Wie steht die Schweizer Bevölkerung zur 2. Säule und zur Pensionierung?
AXA Investment Managers Schweiz hat zum 13. Mal eine Untersuchung zur Einstellung der Schweizer Bevölkerung gegenüber der 2. Säule und dem Ruhestand durchgeführt. Die übergreifenden Themen der diesjährigen Studie sind einerseits die Absicherung der finanziellen Bedürfnisse nach der Pensionierung und andererseits das Vertrauen in die Akteure und in die Sicherheit der Altersvorsorge in der Schweiz. Der Ruhestandsmonitor erfasst dabei nicht nur PK-Versicherte, sondern die gesamte Bevölkerung.
Die aktuelles Ausgabe des «Ruhestandsmonitor» zeigt: Die Schweizer Bevölkerung macht bei ihren finanziellen Mitteln für den Ruhestand deutliche Lücken aus. Auf einer Skala von 1 (überhaupt nicht gut) bis 10 (sehr gut) bewerten Männer ihre Absicherung im Durchschnitt mit 6,1, und Frauen mit 5,8. Signifikante Unterschiede gibt es in Bezug auf das Alter, die Kaufkraftklasse und den Beschäftigungsgrad der Befragten. Rentnerinnen und Rentner beurteilen ihre finanzielle Absicherung mit 7,0 am höchsten, die Altersklasse von 40 bis 64 Jahren gibt einen Mittelwert von 6,0 an. Die 18- bis 39-Jährigen sind bezüglich ihrer finanziellen Mittel nach Pensionierung besonders pessimistisch: Der diesjährige Wert ist 5,2 – 2022 lag er noch bei 5,7.
Werner E. Rutsch, Mitglied der Geschäftsleitung, AXA Investment Managers SchweizDie Schere zwischen niedrigen und hohen Einkommen geht in Bezug auf die Altersvorsorge weiter auseinander.
Die Befragten der tiefsten Kaufkraftklasse fühlen sich besonders schlecht abgesichert – mit einem Wert von 2,9 auf der Zehnerskala. Nur rund jeder Sechste von ihnen (16 Prozent) geht davon aus, den Lebensstandard im Rentenalter «sicher» oder «eher sicher» allein mit AHV und Pensionskasse halten zu können. Bei Personen des unteren Mittelstands sind es 26 Prozent, bei den Befragten des oberen Mittelstands 41 Prozent, und bei der obersten Kaufkraftklasse 47 Prozent. Obenaus schwingen die Pensionierten; mehr als die Hälfte von ihnen (55 Prozent) gibt an, ihren Lebensstandard mit AHV- und PK-Rente zu decken. Unter den Personen im Erwerbsleben und den Nicht-Berufstätigen rechnet jedoch nur rund ein Viertel damit, dies einmal zu können.
Die Absicherungsschere öffnet sich weiter
Mit wieviel Prozent ihres letzten Lohns rechnen die Befragten nach der Pensionierung? Obwohl sich Frauen insgesamt schlechter abgesichert fühlen als Männer, weisen die Antworten auf diese Frage keine signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschiede auf. Erwartet werden als Rente von AHV und Pensionskasse durchschnittlich 56 Prozent des letzten Lohns; 2022 waren es 53 Prozent, 2014 allerdings noch 65 Prozent. Personen, die sich als «sehr gut» oder «eher gut» abgesichert bezeichnen, geben dabei mit 63 Prozent des letzten Lohns einen signifikant höheren Wert an als solche, die sich als schlecht abgesichert bezeichnen (49 Prozent). Befragte der beiden tieferen Kaufkraftklassen, Nicht-Berufstätige und Personen, die sich schlecht abgesichert fühlen, geben auf der «Glück-Skala» beim Gedanken an die Pensionierung auch deutlich niedrigere Werte an. Dr. Werner E. Rutsch, Mitglied der Geschäftsleitung bei AXA Investment Managers Schweiz, erklärt: «Dass sich die tiefste Kaufkraftklasse so schlecht abgesichert fühlt, ist bedenklich. Die Schere zwischen niedrigen und hohen Einkommen geht in Bezug auf die Altersvorsorge weiter auseinander. Während die beiden oberen Kaufkraftklassen zusätzlich zu AHV und Pensionskasse für die Lebenskosten nach Pensionierung sparen können, haben Personen niedrigerer Einkommensgruppen diese Möglichkeit nicht. Sie werden sich im Alter einschränken müssen.»
Jeder Fünfte plant, nach dem Pensionierungsalter weiterzuarbeiten
Rund zwei Drittel der Befragten sparen zusätzlich zu AHV und Pensionskasse, beziehungsweise haben dafür gespart, um die Lücke zwischen dem letzten Einkommen und der Rente zu verkleinern. Das steuerbegünstigte Sparen in der Säule 3a ist dafür die mit Abstand beliebteste Variante. Es können jedoch signifikant mehr Befragte der höchsten Kaufkraftklasse (71 Prozent) und des oberen Mittelstands (76 Prozent) sparen als Personen der tiefsten Einkommensklasse (41 Prozent) und des unteren Mittelstands (61 Prozent). Vertreter der beiden tieferen Kaufkraftklassen erwähnen dafür deutlich häufiger, sich im Alter einschränken zu müssen als Personen höherer Einkommensgruppen. So gibt denn auch ein Viertel der Studienteilnehmer mit den niedrigsten Einkommen an, über das Pensionierungsalter hinaus arbeiten zu wollen, um die Lücke zu schliessen. Beim unteren und oberen Mittelstand sind dies 20 respektive 15 Prozent, bei der höchsten Kaufkraftklasse 18 Prozent. Dr. Werner E. Rutsch betont: «Fast 20 Prozent aller Befragten geben an, länger als bis zum Pensionsalter arbeiten zu wollen. Diese an und für sich positive Tatsache wird jedoch dadurch relativiert, dass viele Personen mit niedrigeren Einkommen gar keine andere Alternative haben, um ihre Lebenskosten im Alter decken zu können.»
Rekordhohe Akzeptanz der Rentenreform, weniger beliebter Kapitalbezug
Rund vier Fünftel (79 Prozent) der Befragten halten heute eine Vorsorgereform für notwendig, deutlich mehr als im Jahr 2022 (65 Prozent) und im Jahr 2021 (70 Prozent). Das Wunsch-Pensionsalter der erwerbstätigen Bevölkerung liegt durchschnittlich bei 63 Jahren und damit etwas höher als in den beiden Vorjahren (2022: 62 Jahre, 2021: 61 Jahre). Je älter die im Berufsleben stehenden Befragten sind, desto höher ist ihr Wunsch-Pensionsalter: Bei den 18- bis 39-Jährigen liegt es bei 62 Jahren, bei den 40- bis 64-Jährigen bei 63 Jahren, und Personen, die 65 Jahre oder älter sind und noch arbeiten, möchten mit 66 Jahren pensioniert werden.
Würden die Befragten heute in Pension gehen, entschieden sich 47 Prozent für die Auszahlung des Vorsorgevermögens in Form einer monatlichen Rente, 28 Prozent für eine Mischung aus Rente und Kapitalbezug, und 13 Prozent für den reinen Kapitalbezug. Der volle Bezug hat gegenüber dem Vorjahr (17 Prozent) an Beliebtheit eingebüsst, was auch auf das schlechte Börsenjahr 2022 zurückzuführen sein dürfte.
Sicherheit der Pensionskassengelder wird in Frage gestellt
Der von AXA Investment Managers Schweiz erstellte Ruhestandsmonitor ging in diesem Jahr zum ersten Mal auch der Frage auf den Grund, wie es um das Vertrauen der Schweizer Bevölkerung in die Sicherheit ihres Pensionskassenvermögens steht. Auf einer Skala von 1 (sehr unsicher) bis 10 (sehr sicher) beurteilen die Befragten die Sicherheit ihrer Mittel in der Pensionskasse im Durchschnitt mit unbefriedigenden 6,1. Je höher die Kaufkraftklasse und je besser sich die Befragten abgesichert fühlen, desto sicherer beurteilen sie ihre Pensionskassengelder. 59 Prozent der Befragten (Männer: 66 Prozent, Frauen: 53 Prozent) wissen, dass Einlagen bis 100’000 Franken bei einer Bank geschützt sind. Sicherheitsmassnahmen bei Pensionskassen sind hingegen weniger bekannt. Auf die Frage, was bei einem Konkurs einer Pensionskasse geschieht, geben nur 47 Prozent der Befragten korrekt an, dass der Sicherheitsfonds einspringt. 9 Prozent nehmen an, die Steuerzahler würden für Verluste aufkommen, 12 Prozent gehen davon aus, die aktiv Versicherten müssten die Pensionskasse mit höheren Einzahlungen sanieren. Eine weitere Wissensfrage drehte sich um die Diversifikation der Anlagen von Pensionskassen. Nur rund ein Fünftel der Befragten nimmt an oder weiss, dass Pensionskassen höchstens 5 Prozent ihres Vermögens in einen einzelnen Titel investieren dürfen. Jeder Zehnte geht zwar von einer entsprechenden Bestimmung aus, vermutet die Grenze aber bei 1 Prozent. Fast ein Drittel nimmt an, es gäbe keine gesetzlichen Einschränkungen, und 38 Prozent beantworten die Frage nicht. Insgesamt haben Frauen alle Wissensfragen schlechter beantwortet als Männer.
Wirtschaftsverbände mit Imageproblem
Wenn es um Themen rund um die Sicherheit der Altersvorsorge allgemein geht, vertrauen 62 Prozent der Befragten am ehesten ihrem eigenen Arbeitgeber. Der Bundesrat und der Gewerkschaftsbund belegen gemeinsam den zweiten Platz mit einem Vertrauensvotum von je 30 Prozent der Bevölkerung. Besonders gering ist das Vertrauen in soziale Netzwerke (10 Prozent), politische Parteien (15 Prozent) und in die Economie Suisse (18 Prozent). Dr. Werner E. Rutsch schliesst ab: «Es ist erfreulich, dass der eigene Arbeitgeber hohes Vertrauen in Fragen rund um die Altersvorsorge geniesst. Wirtschaftsverbände müssen Strategien entwickeln, wie sie das Vertrauen der Bevölkerung zurückgewinnen können. Und Wirtschaft und Gesellschaft als Ganzes sollten mehr in die Finanzausbildung von Frauen und Personen mit niedriger Kaufkraft investieren.»
Der detaillierte «Ruhestandsmonitor» von AXA Investment Managers Schweiz findet sich hier.