzinsliche Anlagen: Geldpolitik driftet auseinander
Die Zentralbanken der führenden Volkswirtschaften senken die Zinsen weiter, und die Geldpolitik bleibt weiterhin unterstützend. Marktprognosen verweisen für 2025 auf weitere Zinssenkungen in den USA und der Eurozone, allerdings in unterschiedlichem Tempo: Dieses Jahr rechnen wir mit zwei Zinssenkungen durch die Fed und vier durch die EZB, denn der Wachstums-/Inflationsmix entwickelt sich in entgegengesetzte Richtungen. Die Fed agiert zurückhaltender, da die Fortschritte bei der Disinflation begrenzt sind – auch wenn sich der Druck gegenüber den Höchstständen von 2024 abgeschwächt hat. Gleichzeitig gibt es angesichts der bevorstehenden innenpolitischen Unsicherheiten weniger Bemühungen, die wirtschaftliche Aktivität zu stützen. Anleger fassen die ersten Entscheidungen der neuen US-Regierung als Signal auf, dass das Risiko von Zinsanhebungen geringer ist, dürften jedoch kaum davon ausgehen, dass Zinssenkungen wahrscheinlicher werden. Die Zölle und Massnahmen zur Begrenzung der Einwanderung der Regierung könnten den Disinflationsprozess verzögern und somit den Handlungsspielraum der Fed begrenzen.
In Europa treibt die schwache Binnenwirtschaft die EZB zu Zinssenkungen, eher aus Notwendigkeit als aus freien Stücken: Die Notenbank muss das schwache Wachstum und die anhaltenden disinflationären Kräfte bekämpfen. Angesichts rückläufiger kurzfristiger Renditen und niedrigerer Kreditkosten hofft sie, die Investitionen von Unternehmen und die Verbraucherausgaben zu stimulieren. Die Anleihemärkte in Europa stehen unter dem Einfluss steigender Renditen in den USA, was unserer Ansicht nach eine Chance bietet. Wir halten daher eine Long-Position in deutschen Anleihen mit längerer Laufzeit.
Die Divergenz der Geldpolitik zwischen Industrieländern und Schwellenmärkten erschwert die globale Finanzlage. Während Zinssenkungen in entwickelten Märkten die Liquidität erhöhen, sind Schwellenländer aufgrund von Währungsdruck und Inflationsrisiken mit strafferen geldpolitischen Bedingungen konfrontiert. Diese Dichotomie hebt die Bedeutung der selektiven Positionierung auf den Anleihenmärkten hervor: In Europa nehmen wir eine leichte Long-Position ein, in den USA sind wir leicht short und gegenüber Schwellenländeranleihen neutral. Bei Unternehmensanleihen bleiben wir im Investment Grade- und im High Yield-Segment insgesamt ebenfalls neutral, da die Spreads eng sind und nur mit wenigen Ausfällen zu rechnen ist.