Fed: Eine erste kleine Zinssenkung um 0.25% ist wahrscheinlich

Der September ist der Monat der Zentralbanken. Während sich für die Zinsentscheide der SNB am 25. September und der EZB am 11. September wohl nur die Aficionados der Geldpolitik interessieren, wird das Scheinwerferlichtder Finanzmärkte am 17. September strahlend auf Washington gerichtet sein. Dann wird Jerome Powell begründen, warum die Fed ihren Leitzins gesenkt hat oder warum nicht. Im Vorfeld wird Präsident Trump massiv Druck für eine markante Zinssenkung aufbauen. Nachdem Powell in Jackson Hole die Tür für eine Zinssenkung geöffnet hat, gehen die Markterwartungen von einer Zinssenkung um 0.25% aus. Die Kommunikationsfähigkeiten von Powell, egal was die Fed entscheidet, werden gefragt sein.

Der Einfluss der Zölle auf die Preise sieht man bisher nur in Ansätzen, beispielsweise in den Produzentenpreisen oder bei einzelnen Produkten. Bisher halten sich die Firmen mit offensichtlichen Preiserhöhungen zurück, damit sie nicht den Unmut von Trump auf sich ziehen. Auf Dauer wird das nicht möglich sein und die Inflationsrate wird ansteigen. Wie stark der Inflationsschub sein wird, ist offen und schwer zu prognostizieren. Für die Fed ist deshalb wichtig, was mit den mittelfristigen Inflationserwartungen passiert. Gemessen an den Preisen der Inflation Linked Bonds verhalten sich diese stabil. Da der Arbeitsmarkt schwächelt, ist die Gefahr geringer, dass höhere Preise über einen starken Lohnanstieg kompensiert werden, wie dies 2021 der Fall war. Das vergrössert den zinspolitischen Spielraum der Fed, auch wenn die Inflationsrate über den angestrebten 2% liegt.

Insgesamt deutet vieles darauf hin, dass die US-Wirtschaft unter der Unsicherheit der amerikanischen Wirtschaftspolitik leidet, aber weit von einer Rezession entfernt ist.

Thomas Stucki, Chief Investment Officer, St.Galler Kantonalbank

Konjunkturdaten im Nebel
Die Fed muss gemäss ihrem Auftrag zusätzlich zur Sicherung der Preisstabilität auch für eine tiefe Arbeitslosenrate sorgen. Dass die beiden Aufträge sich widersprechen, sei nur am Rande erwähnt. Die Arbeitslosenrate ist in den letzten Monaten leicht angestiegen. Sie liegt mit 4.2% trotz einer stockenden Job-Maschinerie aber auf einem für US-Verhältnisse tiefen Niveau. Das gleiche gilt mit 7.9% auch für die Quote der Personen, die lieber mehr arbeiten würden. Wie viel das damit zu tun hat, dass der Strom an Zuwanderern in die USA versiegt ist oder dass Migranten ohne gültige Papiere sich verstecken, ist schwer zu beurteilen. Das macht die Entscheidfindung für die Fed nicht einfach. Zudem befindet sich der Arbeitsmarkt am Ende der Konjunkturkette und widerspiegelt den aktuellen und zukünftigen Zustand der Wirtschaft nur bedingt. Vorlaufende Konjunkturindikatoren wie die Einkaufsmanagerindizes der Unternehmen senden je nach Datenquelle ebenfalls unterschiedliche Signale aus. Insgesamt deutet vieles darauf hin, dass die US-Wirtschaft unter der Unsicherheit der amerikanischen Wirtschaftspolitik leidet, aber weit von einer Rezession entfernt ist.

Proaktive Geldpolitik ist gefragt
Bis Zinsveränderungen auf die Konjunktur wirken, dauert es seine Zeit. Die Zinsen in den USA sind aktuell auf einem Niveau, das tendenziell konjunkturbremsend wirkt. Die Fed wird daher eher auf die Wirtschaft schauen als auf die Inflation. Dies hat Jerome Powell in Jackson Hole klar gemacht. Eine erste kleine Zinssenkung um 0.25% ist wahrscheinlich und macht auch Sinn. Natürlich besteht die Gefahr, dass die Inflation doch stärker steigt und die Fed irgendwann Gegensteuer geben muss. Im aktuellen Umfeld muss die Fed dieses Risiko aber eingehen.

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