Raiffeisen: «Wir gehen davon aus, dass wir zumindest einen Denkprozess ausgelöst haben.»

Die Raiffeisen Schweiz hat im November bekanntgegeben, per Ende März 2021 aus der Schweizerischen Bankiervereinigung auszutreten. Nach eigener Mitteilung möchte sie sich zukünftig eigenständig zu gesetzgeberischen und aufsichtsrechtlichen Themen äussern. Mit ihrem Austritt aus dem grössten Branchenverband des Landes vollzieht Raiffeisen Schweiz einen Schritt, der bereits in der Vergangenheit zur Frage stand.

Hintergrund des Raiffeisen-Austritts bildet die Unzufriedenheit vieler Inlandbanken bei der Vertretung ihrer Interessen durch die Schweizerische Bankiervereinigung unter der Leitung ihres Präsidenten Herbert J. Scheidt. Im Mittelpunkt der Differenzen steht die generelle politische Ausrichtung des Dachverbandes und dabei namentlich divergierende Interessen im Bereich EU-Marktzutritt.

Mit der Parlamentarischen Gruppe «Inlandbanken» verfügen die helvetischen Finanzhäuser bereits über eine eigene Koordinationsgruppe, der nebst Raiffeisen Schweiz insbesondere die Migros-Bank und die Verbände der Kantonal- und Regionalbanken angehören. Der Onliner hat bei der Kommunikationsabteilung von Raiffeisen Schweiz nachgefragt.

Es fehlt ein Dissensmanagement.

Medienstelle Raiffeisen Schweiz

Sie haben Mitte November Ihren Austritt aus der Schweizerischen Bankiervereinigung mitgeteilt. Damit hat Raiffeisen einen Schritt vollzogen, der bereits vom früheren CEO Pierin Vincenz angedroht worden war. Lebt der Geist des früheren Firmenchefs bei der Raiffeisen weiter?

Raiffeisen Schweiz: Der Austritt hat nichts mit der Vergangenheit zu tun.

Können Sie uns heute genauere Informationen über die Gründe des Austritts geben?

Raiffeisen ist zum Schluss gekommen, dass die Interessenvertretung durch die Bankiervereinigung nicht den eigenen Vorstellungen entspricht. Dadurch, dass der Verband mit einer Stimme für die Bankenbranche spricht bzw. die Positionen seiner Mitglieder vermischt, ist die nötige Breite der Diskussion nicht möglich – es fehlt ein Dissensmanagement. Raiffeisen ist der Ansicht, dass man die Vielfalt der Meinungen sehen sollte.

Was bedeutet dies für die einzelnen Gruppenbanken. Sind diese in ihrem Entscheid frei, in der Bankvereinigung zu verbleiben bzw. sich der Vereinigung neu anzuschliessen?

Der Entscheid des Verwaltungsrats von Raiffeisen Schweiz wurde im Vorfeld mit den Gremien der Eigner eingehend besprochen und wird von ihnen getragen.

Was plant Raiffeisen Schweiz über die Parlamentarische Gruppe «Inlandbanken» hinaus in Sachen sachpolitische Kooperationen?

Raiffeisen wird ihre eigene politische Interessensvertretung in Bern stärken. Die bewährte Zusammenarbeit mit der Koordination Inlandbanken werden wir fortführen.

Geht Raiffeisen davon aus, dass andere Inlandbanken ähnliche oder gleiche Gedanken anstellen?

Wir gehen davon aus, dass wir mit unserem Entscheid zumindest einen Denkprozess ausgelöst haben.

Hauptbildnachweis: Raiffeisen