Wie es sich die UBS mit der Schweiz verscherzt

«Wirtschaftsförderin seit über 160 Jahren», verkündet eine grossformatige Werbetafel der UBS an der Fassade ihres Gebäudes am Zürcher Paradeplatz. Gerne möchte man es glauben. Firmenkunden, die nach der Notübernahme der Credit Suisse neu durch die UBS betreut werden, sehen das möglicherweise anders. Es herrscht eine neue geschäftspolitische Grosswetterlage. Dabei handelt es sich weniger um eine sanfte Brise, als vielmehr um einen eisigen Polarwind. Gleiches gilt im Retailgeschäft. Auch hier schlägt die UBS eine harte Gangart ein. Unprofitable Geschäftsbeziehungen – auch langjährige – werden gnadenlos aufgelöst. Zu guter Letzt legt sich die UBS auch noch mit der Politik an. Sie ist damit auf dem besten Weg, es sich mit der Schweiz zu verscherzen.

Eigentlich hätte die UBS alles was es braucht, um als Marken-Ikone einen Platz im Herzen der Schweizer Bevölkerung zu erobern. Nach dem unrühmlichen Ende der Credit Suisse ist sie auf dem Schweizer Bankenplatz der unangefochtene Platzhirsch mit globaler Ausstrahlung. Sie ist ein guter Arbeitgeber und ein verlässlicher Steuerzahler. Damit agiert sie eigentlich auf Augenhöhe mit der Marke «Swissair», der einstigen Schweizer Fluggesellschaft, die für Heimat, Sicherheit und Zuverlässigkeit stand – bis sie 2001 aufgrund grober Managementfehler unterging. Und trotzdem vermittelt die UBS ein zunehmend unsympathisches Bild ihrer selbst. Die Gründe hierfür sind vielfältig.

Überlegenheit muss kein Zeichen von Überlegtheit sein.

Georg-Wilhelm Exler

Da wäre zum einen ihre marktbeherrschende Stellung in einigen Geschäftsbereichen, die zum Erstaunen vieler Marktbeobachter auch vom Schweizer Regulator, der FINMA, negiert wird. Und da wäre zum anderen das unsägliche Ringen der UBS-Spitze mit der Schweizer Politik, wenn es darum geht, die Eigenmittel der Bank aufgrund ihrer exorbitanten Bilanzsumme markant zu erhöhen. In beiden Punkten zeigt sich die UBS uneinsichtig und agiert äusserst unsensibel, um nicht zu sagen überheblich. Das zeigt sich unter anderem in der Reaktion von CEO Sergio Ermotti, der sich öffentlich darüber beklagt, dass die UBS nicht als Retter des Schweizer Bankenplatzes gefeiert, sondern mit regulatorischen Auflagen – die Rede ist von den besagten Eigenmittelanforderungen – gegenüber ihrer angelsächsischen Konkurrenz benachteiligt werden soll. Was er nicht sagt ist, dass die UBS mit der Notübernahme der Credit Suisse ein Jahrhundertgeschäft gemacht hat. Sie hat ihre heimische Konkurrentin für läppische 3 Milliarden Franken übernommen und danach einen Goodwill von 30 Milliarden Franken in ihrer Bilanz verbucht. Ebenfalls unerwähnt bleibt, dass die UBS in der Finanzkrise im Jahr 2008 vom Schweizer Steuerzahler gerettet werden musste – auch wenn die Intervention für die Eidgenossenschaft überaus profitabel endete – es hätte auch anders kommen können.

Eigene Rendite- und Risikoüberlegungen haben Vorrang
Im Juni 2024 gelangte die FINMA nach umfangreicher Prüfung zum Schluss, dass durch den Zusammenschluss der UBS mit der Credit Suisse der wirksame Wettbewerb in keinem Marktsegment beseitigt wird, auch wenn die UBS in gewissen Teilsegmenten ihre Marktposition verstärken konnte. Gleichzeitig ist vielerorts zu hören, dass die Kreditkonditionen von einzelnen CS-Firmenkunden, die von der UBS übernommen wurden, verschärft wurden. Das mag man der UBS zugestehen. Für eine Bank, die mit dem Slogan «Wirtschaftsförderin seit über 160 Jahren» wirbt, wäre es aber möglicherweise angebracht, eigene Rendite- und Risikoüberlegungen etwas zurückzustellen und damit vielleicht auch eine gewisse gesellschaftliche Verantwortung für den Schweizer Wirtschaftsstandort zu zeigen. Die UBS hat sich bedauerlicherweise für einen anderen Weg entschieden. Wohl auch im Wissen um die fehlenden Alternativen für die betroffenen Firmenkunden, den die Kantonal- und Raiffeisenbanken vermögen das entstandene Vakuum im Firmenkundegeschäft nur bedingt zu kompensieren – ein wirksamer Wettbewerb sieht anders aus.

Ein ähnliches Muster zeigt die UBS im Retailgeschäft. Auch hier werden Kundenbeziehung systematisch überprüft. Privatkunden, die keine oder ungenügende Erträge abwerfen, sind unerwünscht. «No mercy» scheint die Devise zu lauten. Das mag aus einer betriebswirtschaftlichen Optik gerechtfertigt sein. Klug ist es dennoch nicht. Im Gegenteil: die damit verbundenen «atmosphärischen» Störungen verdichten sich zunehmend zu einem Bild, das von wenig Empathie und Fingerspitzengefühl zeugt. Zugegeben, auch eine Bank ist ein Unternehmen, das Gewinne erwirtschaften und am Markt profitabel agieren muss. Ein Gedanke, den das UBS-Management aber leider komplett ausblendet ist der Umstand, dass sie aufgrund ihrer unangefochtenen Vormachtstellung im Schweizer Heimmarkt – quasi ein Geschenk der Schweiz – auch in der Bringschuld gegenüber dem Schweizer Wirtschaftsstandort steht. Auch wenn sie das nicht wahrhaben will. Eigene Rendite- und Risikoüberlegungen in den Vordergrund zu stellen ist deshalb im Falle der UBS nur bedingt legitim. Wer die eigene Marktdominanz im Heimmarkt rücksichtslos ausspielt, zeigt keinen strategischen oder taktischen Weitblick und entzieht sich der eigenen Verantwortung.

Die Lücke zwischen dem Eigen- und dem Fremdbild der UBS könnte derzeit nicht grösser sein. Es bleibt zu hoffen, dass sie sich wieder eines Besseren besinnt und Verantwortung in der Schweiz übernimmt, denn die nächste Bankenkrise kommt bestimmt. Spätestens dann dürfte die Heimat wieder deutlich höher im Kurs der UBS stehen.

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